Miles Flint 05 - Paloma
gewusst, dass er irgendetwas vorhatte? Oder war sie gekommen, um von ihm etwas über Palomas Ermordung zu erfahren?
Er schaltete InterDome auf seinen Schirm und suchte nach den neuesten Berichten von Ki Bowles. Alles, was er fand, war bereits mehrere Wochen alt.
Er runzelte die Stirn. War sie mit dem Sammeln irgendwelcher Hintergrundinformationen beschäftigt? Oder hatte sie einen Beitrag hinterlegt, und er hatte fehlerhaft gesucht? Er konnte sich nicht erinnern, sie in jüngster Zeit in irgendeiner Videoübertragung gesehen zu haben, aber das musste nicht viel zu bedeuten haben. Er verfolgte die Nachrichten so oder so nur, wenn er aus irgendeinem Grund dazu gezwungen war.
Vielleicht hatte er die falschen Suchparameter ausgewählt. Er gab neue Bedingungen für die Durchsuchung der in jüngerer Zeit eingestellten Beiträge ein, während er zugleich weiterhin die Überwachungsvideos des Hafens durchsah.
Irgendwann würde er herausfinden, was Flint im Schilde führte.
Irgendwann würde das alles einen Sinn ergeben.
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V an Alens Büro zeichnete sich durch allerlei sonderbare, fremdartige Geräusche aus, Krachen und Knarren und Ächzen. Flint brauchte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass das die ganz normalen Geräusche des Gebäudes waren, Dinge, die zu jeder Stunde des Tages hörbar waren und von den Leuten, die hier arbeiteten, gar nicht mehr wahrgenommen wurden.
Flint erhob sich, entfernte sich von dem Computer, versuchte, seinen Blutfluss in Gang zu bringen. Er war müde, und das konnte er sich nicht leisten.
Er hatte noch einen sehr, sehr langen Weg vor sich.
Es war ein sonderbares Gefühl, ganz allein in diesem opulenten Raum zu sein, einem Raum mit einer Dusche hinter einer Nebentür und einer komplett eingerichteten Küche gleich außerhalb des Bürobereichs. Er war es nicht gewohnt, an solchen Orten zu arbeiten. Und dass van Alen es ihm gestattete, zeigte entweder, dass sie ihm vertraute oder dass sie ihre vertraulichen Informationen so versteckt hatte, dass er sie nicht finden würde.
Er hatte kein Interesse, sie zu suchen. Er hatte mehr als genug zu tun.
Er reckte die Arme hoch, faltete die Hände zusammen und streckte sich, lauschte dem Krachen in seiner Wirbelsäule. Dann nahm er sich noch einen Eiskaffee, wohl wissend, dass irgendwann der Punkt gekommen sein würde, an dem der Kaffee nur noch sein Herz zum Rasen bringen, ihn aber nicht mehr wachhalten würde.
Schließlich kehrte er zu seinen Dateien zurück.
Der bloße Umfang der Daten überwältigte ihn. Er brauchte einen Angriffsplan. Aber er war nicht sicher, wo er anfangen sollte. Einige der Dateien, die er untersucht hatte, waren so profan, dass er sich nicht vorstellen konnte, in welcher Hinsicht sie irgendeine Relevanz besitzen sollten.
Also rieb er sich die Augen und dachte nach. Etwas Wichtiges zu finden, wäre im Augenblick ein reiner Glückstreffer. Also musste er herausfinden, wo Paloma die relevanten Dateien abgelegt hatte, vorausgesetzt, es gab welche. Nach allem, was er wusste, war es gut möglich, dass Paloma die Dateien ihrer alten Firma schlicht gestohlen hatte, um eine Art von Druckmittel zu haben.
Aber warum hätte sie sich dann so viel Mühe machen sollen, die Dateien zu schützen?
Oder hatte sie versucht, etwas anderes zu schützen?
Er trank einen weiteren Schluck Eiskaffee und fühlte, wie die Flüssigkeit kalt seine Kehle hinunterrann. Vielleicht machte er sich zu viele Gedanken. Vielleicht sollte er es einfach auf die altmodische Art versuchen, so, als wäre Paloma eine Klientin, nicht seine Mentorin.
Was wusste er?
Er wusste, dass sie die Kanzlei verlassen und die Dateien mitgenommen hatte. Er wusste, dass sie sich viel Mühe gegeben hatte, diese Dateien zu schützen.
Er wusste, dass sie routinemäßig und unbekümmert zu lügen imstande war, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren.
Er hielt inne, rieb sich wieder die Augen und seufzte. Er war verbittert, und das durfte er sich nicht erlauben. Er musste seine Gefühle ausblenden und nachdenken.
Paloma hatte die Kanzlei verlassen und ihren Namen geändert. Dennoch hatte sie als Kopfgeldjägerin und später als Lokalisierungsspezialistin die Verbindung aufrechterhalten. Das musste etwas zu bedeuten haben.
Und die Dateien, die er sich angesehen hatte, alles, was er durchforstet hatte, verriet, dass sämtliche Daten aus ihrer Zeit als Anwältin stammten.
Also musste logischerweise gegen Ende ihrer Anwaltslaufbahn etwas dafür gesorgt haben, dass sie
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