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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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holte sich die Notration-Packung Knäckebrot und nahm sich eine Scheibe heraus.
    Säuberlich belegte er das trockene Brot mit Parmesanscheiben. Der Geschmack des Käses war keine Offenbarung. Eine viel zu trockene und bröselige Angelegenheit. Und viel zu salzig. Bevor er weiter essen konnte, nahm er sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und goss sie in seinen Krug.
    Was diese Deppen immer hatten: Da hat man so guten einheimischen Käse im Allgäu und dann muss man den Italienern ihren alten Bröckelkäse nachmachen. Auf Pasta Asciutta, gut, gerieben und als Würze. Aber zum so Essen? Das war, fand Kluftinger, so etwas wie Ruccola, Latte Macchiato und Aceto Balsamico: Modetrends, die man mitmachen musste, wenn man den Anschein machen wollte, dass man beim Essen international, weltoffen und genießerisch war. Auch seine Frau schleppte dieses ganze Toskanazeug an, ihm schmeckte das meiste nicht.
    Nicht einmal die Grissini, die sie neulich zum Salat auf den Tisch gestellt hatte, nachdem sie in einem neu eröffneten italienischen Gemüseladen zugeschlagen hatte. Das waren einfach nur trockene, völlig geschmacklose Brotstangen. Erika hatte gesagt, das sei eine leichte Beilage zum Salat und auch zum Wein. Zum Wein. Wenn er das schon hörte. Es erinnerte ihn immer an die für ihn furchtbaren Einladungen, wenn Bekannte seiner Frau kamen und sie versuchte, beim Essen international, weltoffen und genießerisch zu wirken. Er hatte nur gesagt, sie könne beim nächsten Mal ruhig wieder dünne Salzletten mit Lauge und Salz kaufen, nicht diese missratenen. Und sie hatte eingesehen, dass ein weiteres kulinarisches Experiment bei ihrem Mann fehlgeschlagen war.

Nun wollte Kluftinger endlich das, was für ihn ein kulinarischer Hochgenuss war und ging zum Backrohr. Und siehe da, während er den Parmesan getestet und für mangelhaft befunden hatte, waren die Spatzen fertig geworden. Der Käse brutzelte schon am Rand der Schüssel, so sollte es sein. Hungrig zog er den Herd auf, griff zur Schüssel und für einen Bruchteil einer Sekunde schien er seinen Körper zu verlassen und sich selbst in Zeitlupe dabei zu beobachten, wie er die Glasschüssel abrupt wieder aus den Händen gleiten und auf das Gitter zurückfallen ließ. Es war eine Verzögerung, die Kluftinger sonst bei kleinen Kindern immer mit Erstaunen sah: Es dauerte einen Moment, ehe sie zu schreien anfingen, wenn ihnen etwas zustieß. Man konnte beinahe zusehen, wie sie allmählich darüber nachdachten, dass irgendetwas nicht in Ordnung war und dass man darauf vorsichtshalber durch Schreien aufmerksam machen sollte. Kluftinger war erwachsen. Trotzdem schrie er, er hatte sich höllisch die Finger verbrannt.
    »Du Dreckschüssl, saublöde, Zefix!«
    Er hielt die Finger schnell unter den Wasserhahn. Er wusste, dass ihm das auch die nächsten Tage noch wehtun würde. Das Ding war immerhin 250 Grad heiß gewesen. Seine Fingerkuppen kamen ihm ganz glatt vor.
    Und weit und breit niemand, dem er die Schuld geben konnte. Weit und breit niemand, dem er den restlichen Abend erzählen konnte, welch große Schmerzen er hatte und vor dem er Mutmaßungen anstellen konnte, ob das nun Verbrennungen zweiten oder dritten Grades waren.
    »Kreuzkruzifix« sagte Kluftinger noch mal, nahm sich Topflappen und stellte die Schüssel auf den Tisch.
    Die Kässpatzen waren so, wie sie der Kommissar eigentlich nicht gern mochte, oben trocken und beinahe verbrannt, unten dafür leicht matschig, das sah er gleich, als er sich eine Portion auf den Teller löffelte.
    Auf einmal wurde ihm bewusst, dass etwas eklatant Wichtiges fehlte: Seine Frau hatte nur die Spatzen eingefroren, nicht aber die Zwiebeln! Kässpatzen ohne Zwiebeln, dachte sich Kluftinger, das wäre wie Weißwürste ohne süßen Senf. Es ging einfach nicht.
    Zwiebeln bräunen, da war er sich sicher, dass konnte schließlich sogar er.
    Als Kluftinger sich aus dem kleinen emaillierten Körbchen, das an der Wand der engen Speisekammer befestigt war, einige Zwiebeln nehmen wollte, blitzte ihm aber aus dem Regal darüber eine einfachere Lösung seines Problems entgegen: Eine plastikdose voller dänischer Röstzwiebeln. Seine Frau hatte sie einmal gekauft, nachdem sie bei Ikea festgestellt hatte, dass sie zu Hot Dogs so gut passten. Das war aber bestimmt schon vor einem dreiviertel Jahr gewesen. Sie standen seitdem im Regal und verstaubten langsam, da ihre Hausfrauenehre Erika jedes Mal daran hinderte, die Fertigzwiebeln zu verwenden. Zwiebeln

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