Miles Flint 02 - Die Lautlosen
sollte uns beide nicht überraschen, denke ich.«
Van der Ketting schüttelte den Kopf. »Ich habe die Startnummern überprüft. Soweit ich es beurteilen konnte, gab es keinerlei Auffälligkeiten.«
DeRicci nickte.
»Und laut Auskunft der Organisatoren hat die richtige Anzahl Läufer die Ziellinie passiert oder ist unterwegs zum Ziel.«
»Ich habe nicht gesagt, dass die Person, die wir suchen, zu den Läufern gehört«, gab DeRicci zu bedenken. Tatsächlich hatten ihre Zweifel in diesem Punkt sogar zugenommen. »Es gibt einfach zu viele Teile, die nicht ins Bild passen.«
Van der Ketting bestätigte sie, als würde er darauf warten, dass sie ihm die Teile nannte, aber sie hatte ihm schon genug erzählt.
»Sehen Sie sich den Rest der Aufnahmen an«, forderte sie ihn auf. »Achten Sie auf jedes Detail. Und suchen Sie nach Aufnahmen von den Meilen Vier, Fünf und Sechs, die vor Rennbeginn aufgezeichnet wurden. Wenn die Kameras im Vorfeld installiert und die Sensoren aktiviert worden sind, könnten sie frühere Bewegungen eingefangen haben. Es wäre doch nett zu wissen, wie das Gebiet ausgesehen hat, bevor die Läufer aufgetaucht sind. Vielleicht sind wir sogar in der Lage, die neueren Fußabdrücke von den alten zu unterscheiden.«
»In Ordnung.« Van der Ketting beklagte sich nicht länger über diesen Teil seiner Arbeit. »Denken Sie, das ist alles auf diesen Videos?«
»Ich denke, dass dort eine Menge Antworten zu finden sind, ja«, sagte DeRicci. »Ich bin nur nicht sicher, welcher Art diese Antworten sind.«
»Wollen Sie das behalten?« Van der Ketting deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die Bilder an der Wand.
»Nein«, antwortete DeRicci. »Das lenkt nur ab. Und den Organisatoren sollten wir sie auch nicht überlassen.«
Van der Ketting schenkte ihr ein vages Lächeln. Offensichtlich war das genau das, woran er gedacht hatte. Er ging zum System und vernichtete den heruntergeladenen Datensatz.
»Wollen Sie, dass ich jemand Speziellen für die nächste Befragung hereinschicke?«, fragte er, und es klang beinahe, als hätte er bereits eine bestimmte Vorstellung, wer das sein könnte.
DeRicci schüttelte den Kopf. »Ich muss erst mit der Gerichtsmedizin sprechen. Ich will, dass sie von dem Visierfilter erfahren. Und ich will, dass sie den Anzug untersuchen. Vielleicht hat er einen eigenen Datenspeicher. Es könnte sich lohnen, den einmal genauer anzusehen.«
»Ich hole ihn«, erbot sich van der Ketting.
»Nein«, widersprach DeRicci. »Ich brauche Sie hier.«
Sie sah Gumiela an, deren Bild noch immer auf dem kleinen Monitor plapperte. DeRicci war wirklich froh, dass sie den Ton abgestellt hatte.
»Denken Sie, es wird auf dem Revier Probleme geben?«, fragte van der Ketting.
»Ja«, antwortete DeRicci gedehnt, streckte die Hand nach dem Wandsystem aus und schaltete den kleinen Monitor ab. Gumiela verschwand, als wäre sie nie dort gewesen. »Da bin ich ganz sicher.«
18
O liviaris Haut war dicht mit Gänsehaut überzogen. Sie fror nun, obgleich ihr noch vor fünfzehn Minuten so heiß gewesen war, dass sie geschwitzt hatte.
Sie versuchte, sich keine Sorgen darüber zu machen. Sich zu sorgen, würde sie keinen Schritt voranbringen. Zuerst musste sie herausfinden, ob ihre Befürchtungen bezüglich Frieda Tey sie zwingen würden, sich etwas Neues einfallen zu lassen.
»Zeigen Sie mir, was Sie bisher haben«, forderte sie Klein auf.
Seine Augen sahen zu groß aus für sein Gesicht. Sie hatte ihn geängstigt. Oder vielleicht hatte sie auch nur seine Furcht zu neuen Höhen getrieben. Immerhin hatte er sich um den toten Mann gekümmert.
»Wollen Sie die Leiche sehen?«
Oliviari unterdrückte ein Schaudern. »Nicht jetzt. Ich möchte das Virus sehen.«
Sie war froh, dass sie sich als Sanitäterin ausgegeben hatte. Hätte sie sich in irgendeiner anderen Weise als Freiwillige gemeldet, so hätte sie ganz sicher keinen Zugang zu diesen Informationen erhalten. Und sie war vermutlich die einzige Person, die das Tey-Virus identifizieren konnte – mit Ausnahme von Frieda Tey selbst.
Klein reichte Oliviari seinen Handheld: Das Bild eines Virus’ in tausendfacher Vergrößerung waberte über den Schirm. Es sah aus wie das Bildnis eines missgestalteten Kraters oder einer Pfütze verschütteten Kaffees.
»Ich brauche Zugang zum Netz«, sagte Oliviari.
»Der Handheld hat Zugang. Machen Sie nur.«
»Standardzugriff?«, fragte sie, wartete aber nicht erst auf eine Antwort, die sie die
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