Miles Flint 05 - Paloma
oder die eigenen Leute gegen sich aufzubringen. Wenn ein Unternehmensangehöriger ein Gesetz der Einheimischen missachtete, verpflichteten sich die Unternehmen, sich den Gesetzen vor Ort zu beugen.
Aber während sie das, nicht zuletzt aus Gewinnstreben, taten, schützten sie auch ihre Angestellten, indem sie ihnen neue Identitäten und eine neue Existenz verschafften. Im Laufe der Zeit hatten sich einige der Dienste von ihren Muttergesellschaften getrennt und waren unabhängig geworden.
Manche, wie Data Systems, hatten ihr Geschäft von Anfang an ohne die Unterstützung der Großunternehmen betrieben.
Zu verschwinden kostete einen Haufen Geld. Manchmal kostete es die Verschwundenen ihre ganzen Ersparnisse.
Als Flint vor all diesen Jahren seine Informationen an Bannerman verkauft hatte, hatte sie ihm unter minimalem Gejammer sofort zehn Millionen Credits bezahlt.
»Sie hatten immer gute Anwälte«, sagte er. »Was ist an diesem anders?«
»Diese hat keine Angst vor Leuten von Rang und Namen«, sagte sie. »Sie zerfetzt sie sogar gern. Sie glaubt an das, was wir tun, und sie kämpft dafür so hart, wie ich es tun würde.«
»Kämpft sie für all ihre Klienten so?«
»Worum geht es hier eigentlich, Mr. Flint?«, fragte Bannerman.
Er beschloss, so weit wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben. »Ich habe gerade ein Erbe erhalten, das mir Ärger mit den Wagners von WSX einbringen wird. Es geht mir nicht darum, Besitz zu schützen. Mir geht es darum, vertrauliche Informationen zu schützen. Die Art Informationen, die niemals in die Hände skrupelloser Leute geraten sollten.«
Bannerman musterte ihn eingehend. Sie wusste, dass er seinerzeit zu ihr gekommen war, weil er das Gefühl hatte, ein Polizist zu sein, der seine eigene, persönliche Moral mit Füßen trat. Doch sie wusste auch, dass seine Handlungsweise nicht vollkommen rein war, denn er hatte für die Informationen, die er ihr geliefert hatte, Geld verlangt, Geld, das es ihm ermöglicht hätte, für den Rest seines Lebens ohne Arbeit auszukommen.
Das war nicht der einzige Grund, warum er die zehn Millionen gefordert hatte. Er wusste sehr gut, dass Leute wie Bannerman niemals einer Sache über den Weg trauten, die es umsonst gab. Sie erwarteten, stets genau das zu bezahlen, was die Sache wert war.
»Sie wollen den Namen meiner Anwältin«, sagte sie rundheraus. »Sie wollen, dass die Anwältin eines Verschwindedienstes einen Lokalisierungsspezialisten vertritt.«
»Ja«, sagte er.
Bannerman lachte. Für einen kurzen Moment sah sie beinahe schön aus. »Das wird sie schockieren.«
Flint wartete.
Bannerman hörte auf zu lachen, wischte sich über die Augen und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Sie vertrauen mir, Mr. Flint?«
»Ja«, sagte er.
»Genug, um sich bei einer Angelegenheit, die für Sie wichtig ist, auf meine Anwältin zu verlassen?«
Er nickte. »Ich kenne eine Menge Anwälte in der Stadt, und die, denen ich vertraue, könnten es in einer direkten Konfrontation nie mit den Wagners von WSX aufnehmen.«
Jegliche Spur des Lachens schwand aus ihren Zügen. Einen endlosen Augenblick lang studierte sie ihn schweigend. Dann: »Sie wollen gewinnen.«
»Ich muss gewinnen.«
»Sie wissen, dass es beinahe unmöglich ist, gegen diese Leute zu gewinnen«, sagte sie. »Was sie nicht auf legalem Wege erreichen, erreichen sie auf illegalem.«
Das hatte er vermutet. Er war sich darüber im Klaren, dass sie wussten, wie sie welches System in einer Weise manipulieren konnten, die zuvor vermutlich nie auch nur probiert worden war.
»Sie sind rücksichtslos, und sie sind bösartig«, sagte sie. »Wenn man Sie vor Gericht nicht schlagen kann, wird man Sie zerstören.«
»Sie hat man bisher noch nicht zerstört«, sagte Flint, obwohl er in diesem Punkt nicht sicher war. Sie sah weit schlimmer aus als damals, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren.
»Ich verstecke mich hinter einem Unternehmen«, sagte sie. »Sie haben versucht, Data Systems zu zerstören. Noch haben sie es nicht geschafft. Aber sie waren schon nahe dran. Ich schaudere, wenn ich mir vorstelle, was sie einer Einzelperson antun könnten.«
Flint drückte den Rücken durch. Er wollte ihr erzählen, dass er hier nicht als Einzelperson in einer unpersönlichen Angelegenheit vor ihr saß. Dass er sich in einem Fall gegen die Partner dieser Kanzlei stellen wollte, der mit deren Mutter zu tun hatte.
Der ihnen fremd gewordenen Mutter.
»Ich weiß, Sie sind stark«, sagte Bannerman.
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