Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Oberfläche berührte. Das Virus verschwand für einen Moment; dann gab sie einen ihrer Codes mit Hilfe eines Fingerabdrucks in ein gesperrtes Dateisystem und lud die Vireninformationen herunter.
Oliviari wollte sich in diesem Fall nicht allein auf ihre Erinnerung verlassen. Sie hatte alle Forschungsergebnisse von Tey – einschließlich derer, die nicht veröffentlicht worden waren – über ihre Basen im Netz verteilt. Oliviari musste nur die richtige Datei finden.
Klein beobachtete nicht den Handheld, sondern Oliviaris Gesicht, und das machte sie irgendwie nervös. In dem kleinen Raum war es wieder kalt geworden, und die Kisten und das Mobiliar ließen ihn noch beengter erscheinen, als er ohnehin schon war.
Während Oliviari arbeitete, fragte sie sich, ob Tey ihr entgangen war, ob sie vielleicht gar nicht mitgelaufen war, sondern ebenso wie Oliviari selbst beim Marathon gearbeitet hatte.
Aber welchen Grund sollte sie haben, die Leute hier draußen zu infizieren? Man hätte ihnen einfach den Zutritt zur Kuppel verweigern können, sollte das Virus früh genug gefunden werden. Und da sich das Virus schnell ausbreitete, lag das durchaus im Bereich des Möglichen.
Es sei denn, irgendein anderes Ereignis hätte das verhindert. Vielleicht ein anderer Notfall, etwas, das die Leute veranlassen würde, sich in die Kuppel zu flüchten, statt draußen zu bleiben.
Wieder rann Oliviari ein Schauder über den Rücken, und sie nahm an, dass der nichts mit der Kälte im Raum zu tun hatte. »Warum dürfen wir nicht in die Kuppel zurück? Das liegt nicht an dieser Infektion, oder?«
Klein musterte sie. Seine Miene hatte sich mit ihrer Frage verändert, wirkte nun irgendwie abschätzend. »Haben Sie die Nachricht nicht erhalten?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Auf der Strecke ist ein Mord passiert.«
»Ein Mord«, sagte sie tonlos. Also hatte sich das fehlende Notfallteam offenbar am Tatort eines Mordes wiedergefunden. Das war der Grund, warum die Polizei gekommen war. »Was für ein Mord?«
Sie dachte an Tey und das Virus, die Art, wie es mordete, ohne dass der Mörder auch nur in der Nähe wäre. Wenn Oliviari recht hatte, dann hatte es beim heutigen Marathon mehr als nur einen Mord gegeben.
»Ich weiß es nicht. Die Sanitäter haben gesagt, es sei ein Fall von Sauerstoffentzug, aber aus irgendeinem Grund glauben die Cops, dass es Mord gewesen ist.«
»Aber Sie meinen nicht, dass das Virus etwas damit zu tun haben könnte, oder?«, hakte Oliviari nach. Klein hatte den armen Mann an diesem Virus schließlich sterben sehen. Er wusste, wie die Leiche aussah, zumindest in einer üblichen Atmosphäre.
Klein schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass eine Person, die wie unser Läufer stirbt, noch dazu in einem Umweltanzug, aussehen könnte, als wäre sie an Sauerstoffentzug gestorben.«
Oliviari war ganz seiner Meinung; aber sie hatte sich vergewissern müssen. Nun legte sie die Stirn in Falten. Ein Mord war in diesem Zusammenhang ein Zufall zu viel.
»Sind sie sicher, dass der Todesfall nicht auf einen Unfall zurückzuführen ist?«
»Ja«, antwortete Klein.
Oliviari hatte endlich die richtige Datei gefunden. Sie lud die Bilder des Virus herunter, die sie gespeichert hatte, jenes Virus, das die Wissenschaftler unter den zahlreichen Mutationen der Krankheit hatten isolieren können.
Sie verglich sie mit den Bildern, die Klein angefertigt hatte, und fand exakt das, was sie nicht zu finden gehofft hatte: Das Virus, an dem der Läufer gestorben war, war die letzte Mutation von Teys Erkältungsvirus.
Oliviari las die Beschreibung des Virus, soweit sie ihr vorlag: Es dauerte vier bis sechs Stunden vom ersten Kontakt mit dem Virus bis zum Auftreten der ersten Symptome; vom Einsetzen der Symptome bis zum Tod vergingen weitere vier bis zwölf Stunden; und die Infektionsrate lag, soweit das mit den begrenzten Daten, die in dieser Sache verfügbar waren, irgendjemand sagen konnte, bei einhundert Prozent.
Oliviari legte die Hand auf ihr Gesicht. Ihre Haut war feucht. Sie lehnte sich gegen den Tisch und zwang sich, sich zu beruhigen.
»Es ist schlimm, nicht wahr?«, fragte Klein.
Oliviari nickte. »Aber nicht unlösbar.«
So viel hatten sie inzwischen gelernt. Weil Frieda Tey entkommen war und so viele Leute geglaubt hatten, dass sie zusammen mit ihrem Virus entkommen war, hatte die Dekontaminationsfirma, die ursprünglich ihre Experimente unterstützt hatte, ihre Dekon-Einheiten so modifiziert, dass sie auch dieses Virus
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