Milchgeld: Kluftingers erster Fall
war.
Kluftinger sagte, das sei ihm jetzt auch wurscht, er wolle jetzt da hin, zur Not müsse man sich halt ein wenig umsehen in der Käserei, bis der Inhaber zur Verfügung stehe, außerdem könne man sich ja vorher noch mit Bartsch unterhalten. »Jetzt muss was gehen«, sagte er.
Maier war weiterhin mit der Fahndung über Interpol beschäftigt. Eine solche internationale Anfrage war eben nach wie vor ein bürokratischer Akt. Kluftinger sagte zum sichtlich enttäuschten Maier, dass er sich nur weiter darum kümmern solle, er nehme Strobl an seiner Stelle mit nach Krugzell. Die Enttäuschung Maiers, nicht mitgenommen zu werden, wurde etwas gemildert durch den Hinweis seines Vorgesetzten, dass Maier die Arbeiten im Büro nun allein überwachen sollte, was ihn quasi zum kommissarischen Leiter der Ermittlungen beförderte. Wenigstens etwas … Kluftinger wies ihn an, ihn über wichtige Entwicklungen per Handy auf dem Laufenden zu halten und verließ wenig später mit Strobl das Büro.
***
Der Passat bog auf den Betriebshof der Käserei Schönmanger in Krugzell ein. Es herrschte weniger Aktivität als beim letzten Mal, als Kluftinger hier gewesen war. Die Landwirte waren um diese Zeit noch bei der Stallarbeit, die Milchautos standen aufgereiht vor der Produktionshalle.
Die beiden Kriminaler betraten den Verwaltungstrakt der Käsefabrik und machten an der Pförtnerkabine halt. Der in die Jahre gekommene Pförtner sah die Besucher fragend an. Seine Miene war unentschieden, er schien weder guter noch schlechter Laune zu sein. Er schien überhaupt keine Laune zu haben. Er war das, was man landläufig als nichts sagend bezeichnet: Sein kurzärmeliges Synthetikhemd, dessen Farben verwaschen aussahen, obwohl sie sicher von Anfang an nie leuchtend gewesen waren, war bis auf den letzten Knopf geschlossen. Ein faltiges Gesicht schaute daraus hervor, von kaltem Schweiß benetzt. Der Mann war blass, nur seine Lippen setzten sich mit leuchtendem Rot davon ab.
Kluftinger war nach einem spektakulären Auftritt, er zückte den Dienstausweis und hielt ihn an die Scheibe der Kabine.
»Grüß Gott, melden Sie uns bitte im Sekretariat an!«, tönte er so geschäftig, dass er auf dem Weg nach oben über sich selbst ein wenig grinsen musste. Er war halt doch ein Hobbyschauspieler, dachte er bei sich, nicht nur zur Zeit der Altusrieder Freilichtspiele, die in seiner Gemeinde alle vier Jahre die gesamte Dorfgemeinschaft – einschließlich der Familie Kluftinger – in einen theatralen Ausnahmezustand versetzte.
Tatsächlich war die Sekretärin von Herrn Schönmanger bereits auf das Kommen der Polizisten vorbereitet worden und erwartete sie mit abweisender Miene.
»Ja, meine Herren, Herr Schönmanger weilt bei einer Unterredung außer Haus, ein wichtiger Kundentermin. Ich weiß nicht, wann der wieder da sein wird, wenn er heute überhaupt noch kommt. Es wird also keinen Zweck haben zu warten, ich habe das ihrem Kollegen doch schon am Telefon gesagt.«
Eine Tür neben der, die zum Büro des Seniorchefs gehörte, ging auf und ein junger, braungebrannter und gepflegter Mann im dunklen Anzug, unter dem er eine knallige, sonnengelbe Weste trug, die bis zum Knoten einer violetten, glänzenden Krawatte zugeknöpft war, trat heraus und ging auf die Sekretärin zu. Er bemerkte die Besucher, grüßte, kümmerte sich aber nicht weiter um sie, sondern gab seiner Angestellten einen großen braunen Umschlag mit den Worten, dass dies heute unbedingt noch raus müsse.
Kluftinger und Strobl ahnten, dass dies nur der Sohn Schönmangers sein konnte, der sich nach Angaben seines Vaters um das Marketing der Firma kümmerte.
»Herr Schönmager, die Herren wären von der Polizei, sie wollen zu Ihrem Vater. Meinen Sie, er kommt noch einmal her?«
»Weiß ich das, Frau Moser? Bin ich seine Sekretärin?«, fuhr er die Vorzimmerdame an. Möglicherweise hatte der eilige Brief nichts Gutes enthalten, so schlecht wie die Laune des Herrn Schönmangers jr. zu sein schien. Kluftinger fand ihn unsympathisch, obwohl er ihn erst maximal eine Minute lang kannte Trotzdem fasste er den Entschluss, eine kurze Unterredung mit ihm zu führen, womöglich würde der Vater doch noch auftauchen.
»Ich höre gerade, Sie sind der Juniorchef. Kluftinger, Kriminalkommissar, hätten Sie grad amol a Momentle Zeit, Herr Schönmanger, wir hätten da ein paar Fragen an Sie.«
Sprach jemand übertrieben und in seinen Augen aggressiv hochdeutsch, ließ Kluftinger gern einige
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