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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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ziehen, »war Frauenbundversammlung. Außertourlich, weil Rosie ein Schreiben von der Diözese bekommen hat. Es heißt darin, dass der Nachfolger von Pfarrer Winzig tatsächlich erst nach Ostern seinen Dienst in Birkdorf antreten kann. Sehen Sie das Problem, Frau Rot? Die Karwoche! Die Auferstehungsfeier – und Togo-Franz ganz allein in der Pfarrei. Der Frauenbund trägt jetzt eine große Verantwortung. Wir haben eine gute Stunde lang darüber diskutiert, wie wir unseren Gastpriester seelsorgerisch unterstützen können.«
    Frau Praml machte eine Pause.
    Jetzt komm!
    »Danach hat Rosie von dem Brand erzählt, und alle haben gesehen, wie Elsie dabei vor lauter Schadenfreude gegrinst und gefeixt hat.«
    Frau Praml legte für einen Moment die Hand über ihren Mund, als schäme sie sich für Elsie. Dann fuhr sie fort: »Rosie hat sie hart gerüffelt. ›Elsie‹, hat sie gesagt, ›der Herrgott sieht Schadenfreude gar nicht gern, und unserem lieben verstorbenen Pfarrer Winzig – wäre er noch unter uns – würde das auch nicht gefallen‹. Sie hätten hören sollen, Frau Rot«, fügte Frau Praml an, »wie überdreht Elsie darauf reagiert hat.« Sie schwieg und schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Meine Tochter würde sagen«, nahm sie nach einer Weile den Faden wieder auf, »Elsie ist komplett von der Rolle. Glauben Sie es oder nicht, Frau Rot, Elsie hat Rosie lauthals angeschrien! ›Pfarrer Winzig ist tot‹, hat sie geplärrt, ›der ist für niemanden mehr da! Und wer ist uns statt seiner geblieben? Togo-Franz, ein Neger, der nicht mal den Text von ›Meerstern ich dich grüße‹ kann, einer, von dem wir nicht wissen, ob nicht er unseren Pfarrer erschlagen hat. Der Herrgott, ha, der Herrgott hat sich von jeher einen Dreck für mich interessiert. Da werd ich mich wohl freuen dürfen, wenn ein paar Satanisten dem Erbschleicher die Bude anzünden.‹«
    Frau Praml verbarg das Gesicht in den Händen. »Der Auftritt war uns allen so peinlich, Frau Rot, so furchtbar peinlich. Ein paar von uns haben angefangen, Elsie zu beschimpfen. Aber Rosie hat für Ruhe gesorgt. Sie ist eine gute Vorsitzende, klug, bedacht, redlich.«
    Fanni nieste. »Wenn man in Rechnung stellt«, sagte sie mit hörbar verstopfter Nase, »wie schwer es Elsie ihr Leben lang hatte, dann kann man ihr den Auftritt getrost verzeihen.«
    »Das sagt Rosie auch«, stimmte ihr Frau Praml zu, »und sie hat uns gebeten, über die schreckliche Szene nichts verlauten zu lassen. Sie erzählen es doch nicht weiter, Frau Rot?«
    Fanni nieste dreimal zur Bekräftigung.
    Frau Praml wünschte ihr Gesundheit und sah sie abwägend an. Dann wiederholte sie betont: »Rosie ist eine gute Vorsitzende.«
    Fanni wartete.
    Zögernd fuhr Frau Praml fort: »Schauen Sie, Frau Rot, unser Frauenbund besitzt großen Einfluss. Nehmen wir Togo-Franz als Beispiel. Was hätte mit ihm geschehen können, wären wir vom Frauenbund nicht zu der Ansicht gelangt, dass er nie und nimmer Pfarrer Winzigs Mörder sein kann. Denken Sie nur, wie schwer der Umstand wiegt, dass er aus dem Friedhof rannte, als Pfarrer Winzig tot dalag. Eine Zeit lang haben selbst wir an Togo-Franz gezweifelt. Bis uns der Heilige Geist ein Licht aufgehen ließ: Würde ein Priester Gottes einen anderen hinmorden? Nie, nie, niemals. Inzwischen ist Togo-Franz in der Gemeinde gänzlich rehabilitiert. Gemeinsam bemühen wir uns nun, dass er der schweren Aufgabe gerecht werden kann, die ihm durch das Verglühen unseres Leitsterns auferlegt wurde.«
    Originaltext Rosie Hübler, was den letzten Satz betrifft?
    Schau an, dachte Fanni. Der Frauenbund hat Togo-Franz offiziell freigesprochen. Beweise hin oder her, der Frauenbund richtet nach eigenem Ermessen.
    Aber worauf will Frau Praml eigentlich hinaus?
    Sie sollte es gleich erfahren.
    »Schauen Sie, Frau Rot, bei Ihnen verhält es sich noch viel bedenklicher als bei Togo-Franz. Als dieses schreckliche Verbrechen begangen wurde, befanden Sie sich mit Sicherheit auf dem Friedhof, denn Sie mussten inzwischen zugeben, dass Sie den toten Pfarrer dort gesehen haben. Dass Sie das vertuschen wollten, bringt Sie in schweren Verdacht.«
    Fanni versuchte zu erwidern, dass sie als Täterin gewiss nicht so dumm gewesen wäre, jemandem von der Leiche zu erzählen. Aber Frau Praml ließ ihr keine Zeit dazu.
    »Sie könnten die ganze Sache ins Reine bringen, Frau Rot, wenn Sie dem Vorschlag folgen, den Rosie in der letzten Sitzung gemacht hat: Treten Sie vor den Frauenbund, stehen Sie

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