Miles Flint 06 - Kallisto
schickte ihr der Hafen ein Bild des Mannes, der von Bord gegangen war. Er war kleiner als Flint erwartet hatte, sah aber drahtig und kräftig aus. Das Bild verriet außerdem, dass er einen Arm schonte.
Vielleicht hatte Rhonda ihn verletzt.
Er konnte es nur hoffen. Und er konnte nur hoffen, dass sie noch irgendwo auf dem Schiff war.
»Die Allianzbehörden werden sich von jetzt an um die Sache kümmern«, sagte Zagrando zu Flint.
»Sie werden wissen wollen, ob wir sicher sind, dass er derjenige ist. Weisen Sie den Hafen an, eine Stimmprobe zu übermitteln. Er dürfte mit ihnen gesprochen haben, ehe er gelandet ist. Raumhäfen wie dieser verlangen eine stimmliche Bestätigung, gesprochen von einer echten Stimme.«
»Was noch nicht heißt, dass er seine eigene benutzt hat«, murmelte Zagrando und wandte sich an die Leiterin. Aber sie hatte das Gespräch verfolgt und war bereits dabei, eine entsprechende Anfrage zu senden.
Flint ging in dem schicken Büro auf und ab und fragte sich, was Armstrong wohl mit solch einer Ausstattung anfangen würde. Vermutlich erheblich mehr Kriminelle schnappen. Vielleicht würden sie es Leuten wie ihm auch unmöglich machen, einfach zu kommen und zu gehen, wie es ihnen passte.
Seine Hände waren hinter dem Rücken krampfhaft ineinander verschränkt, und seine Schultern schmerzten. Er versuchte vorzugeben, es berühre ihn nicht, ob seine Exfrau gefunden wurde, aber das tat es.
Er wollte Rhonda wiedersehen und sie fragen, was sie sich nur bei alldem gedacht hatte. Warum sie ihn nicht um Hilfe gebeten hatte. Warum sie ihn während des letzten Jahres ihrer Ehe belogen hatte.
Warum sie Aleyds Angebot überhaupt angenommen hatte.
Zagrando beugte sich über einen anderen Tisch und sprach über den zugehörigen Schirm mit irgend jemandem über die Übermittlung der Stimmsignatur des Beschaffers an den Raumhafen. Flint wollte sich dazwischendrängen, wollte die Kontrolle über die ganzen Ermittlungen an sich reißen, doch das konnte er nicht. Er war kein Polizist mehr, und er war nie Polizist auf Kallisto gewesen.
Die Tatsache, dass er hier war, verdankte er Zagrandos Entgegenkommen, aber es fiel Flint nicht leicht, diesen Punkt im Kopf zu behalten.
»Okay«, sagte die Leiterin. »Wir haben eine Stimmaufzeichnung.«
Sie verglichen sie mit der Stimmsignatur aus dem Gespräch, das der Beschaffer mit Rhonda geführt hatte, ehe er sie entführt hatte.
»Treffer«, bemerkte Zagrando unnötigerweise. Flint konnte bereits aus einiger Entfernung erkennen, wie gut die beiden Schnipsel zusammenpassten.
Wieder betrachtete er den kleinen Mann, der aus dem Schiff gekommen war.
»Ich würde gern mit Ihnen zusammen dorthin gehen«, sagte Flint zu Zagrando. »Damit wir uns selbst um die Sache kümmern können.«
Zagrando bedachte ihn mit einem verhaltenen Lächeln.
»Selbst wenn ich vorhätte, dorthin zu reisen, was ich nicht habe, würde ich Sie nicht mitnehmen. Sie sind persönlich zu sehr von der Sache betroffen.«
Flint hätte gern widersprochen, wusste aber, dass Zagrando recht hatte. Er wollte den Zorn, der in ihm loderte – Zorn darüber, nicht nur von Paloma, sondern auch von Rhonda betrogen worden zu sein –, nehmen und an irgend jemandem auslassen.
Der Beschaffer wäre dafür geeignet.
»Die Allianzpolizei wird vorsichtig sein müssen«, erläuterte Flint. »Wir wollen sie schließlich nicht verlieren.«
»Wir wissen nicht einmal, ob sie überhaupt noch an Bord ist«, gab Zagrando zurück.
Das war Flint auch klar. Er verdrehte die verschränkten Finger ineinander. »Sie müssen wissen, wie wichtig es ist, dass er am Leben bleibt, damit wir herausfinden können, wo sie ist und was eigentlich los ist.«
Zagrando legte Flint eine Hand auf die Schulter. »Sie werden ihre Instruktionen von mir persönlich erhalten.«
Als würden diese Leute auf einen Police Detective hören.
Aber Flint wusste, dass Zagrando recht hatte – es würde zu lange dauern, dorthin zu kommen. Der Beschaffer könnte längst wieder fort sein, ehe sie einträfen. Und Flint war nicht sicher, ob er damit umgehen könnte, diesem Mann von Angesicht zu Angesicht zu begegnen.
Wie betrogen er sich auch fühlte, Rhonda war für Flint immer noch seine Familie. In vielerlei Hinsicht die einzige Familie, die ihm geblieben war.
Er zwang sich, tief durchzuatmen. Diese Denkweise war der Grund dafür, dass Zagrando Flint hierbehalten wollte.
»Es sollte nicht schwer sein, ihn zu finden«, bemerkte Flint. »Diese Häfen
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