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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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sein.
    Bouvery
schüttelte den Kopf und atmete erleichtert durch. In Kürze würde er seine Frau
Claire sehen - alles andere war ihm in diesem Augenblick egal. Seine Entführer
misshandelten ihn nicht und er nahm an, dass sie auch seine Frau korrekt
behandelten. Das war ihm das Wichtigste.
    Den
Mann, der von hinten an ihn herantrat, hörte er nicht, sehen konnte er ihn erst
recht nicht. Finsternis hüllte ihn ein. Er spürte auch nichts, sondern fiel in
einen dunklen Trichter, der Fall war weich, wie auf Watte. Die Kugel
durchschlug die Schädeldecke und löschte sein Leben augenblicklich aus.
Medizinisch gesehen trat der Tod einige Minuten später ein.
    Fast
zwei Meter Erde bedeckten den Leichnam. Einige Kübel mit Staub, die man
bereitgestellt und jetzt durch die Luft wirbelte, setzten sich langsam im
Keller und auf dem Gerümpel ab. Der Urzustand war wieder hergestellt.
    Sowohl
der Jumper als auch der Citroen, beides Leihfahrzeuge, waren am nächsten Tag
Schrott. Der Citroen stürzte bei Grenoble über eine steile Böschung, der Jumper
bei Lörrach in den Rhein. Die Fahrer stellten sich der Polizei und gestanden
ihr Missgeschick. Ein polizeiliches Protokoll über den Unfallhergang wurde
aufgenommen und zu den Akten gelegt, die irgendwann im Archiv vermoderten. Die
Versicherung liquidierte die Schäden anstandslos. Die Fahrzeuge landeten in der
Schrottpresse - und damit alle möglicherweise zurückgebliebenen Spuren. Der
Mieter der Fahrzeuge existierte nicht. Spurlos - exakt so stand es auch im
Handbuch des MfS, der Bibel für die Mitarbeiter dieses Ministeriums.
     
    Einige
Zeit nach dem Mord am Notar saß der Oberst in der Lobby seines Hotels und las
Zeitungen. Der Dandy schäkerte mit einer Kellnerin, was Podolsky unpassend fand
- doch er hatte keine Lust mit Schubert deswegen eine Debatte zu führen - weil
es sinnlos gewesen wäre. Jetzt starrte er auf ein Foto in der Zeitung und
konnte nicht glauben, was er da sehen musste. Das Repro war nicht besonders
gelungen, doch der Mann war zu erkennen. Es war sein Mann fürs Grobe, Wladi.
Die Genfer Polizei, ein Kommissar Patry, hatte Interesse an dem Mann. Die
Berichte in der Le Temps und der Neuen Züricher Zeitung waren zwiespältig.
Teils war von der Suche nach einem Zeugen die Rede, teils von einem dubiosen
Verdacht. Konkret war nichts, außer dem Bild des Gesuchten. Ein Umstand, der
dem Oberst in Alarmzustand versetzte. Mit vielsagendem Blick reichte er dem
Dandy, der seine Sprüche nun einstellen musste, die NZZ über den Tisch. Auch
der erkannte den Helfer.
    »Hat
Sinuhe diesen Mann jemals zu Gesicht bekommen?«, erkundigte sich der Oberst
geschäftsmäßig.
    »Niemals,
das war nicht möglich. Der hat doch damals im Kabinett geschnarcht - erinnern
Sie sich nicht?«
    »Ich
entsinne mich. Wenigstens etwas, veranlassen Sie das Nötige. Sofort!«
    Der
Dandy nickte, erhob sich und ging, um zu telefonieren.
    Krampfhaft
versuchte Podolsky inzwischen herauszukriegen, woher die Behörden das Foto des
Ukrainers hatten und wie sie einen Zusammenhang zum Notar herstellen konnten.
Wladi zu befragen war sinnlos, falls er einen Fehler begangen hatte - zugeben
würde er es nie, weil er sich der Konsequenzen bewusst war.
    Wladi
war ein gebürtiger Ukrainer, der seit über zwanzig Jahren in der DDR lebte.
Ende der 1960er Jahre war er zu einer Einheit der Roten Armee in Potsdam
versetzt worden, wo er dem KGB zugeteilt war. Hier hatte er eine deutsche Frau
geheiratet und war so zur Staatsbürgerschaft der DDR gekommen. Schließlich
bescherte ihm die Wiedervereinigung einen Pass der BRD. In der Normannenstraße
war er stets der willige Mann für jene Aufträge gewesen, die kein anderer erledigen
wollte. Nicht nur seine Physiognomie prädestinierte ihn dazu, es war eher der
Umstand, dass er einen starken Akzent sprach und niemals den geringsten
Widerstand leistete, sondern tat, was man ihm sagte. Keinesfalls hinterfragte
er einen Auftrag. Es war selten bis nie vorgekommen, dass Wladi aus eigenem
Antrieb irgendetwas tat. Das Überprüfen der Richtigkeit des PIN-Codes von
Bouvery’s EC-Karte ohne Anweisung war ein Novum. Mit keiner Silbe war ihm das
aufgetragen worden. Es war das Erste und das letzte Mal, dass Wladi aus eigenem
Antrieb handelte.
     
    Als
der Dandy ihm gegen Mitternacht per Telefon den Befehl gab, nochmals in die
Lagerhalle zu fahren und dort das Grab der Bouvery’s zu öffnen, hielt sich
seine Begeisterung in Grenzen. Das Töten bereitete ihm kein Vergnügen. Er

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