Milliardär meines Verlangens - Ebook
klassische Musik nahegebracht.“ Sie fügte nicht hinzu, dass das nur daran lag, dass sie Mrs Klostermans Radio durch die dünnen Wände ihrer Behausung hatte hören können. Della hatte an jedem Wort gehangen, das der Kommentator zu den Opern zu sagen hatte. „Das erste Mal, als ich eine Opernaufführung gesehen habe“, fuhr sie fort, ohne zu erwähnen, dass es eine Fernsehsendung gewesen war, „war ich wie verzaubert.“
Gern hätte sie Musik studiert und sich auf Opern spezialisiert. Doch sie hatte sich das College nicht leisten können und daher direkt nach der Highschool angefangen, als Mädchen für alles in einer der angesehensten Brokerfirmen an der Wall Street zu arbeiten. Sie war dort die Erfolgsleiter hinaufgekrabbelt und schließlich Assistentin der Geschäftsleitung geworden. Da war keine Zeit gewesen, ihre Hochschulreife nachzuholen. Sie konnte von ihrem Gehalt gut leben – auf jeden Fall besser, als sie sich früher je hatte vorstellen können – und sie war glücklich mit ihrem Leben gewesen. Jedenfalls, bis es zu einem Scherbenhaufen geworden war und sie nur noch Geoffrey gehabt hatte und seinen mehr als zweifelhaften Schutz – für den sie zudem einen hohen Preis hatte zahlen müssen.
Wie aufs Stichwort begann das Orchester, die Instrumente zu stimmen, und die Lichter erloschen. Della konnte nicht widerstehen und warf noch einen Blick auf ihren Sitznachbarn, doch als sie sah, dass auch er zu ihr hinüberschaute – über den noch immer unbesetzten Platz zwischen ihnen hinweg – wandte sie ihre Aufmerksamkeit schnell der Bühne zu.
Danach ließ sie sich in die Welt von La Bohème entführen, und als die Lichter zur Pause wieder angingen, fiel es ihr schwer, in die Realität zurückzufinden. Sie blinzelte ein paarmal und schaute dann, ehe sie darüber nachdenken konnte, zu ihrem Logen-Nachbarn, der sie auf die gleiche Weise betrachtete wie schon vorhin. So, als hätte er die ganze Zeit nichts anderes getan.
Wieder verspürte Della so ein merkwürdiges Kribbeln im Bauch und schaute schnell auf die anderen Zuschauer. Die in edle Roben gehüllten und mit glitzerndem Schmuck behängten Frauen boten in der Tat einen sehenswerten Anblick. Della beobachtete, wie viele sich bei ihren Männern einhakten, wie die Männer liebevoll die Köpfe neigten, wie sie gemeinsam lachten oder sich unterhielten.
Einen Augenblick lang bedauerte Della, dass das alles nicht ewig währen konnte. Wäre es nicht schön, wenn man Abende wie diesen genießen konnte, wann immer man wollte, ohne Gedanken an die Kosten verschwenden zu müssen? Ohne Angst zu haben, an einem Ort gesehen zu werden, an dem man nicht sein durfte? Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal ausgegangen war. So etwas wie das hier heute Abend hatte sie sowieso noch nie erlebt. Geoffrey hielt sie eingesperrt, sie fühlte sich wie Rapunzel. Sie verbrachte ihre Zeit mit Lesen, Filme anschauen und an Wände starren. Obwohl das Haus, in dem er sie untergebracht hatte, keine Gitter vor den Fenstern hatte und auch recht gemütlich war, kam Della sich wie eine Gefangene vor. Verflixt, sie war eine Gefangene. Und das würde sie solange sein, bis Geoffrey ihr erlaubte zu gehen.
Aber selbst diese Vorstellung tröstete sie nicht, denn sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte oder was sie anstellen würde, wenn Geoffrey entschied, dass sie nicht mehr gebraucht wurde. Sie würde wieder bei null anfangen müssen. So wie damals, als sie aus dem Elend ihrer Kindheit geflohen war.
Ein Grund mehr, den heutigen Abend ausgiebig zu genießen. Wer wusste schon, was die Zukunft bereithielt?
„Und? Wie finden Sie es bis jetzt?“
Sie drehte sich um, als sie die tiefe, samtweiche Stimme neben sich hörte, und ihr Puls beschleunigte sich, als sie sah, mit welch feurigem Blick ihr Sitznachbar sie betrachtete. Verdammt, wieso hatte sie sich nicht unter Kontrolle? Erstens war der Kerl ein Schuft, flirtete mit einer fremden Frau, während er eigentlich mit einer anderen ausgehen wollte, und zweitens spielte er definitiv in einer Liga weit über ihr.
„Ich muss zugeben, dass La Bohème nicht unbedingt meine Lieblingsoper ist“, entgegnete sie. „Es gibt aufregendere Werke. Aber trotzdem genieße ich es sehr.“
Das könnte natürlich an der Gesellschaft in ihrer Loge liegen. Aber das brauchte sie ihm ja nicht zu erzählen. Und sie brauchte es sich auch nicht unbedingt einzugestehen.
„Und Sie?“, fragte sie. „Wie lautet Ihr
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