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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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jeden Fall: springende Hirsche aus Goldlamé um Rocksaum und Miederausschnitt.«
    Sie drängte zum Aufbruch. »Vierzehn Kilometer!«
    »Ich wusste, dass die Strecke zum Martyrium wird«, meinte Sprudel. »Im Gasthaus zum Holzknecht gäbe es bestimmt Zimmer für eine Nacht oder zwei.«
    Zurück brauchten sie wesentlich länger als für den Hinweg: Trinkpause bei Ödwies, Trinkpause am Schuhfleck, Verschnaufpause am Hangweg unterhalb des Rauhen Kulm.
    Den Tag über war es immer wärmer geworden, der Schnee zeigte sich jetzt pappig, bremste unterm Skibelag.
    Noch drei Kilometer.
    Fanni blieb stehen. »Eine letzte Rast noch«, sagte sie müde, »dann kommt der Endspurt.«
    Während sie vom Südausläufer des Rauhen Kulm in die Donauebene hinausblickten, heulte weit unten im Tal eine Feuersirene. Sie rief die Birkdorfer Feuerwehr zum Einsatz. Der Wind trug den Ton zwar hinauf aufs Kalteck, zerfledderte ihn aber dermaßen, dass Fanni und Sprudel nichts mehr wahrnehmen konnten. Die kleine Rauchwolke, die über dem Birkenweiler Hügel schwebte und zügig von den Nebelschwaden aufgesogen wurde, bemerkten sie nicht.
    Gegen halb sechs erreichten sie ihre geparkten Autos auf dem inzwischen ausgestorbenen Parkplatz beim Skilift. Beide ächzten, als sie sich bückten, um die Schuhe zu wechseln.
    Fanni begann zu frieren.
    Zehn Minütchen heiß duschen, dann bist du wieder wie neu!
    Aber Sprudel?
    Fanni ruckte hoch und legte ihre Hand auf Sprudels Arm. »Gibt’s eine Dusche auf dem Saller-Anwesen?«
    Sprudel gluckste. »Es gibt ein riesiges Badezimmer. Die Wanne darin kann man auch als Dusche benutzen. Der Duschkopf hängt an einem Gestänge an der Wand und ist mit einem Plastikvorhang umgeben, auf dem sich bunte Fische tummeln.«
    Fanni schauderte.
    »Es war gar nicht so leicht, Olga daran zu hindern, den Vorhang zu entsorgen. Sie hat aber dann doch eingesehen, dass er seinen Zweck erfüllen muss, bis das Badezimmer mit einer Duschkabine ausgestattet ist.«
    Fanni fragte sich, ob sie es je wagen würde, Sprudel in seinem Haus zu besuchen.
    Glaub bloß nicht, Hans Rot würde das schlucken!
    Als Fanni den Erlenweiler Ring entlangfuhr, sah sie Frau Praml aus der Terrassentür treten und ein Tischtuch ausschütteln. Offensichtlich hatten die Pramls bereits zu Abend gegessen.
    Frau Praml stützte die Ellbogen auf die Balustrade, sah nach rechts zum Grundstück der Rots, dann nach links zur Hauptstraße hinunter. Als sie Fanni in ihrem Auto entdeckte, winkte sie frenetisch.
    Fanni stellte den Wagen in der Garage ab, griff sich ein Paar Ski und brachte es zum Kellereingang.
    Auf dem Rückweg sah sie Frau Praml über den Rasen eilen.
    Sie rennt!
    Als Fanni mit dem zweiten Paar aus der Garage trat, fand sie sich Nase an Nase mit Frau Praml.
    »Haben Sie es schon gehört, Frau Rot?«
    Kunstpause.
    »Die alte Forsthütte auf dem Birkenweiler Hügel ist abgebrannt. Leute sollen auch drin gewesen sein.«
    Es dauerte etliche Augenblicke, bis Fanni begriff, was Frau Praml da gesagt hatte.
    Ihr wurde schwindelig, sie musste sich an der Hauswand festhalten.
    Leni.
    Leni, Leni, Leni!
    Fanni ließ die Ski fallen, rannte in die Garage zurück, warf sich auf den Autositz, schlug die Tür zu und startete.
    Sie stieß rückwärts aus der Zufahrt, wendete, trat hart aufs Gas und schoss davon, ohne einen einzigen Blick zurück auf Frau Praml zu werfen, die ihr mehr entrüstet als erschrocken nachsah.
    Als Fanni die Abzweigung des Wirtschaftsweges erreichte, sah sie, dass die Trasse von Reifenspuren zerfurcht war. Sie jagte den Wagen schlingernd bergwärts. Kurz vor dem Plateau blieb sie in einer tiefen Fahrrille hängen.
    Fanni sprang aus dem Auto und hastete auf die Hütte zu. »Leni, Leniiii!«
    Wo zuvor das Klohäuschen gestanden hatte, lagen nur noch verkohlte Bretter. Doch das Hütterl zeigte sich intakt, auch wenn es nordseitig einen Überzug aus Ruß bekommen hatte.
    Fanni erreichte die Tür, stieß sie auf. Drinnen war es schon fast dunkel. Das Hütterl schien leer.
    »Leni?«
    Fanni trat ein und schaute sich um, als erwarte sie, dass Leni rußgeschwärzt hinter einem der Sessel hervorgekrochen kam.
    Im Herd hörte sie ein Feuer prasseln. Fanni wandte sich ihm zu und sah die silberne Kaffeekanne ihrer Großmutter auf der Herdplatte stehen. Sie griff danach.
    Da explodierte die Kanne, und Fanni taumelte rückwärts.
    »Mami?«
    Fanni schlug die Augen auf. Sie realisierte, dass sie ans Sofa gelehnt auf dem Boden hockte. Und dann erschien ihr Leni

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