Milliardengrab (German Edition)
litt
aber auch nicht unter seiner Tätigkeit.
Wladi
gehorchte - wie immer. Keine Sekunde hatte er daran gedacht, dass es sein Grab
war, das er dort mitten in der Nacht keuchend grub. Auf den Gedanken zu fragen,
wessen Grab er da aushob, auf die Idee wäre er nicht im Traum gekommen. Fragen
waren beim Oberst nicht opportun - nur auf absoluten Gehorsam bestand er. Das
war in der Roten Armee und beim KGB nicht anders gewesen. Der Mörder Bouvery’s
verbrachte die nächste Nacht bereits an der Seite seines Opfers, besser gesagt
auf seinem Opfer. Auch sein Leben war durch einen Genickschuss beendet worden.
Sein Mörder wurde extra aus Odessa eingeflogen.
Der
Dandy klopfte kurz an die Tür des Obersten, trat ein und nickte. Der Oberst
ließ nur ein:
»Ausgezeichnet!«,
vernehmen. Mehr war ihm das gewaltsame Hinscheiden eines Lakaien nicht wert.
Der Vollstrecker eilte unterdessen schon weiter - das Töten hatte Konjunktur.
Mayrin bei Genf, Januar 1994
Nun
sah Patry, was der Mann meinte. Der gesamte Boden des Kellers war eben, die
Erde festgestampft. Nur in besagter Ecke war das Terrain auf einer Länge von
etwa zwei Metern und einer Breite von etwa einem Meter dreißig tief
eingesunken. Das war nicht zu übersehen. Patry hatte nicht den geringsten Zweifel:
Er stand vor einem Grab. Die Frage war nur, vor wessen Grab. Zwei Stunden
später wurde die zum Großteil verweste Leiche des ukrainischen Killers
gefunden. Eine Pistole lag auf seiner Brust. Patry erkannte ihn trotz
teilweiser Verwesung als den Mann, der in der UBS die EC-Karte des Notars
verwendet hatte. Es war das erste »Gesicht« in diesem Fall gewesen. Der
Kommissar ließ die Ausgrabung stoppen und beorderte Gerichtsmediziner und die
Spurensicherung in den Keller. Es gab keinen begründeten Zweifel, dass er zu
den Entführern gehörte - mehr wusste man vorerst nicht. Von Nora Kaindel und
dem Notar keine Spur. Wieder ein Indiz, dass Patry mit seiner Vermutung richtig
lag.
Inzwischen
hatten die Experten im Keller - der Verwesungsgeruch war penetrant und ein Lüften
unmöglich - ihre Arbeit zum Großteil beendet. Die Leiche war geborgen und, die
Spurensicherer und Fotographen hatten, alles dokumentiert. Die
Gerichtsmediziner würden ihre Arbeit in der Pathologie beenden.
Die
Alukoffer mit den Hilfsmitteln wurden geschlossen und der Leichnam in einen
Zinksarg gelegt. Da rief ein Mann ganz aufgeregt hinter der abziehenden
Mannschaft her:
»Halt,
da ist noch eine Leiche! Sie liegt nur zwanzig Zentimeter tiefer.«
Die
Beweissicherung begann von Neuem.
Berlin, Februar 1994
Eisenstein
hätte die Vernehmung von Klaus Schubert, alias Dandy, am liebsten selbst geleitet.
Patry dämmte seinen Tatendrang lächelnd ein. Thomas war im Gericht und der
Kommissar informierte ihn in Abständen über das Ergebnis.
Patry
konnte als Polizeibeamter bei der Vernehmung dabei sein, schwieg aber. Die
Berliner setzten Schubert gehörig unter Druck. Schubert, erst die Ruhe selbst,
war jetzt schwer angeschlagen, das war nicht zu übersehen. Wortlos zeigten sie
ihm die Bilder der Leiche, erwähnten die Aussage von Sinuhe und Watzke, dann
fragte einer:
»Herr
Schubert wissen Sie eigentlich, was DNA-Spuren sind?«
»Nicht
genau, ein neues Verfahren. Gehört habe ich davon oder irgendwo etwas gelesen.«
»Richtig
… DNA Spuren sind winzig, mit freiem Auge ist da nichts zu machen. Man kann damit
zum Beispiel die Anwesenheit einer Person noch nach Jahrzehnten an einem
bestimmten Platz nachweisen. Wir haben in dem Keller in Genf DNA-Spuren zu
Hunderten sichergestellt. Ich muss Ihnen wohl nicht explizit erklären, was das
bedeutet. Übrigens, es ist ein Besucher für Sie gekommen.«
»Für
mich? Ein Besuch? Wer?«
Die
Türe des Vernehmungszimmers ging auf und Thomas kam herein. Er begrüßte
Schubert und sagte: »Das ist aber wirklich eine Überraschung, Herr van Holsten,
dass ich Sie ausgerechnet hier zufällig treffe!« Schubert reagierte gar nicht
und erklärte in einem hingeworfenen Nebensatz.
»Es
ist meinem Wissensstand nach nicht strafbar, sich irgendjemanden unter anderen
Namen vorzustellen.« Thomas übersah er.
Schubert
hatte andere Sorgen und trennte die Spreu vom Weizen. In seinem Kopf rasten die
Gedanken. Sicher war nicht alles so, wie sie es ihm verklickerten. Aber die
Bilder von den Leichen und Sinuhes Aussage waren belastend. Dass er zu dieser
Zeit in Genf war stand somit fest. Nur stichhaltige Beweise waren das nicht,
wenn sie ihm allerdings nachwiesen, dass er in
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