Miles Flint 03 - Die Tödlichen
sie den Text, die Einzelheiten in Bezug auf die Schussbahnen, über mehrere Täter und Schusswinkel bei Laserwaffen. Sie musste all diese Informationen im Hinterkopfbehalten, durfte sich aber nicht von ihnen beeinflussen lassen, da all diese Ergebnisse nur vorläufig waren und sich später immer noch als falsch erweisen konnten. Sie ging den Bericht weiter durch, bis sie zum Ende und zu einer Geschichte der Waffe selbst vorgedrungen war.
Eine Waffe, die bei einem Mord verwendet wurde, sollte keine nachvollziehbare Geschichte haben. Meist konnten sie den Waffen nicht einmal genug Informationen entnehmen, um festzustellen, wo sie gekauft worden waren, wer ihr ursprünglicher Eigentümer gewesen war und wie sie in die Hände des Täters geraten waren.
Aber diese Waffe hatte eine Geschichte, und die verriet DeRicci mehr darüber, wie sie in die Hände des Täters geraten sein mochte, als sie wissen wollte.
Entweder hatte er sie in die Wohnung gebracht, oder sie war bereits dort gewesen, in den Händen von Carolyn Lahiri.
Erneut schloss DeRicci die Augen, und sie fühlte, wie die alten Dämonen der Fehlschläge und Verluste sich in ihr erhoben.
Sie hätte wissen müssen, dass diese Waffe Miles Flint gehörte.
27
D a waren Außerirdische in der Menge.
Das fiel Anatolya zuerst auf, als sie sich kopfüber in das Meer aus Leibern stürzte. Die angeblich so friedliebenden Peyti, deren Atemmasken sich grotesk vor ihren langgezogenen Gesichtern ausmachten, die Disty, klein aber gewalttätig und immer dabei, wenn es irgendwo Ärger gab – und erstaunlicherweise auch ein paar Rev: große, konisch geformte Kreaturen, die Anatolya nie fern ihrer eigenen Art gesehen hatte.
Gianni drückte sich gegen sie – der Rest des Teams flankierte sie –, und sie bewegte kaum ihre Füße. Sie schwebte beinahe auf den Mietwagen zu, der angeblich auf der anderen Seite der Menge auf sie wartete.
Wofür sie nur Colliers Wort hatte – Collier, der zu feige gewesen war, sie zu begleiten.
Gebrüll und Schreie in einer Vielzahl von Sprachen drang an Anatolyas Ohren. All die Stimmen wetteiferten um ihre Aufmerksamkeit. Sie sah die Leute nur flüchtig und unvollständig, verborgen hinter Schultern und Köpfen, die auf- und niederruckten, während sie versuchte, sie zu erkennen.
Oder während deren Eigner versuchten, Anatolya zu erkennen? Es gab Geschrei über Terroristen, Geschrei über Außerirdische, Geschrei über Mord. Sie schienen nichts über Etae und seine Probleme zu wissen. Alles, was sie wussten, war, dass diese Leute – Anatolyas Leute – nicht nach Armstrong gehörten.
»Verbrecher!«
»Mörder!«
»Kindermörder!«
Die letzte Äußerung traf sie direkt. Anatolya drehte den Kopf in Richtung des Rufers. Die Stimme hatte vertraut geklungen, aber wie konnte etwas in dieser Kakophonie vertraut klingen?
Der Gestank war beinahe unerträglich: menschlicher Schweiß, vermischt mit Furcht, die widerwärtigen Ingwerausdünstungen, die von den Rev aufstiegen, der faulige Geruch von aausme, die sich irgendwo in der Menge versteckten.
Gianni bewegte sich neben ihr – er hatte etwas gesehen, und es machte ihn nervös. Anatolya fühlte, wie sein ganzer Körper in Alarmzustand überging.
Tu nichts, übermittelte sie. Wir können es uns nicht leisten, irgendetwas zu tun.
Wir müssen uns verteidigen, erwiderte er.
Nur, wenn wir angegriffen werden. Anatolya hoffte, sie würden nicht angegriffen werden, aber sie war nicht sehr zuversichtlich. Nichts war in ihrem Sinne gelaufen, seit sie Armstrong erreicht hatten.
Schilder schwebten um sie herum, willentlich nicht von menschlichen Händen berührt. Schilder, die auf Etae verboten waren, anonyme Proteste, die über die Menge hinwegsegelten.
Etae = Massenmord
Der Tod von 18 Millionen Idonae wird gerächt werden
Terroristen gehören nicht in die Allianz
Jemand hatte Informationen über sie durchsickern lassen. Jemand hatte den guten Bürgern der Stadt Armstrong verraten, wer sie war, wer ihre Leute waren und warum sie hier waren.
»O nein«, keuchte Gianni.
Jedenfalls glaubte Anatolya, sie hätte ihn die Worte keuchen hören. Er hätte sie auch über die Links schicken können, aber sie fühlten sich irgendwie echt an. Und doch war sie nicht überzeugt davon, dass sie sie überhaupt hätte hören können, umgeben von dem Lärm der Menge, der inzwischen ohrenbetäubende Ausmaße angenommen hatte. Sie konnte sich kaum selbst denken hören.
Da vorne!
Das kam von den
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