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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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genannte
»Verwahrakte«. Das war eine im Tresor gesicherte Akte, die vermutlich
wertvolle, meist nicht ersetzbare Unterlagen enthielt. Niemand konnte über den
Inhalt der einzelnen Akten genaue Angaben machen. Das hätte vielleicht der
Notar gekonnt. Manche enthielten versiegelte Umschläge, da wussten überhaupt
nur die Klienten, was sich dahinter verbarg.
    Es
wäre aufgefallen, wenn der Kommissar sich wegen eines fehlenden Aktes ins Zeug
gelegt hätte und auf diesem Konvolut herumgeritten wäre. So kam man überein,
alle Register noch einmal zu überprüfen, die Regale gründlich zu durchstöbern
und so die in Verstoß geratene Akte noch zu finden. Im Archiv konnte das
Dossier nicht sein, denn im Register, in dem alle Geschäftsfälle verzeichnet
waren, wurde die Akte als offen geführt. Trotzdem wurde Nachschau gehalten -
vergebens. Aus den Augenwinkeln beobachtete Patry Madame - es war
augenscheinlich, sie focht einen inneren Kampf aus. Sybille lag mit ihrem
Verdacht richtig. Als sie alles durchsucht hatten, räumten die Männer
unauffällig das Feld. Zuvor wurde das Protokoll der Nachschau von allen
Beteiligten unterschrieben. Zurück blieb eine bis ins Mark verunsicherte
Kanzleileiterin, die unter ihrem dezenten Make-up erblasst durchs Büro ging. Es
war nicht zu übersehen, Madame standen einige schlaflose Nächte bevor.
    Der
Kommissar ließ zwei Tage verstreichen, dann rief er Madame Couvre an und
bestellte Sie in das Polizeipräsidium. Er war nicht besonders verbindlich, ließ
nicht über eine Verschiebung des Termins mit sich reden und gab sich auf ihre
Fragen zugeknöpft. Das Telefonat verlief korrekt, aber unpersönlich. Das veränderte
Verhalten des Kommissars war nicht zu überhören. Madame erschien auf die Minute
pünktlich im Präsidium. Zehn Minuten ließ Patry sie auf dem Flur zappeln, dann
bat er sie ins Büro.
    »Madame,
dies ist eine polizeiliche Einvernahme. Sie sind derzeit keine Verdächtige,
sondern eine Auskunftsperson. Irgendwann werden Sie diese Angaben vor Gericht
bestätigen müssen - deshalb ermahne ich Sie, die Wahrheit zu sagen. Bevor ich
jedoch mit der Vernehmung beginne, frage ich, ob Sie mir vielleicht etwas aus
freien Stücken sagen wollen. Es ist Ihre Entscheidung … doch wenn es so ist,
wären Sie gut beraten, von meinem Angebot Gebrauch zu machen.«
    Der
Kommissar betrachtete den Ficus Benjaminus in der Ecke mit leidvollem Blick,
während Madame verzweifelt mit ihrem Schicksal haderte. Die Pflanze war
sichtlich auf dem Weg ins Jenseits, ihre Blätter rollten sich ein und waren an
den Rändern braun.
    »Vermutlich
vertragen die Pflanzen die Menschen, die diesen Raum bevölkern, nicht - es ist
kein Wunder.«, philosophierte Patry ganz allein für sich.
    Madame
hingegen, weiß wie eine gekalkte Wand, schwieg. Sie saß auf dem Besuchermöbel
wie ein Delinquent, der auf dem elektrischen Stuhl den erlösenden Stromstoß
erwartet. Während ihre Nasenflügel heftig bebten, presste sie die Lippen
zusammen. Das konnte der Kommissar nicht übersehen. Er hob wartend die Augenbrauen
und eröffnete das Gespräch.
    »Nun
gut, ganz wie Sie möchten! Ich muss Ihnen sicherlich nicht erklären, dass
Entführung ein schweres Verbrechen ist. Und jeder, der die Tat unterstützt oder
Informationen, die zur Aufklärung des Verbrechens führen könnten, zurückhält,
ist Mittäter. Ich gehe davon aus, dass Sie über die Strafandrohungen im Bilde
sind.« Madame brach innerlich zusammen - doch sie schwieg weiter. Für das
Durchhaltevermögen zollte der Kommissar Anerkennung, führte aber nichtsdestoweniger
den vernichtenden Todesstoß, indem er ihr anbot: »Möchten Sie einen Strafverteidiger
hinzuziehen?« Einen Augenblick schwankte Madame. Dann legte sie ihr Gesicht in
die Hände und raffte sich schlussendlich auf. Sie setzte sich gerade und sah
dem Kommissar in die Augen.
     »Ich
werde Ihnen alles sagen was ich weiß - nur, ich habe mit dem Verschwinden vom
Maître und seiner Frau nichts zu tun, bitte! Ich darf doch davon ausgehen, dass
Sie mich nicht in Verdacht haben, in dieses schreckliche Verbrechen verwickelt
zu sein!« Patry äußerte sich nicht, wenngleich er in Madame sicher keine
Tatverdächtige sah, sondern eine Person, die, aus welchen Gründen auch immer,
relevante Fakten verschwieg. Sie fuhr fort und bat darum, aufstehen zu dürfen,
der Rücken. Patry nickte und Madame ging mit kurzen Schritten im Büro auf und
ab, während sie erzählte.
    »Der
Herr Notar hat sich mir vor langer Zeit

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