Milchmond (German Edition)
dass wir euch beide 'mal ein wenig auf Betriebstemperatur bringen, was? Kennt ihr schon den…? Also, geht ein Mann zum Arzt...« Sylvia sah Tobias an und verdrehte in gespieltem Entsetzen die Augen. »Komm, nimm deinen Drink mit, ich muss jetzt doch weiterspielen.« Sie ergriff seinen Ärmel und zog ihn mit sich zum Roulettetisch.
»Spielverderber!«, wehte es ihnen hinterher. Wenn Sven mit seinen Witzen begann, blieb kein Auge trocken. Das Dumme war nur, das sie die meisten bereits in und auswendig kannten...
Der Abend wurde lang und endete erst gegen drei Uhr morgens. Irgendwann fielen sie schließlich todmüde ins Bett.
Kapitel 2
Die Adventszeit verging wie im Fluge. Mitte Dezember fielen ein paar Schneeflocken, blieben aber natürlich noch nicht liegen. Dem trüben und regnerischen Wetter war nur beizukommen, indem man sich in den Weihnachts-Einkaufstrubel stürzte. Sylvia und Tobias taten das ausgiebig und freuten sich auf den wohlverdienten Weihnachtsurlaub.
Wie in den vergangenen zwei Jahren auch, hatten sie wieder das Hotel in Seefeld/Österreich gebucht. Der Ort lag in zwölfhundert Metern Höhe auf einem Hochplateau und war zu Weihnachten relativ schneesicher. Heilig Abend fiel dieses Jahr auf einen Sonntag. So hatten sie beschlossen, am Freitag zeitig mit ihrer Arbeit Schluss zu machen und loszufahren. Am Vortag ließ Tobias noch in letzter Minute bei seinem Autohaus die Winterräder und die Dachbox fachmännisch montieren. Zum Glück hatte er sich schon beizeiten einen Termin dafür geben lassen. Er war nämlich nicht der einzige, der kurz vor dem Fest noch mit solchen Wünschen kam. Alles klappte planmäßig. Tobias verstaute Skier, Skianzüge und die Stiefel in der Dachbox, Koffer und Taschen lagen im Kofferraum. Es konnte losgehen.
Er liebte die Vorfreude auf den Urlaub. Seefeld hatte es ihm besonders angetan, obwohl Sylvia schon letztes Jahr lieber in die Dolomiten gefahren wäre. Dort würde zu Weihnachten keinerlei Schneerisiko bestehen, weil das Skigebiet viel höher lag. Sylvia war die bessere Skiläuferin von ihnen. Er machte sich nichts vor, sein fahrerisches Können war höchstens Mittelmaß. Er hatte deshalb erwogen, ein paar Tage Einzelunterricht zu nehmen. Mal sehen, ob er Sylvia überzeugen konnte, mitzumachen.
Entschuldigend war sie noch einmal ausgestiegen und zurück zur Wohnung gegangen, um sicherheitshalber noch einmal für kleine Mädchen zu gehen. Er kannte das schon. Das fiel ihr vor längeren Autofahrten immer erst ein, wenn sie bereits im Auto saß. Typisch Frau, dachte er. Die Mäntel, die kleine Reisetasche und das Beautycase standen auf dem Rücksitz. Zwar wechselten sie sich regelmäßig mit dem Fahren ab, aber die neunhundert Kilometer in einem Rutsch durchzufahren, hatten sie keine Lust Sie wollten deshalb auf halber Strecke die Fahrt unterbrechen und in einem Landgasthof hinter Fulda übernachten.
Tobias hatte den Wagen bereits gestartet und wartete. Endlich sah er sie im Rückspiegel aus der Treppenhaustür der Tiefgarage treten. Außer Atem, mit rosigem Gesicht riss sie die Beifahrertür auf und ließ sich in den Sitz fallen. »Fertig, los geht's!« Sie strahlte ihn an und küsste ihn auf die Wange. Tobias ließ den Wagen langsam aus der Garage gleiten. Zunächst kamen sie gut voran, dann aber hatten sie noch vor Hannover eine Stunde Stau. Damit hatten sie gerechnet. Die Feiertage fielen sehr günstig, insofern lag es auf der Hand, dass am Freitag auf den Autobahnen die Hölle los sein würde. So übten sie sich in Geduld. Trotz weiterer kurzer Staus, kamen sie rechtzeitig in ihrem Quartier an, um den Tag bei einem schönen Abendessen ausklingen zu lassen. Sie hatten sich das Zimmer und eine Garage schon vor einigen Tagen reservieren lassen. Die Garage hatte den Vorteil, dass sie das ganze Gepäck im Kofferraum des Autos lassen konnten. So brauchten sie nur das Beautycase und die kleine Reisetasche vom Rücksitz mit ins Hotel zu nehmen.
Nachdem sie sich kurz frisch gemacht hatten, gingen sie hinunter ins Restaurant, das ländlich eingerichtet war. Das Lokal war gut besucht. Sie nahmen an ihrem reservierten Tisch Platz und bestellten ein typisches Gericht der Landesküche: Braten mit Knödel.
»Trotz der überfüllten Straßen sind wir gut durchgekommen, nicht wahr? Ich bin so froh, dass wir die Strecke hier unterbrechen. Weißt du noch? Das erste Mal waren wir die ganze Nacht durchgefahren. Nie wieder!«
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