Miles Flint 05 - Paloma
»Aber wenn Sie die Wahl haben, dann gehen Sie WSX aus dem Wege.«
»Ich wünschte, ich könnte es«, sagte Flint.
Bannerman seufzte. »Sie könnten immer noch verschwinden«, sagte sie, und beide wussten, dass das nur halb scherzhaft gemeint war.
»Nein«, entgegnete Flint. »Nicht in diesem Fall.«
Colleen Bannerman sah ihn mit einem Ausdruck an, der beinahe mitleidig wirkte. »Der Name meiner Anwältin ist Maxine van Alen«, sagte sie. »Nutzen Sie sie nicht aus.«
Eine sonderbare Bemerkung im Hinblick auf eine Anwältin, umso mehr auf eine, die Fälle gegen WSX gewonnen hatte, wie Flint dachte.
»Ich werde mich ihr gegenüber anständig verhalten«, sagte er, und so meinte er es auch.
18
D eRicci starrte die Tür an, noch lange, nachdem Nyquist gegangen war. Nie zuvor hatte jemand sie direkt um Hilfe gebeten, nicht in ihrem neuen Job als Leiterin der Mondsicherheit.
Seine Anfrage war merkwürdig, und er hatte ihr nicht alle Gründe genannt, auch wenn seine Logik tadellos war. Aber er hielt etwas zurück – etwas mehr als seine Verdachtsmomente gegen Miles Flint.
Sie erhob sich und trat ans Fenster, nutzte den Ausblick, um sich ihrer Pflichten zu entsinnen. In der Vergangenheit hätte sie es beinahe verbockt, weil sie Flint Dinge erzählt hatte, von denen er nicht hätte wissen sollen.
Andererseits war klar, dass sie sich immer auf ihn hatte verlassen können, dass er ihr immer geholfen hatte.
Dennoch rührte sie sich nicht. Wenn die letzten Monate sie etwas gelehrt hatten, dann war das, wie wichtig ihr Job war – und wie wackelig. Flint hatte ihr damals, als sie noch überlegt hatte, ob sie den Posten annehmen sollte, gesagt, es sei ein gefährlicher Job. In den falschen Händen könnte er einen Machtmissbrauch begünstigen, der dem Mond schaden, nicht ihn schützen würde.
Natürlich hatten Leute wie Ki Bowles DeRicci so oder so längst vorgeworfen, sie missbrauche ihre Macht in genau dieser Weise. Die Tatsache, dass durch DeRiccis Bemühungen eine große Krise hatte aufgehalten werden können, hatte dieses Mal zu ihren Gunsten gesprochen, aber die Beschuldigungen würden wieder aufleben.
DeRicci fuhr sich mit der Hand durch das Haar und stand auf. Sie ging zu dem gesicherten Zugriffspunkt, der nahe dem Fenster in ihren Schreibtisch integriert war. Dieser Zugriffspunkt war durch mehr Sicherheitsmaßnahmen geschützt als ihre persönlichen Links. Die Computertechniker hatten ihr alles genau erklärt, doch sie hatte kein Wort davon verstanden.
Ihr blieb wohl keine andere Wahl, als darauf zu vertrauen, dass diese Leute ihre persönlichsten Informationen schützen würden, und als sie diesen Link installiert hatten, war sie nicht in der Stimmung gewesen, irgendjemandem zu trauen. Sie wünschte, sie wüsste selbst besser über Computer Bescheid, über all diesen Mist, den Flint irgendwann vor langer Zeit in seinem ersten Beruf gelernt hatte.
Sie neidete ihm so manches, besonders seine Freiheit, stets selbst zu entscheiden, woran er zu arbeiten gedachte. Vielleicht war das der Grund, warum sie sich bereit erklärt hatte, Nyquist zu helfen. Es war mehr als bloße Neugier oder die Möglichkeit, dass diese Ermittlung möglicherweise an sie zurückfallen würde. Es hatte auch damit zu tun, dass dies eine Möglichkeit für sie war, in einem gewissen Rahmen selbst zu entscheiden, welcher Aufgabe sie sich widmen wollte, statt einfach nur irgendetwas vor die Füße geworfen zu bekommen.
Eine Möglichkeit, einer Krise zuvorzukommen, statt auf eine zu reagieren.
Sie aktivierte den Zugriffsknoten und schaltete die Stimmkommandos ab. Sie hatte mehrere Möglichkeiten, über diese Maschine Zugriff auf Informationen zu nehmen. Sie konnte Stimmkommandos einsetzen, konnte einen berührungsempfindlichen Bildschirm nutzen oder auf eine Tastatur zurückgreifen, die die Techniker nur installiert hatten, weil sie darauf bestanden hatte. Flint hatte ihr beigebracht, dass alle Züge, die sie mit Hilfe einer Tastatur unternahm, von ihrem Büro aus nicht nachvollziehbar waren.
Sie konnten nur verfolgt werden, wenn jemand sich bereits in das System eingehackt hatte und sie überwachte, während sie die Tastatur benutzte. Und sollte das geschehen, so war keine Kommunikation über diesen Zugriffsknoten mehr sicher.
Sie zog die Tastatur hervor, schaltete den Flachbildschirm ein, griff aber nicht weiter darauf zu, sondern aktivierte den sichersten Modus des Zugriffsknotens. Nicht einmal ihre Assistentin sollte wissen,
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