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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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zwei, drei Schritte, dann war es vorbei. Die Krücke lag auf dem Boden, die brauchte sie nicht.
    Dann ging man halt ein bißchen holprig ab und zu, ja gut. Irgendwas hatte die Henkel gefragt vorhin, Was hast du schon groß, ja. Das war nicht so wild, und sie hatte ja längst keinen Sportunterricht mehr. »Nein«, sagte sie. »Sport liegt auch nicht jedem.« Sie drehte sich um. »Der ganze Kram da, Holm, Ringe, Barren. Die Sportlehrerin hat gesagt, ich brauchte bloß die Arme dazu, man braucht keine Beine für die Ringe, ich soll nicht so dämlich sein, aber haben Sie mal einen Beinlosen an Ringen gesehen? Der brauchte ja strenggenommen auch bloß die Arme – es gibt schon Idioten, nicht? Aber ich war dann in anderen Dingen besser als andere.«
    Sie sah hin, ob die Henkel lachte. Machte sie nicht. Sicher hatte sie Schwierigkeiten zu sprechen, weil ihr noch etwas weh tat oder weil ihr Mund so trocken war, das Wasser von vorhin hatte sie wieder ausgespuckt. Jetzt sprach sie mit den Augen und man verstand. Biggi hatte ein bißchen Hemmungen, sie zu duzen, was eigentlich albern war. Meistens hatte sie Schwierigkeiten damit, aber die Henkel hatte sie doch gerade eben selbst geduzt, oder?
    Ja sicher. Das hatte seine Bedeutung. Sie war auch nicht gestorben, als sie gestürzt war, auch das hatte seine Bedeutung. So ein bißchen wie Schicksal, wenn man daran glaubte. Biggi senkte den Kopf, um ihr wieder in die Augen zu sehen; ruhig guckte sie zurück. Hörte zu. Ina hieß sie, mußte man sich dran gewöhnen. Eigentlich war sie nett. Bißchen lebhafter als sie selber, vielleicht auch unbedarfter. Machte sich nicht so viele Gedanken über alles. Man könnte mal ins Kino oder zusammen was essen, wenn sie wieder auf dem Damm war, wenn sie das wollte. Das war doch das Schöne am Leben, daß man Spaß haben konnte, lachen und so. Sie war interessiert, ja, sie guckte nicht gelangweilt weg und würde bestimmt nicht sagen, Nein, du, geht nicht, hab keine Zeit. Oder vielleicht sogar zusammen auf Männerfang – komischer Gedanke. Mußte man sich ebenfalls dran gewöhnen.
    »Soll ich – hm – dir noch was zu trinken holen?«
    Ja? Ja, sie war dankbar. Sie brauchte sie jetzt. Ihr Atem ging etwas heftig und sie blutete noch, das bekam man aber wieder hin. Biggi ging in die Küche, die ziemlich schmutzig war, gerade auf dem Steinboden sahen die Fußabdrücke übel aus. So durfte man eine Küche nicht hinterlassen, das war ein Florentiner Muster auf dem Boden, das war empfindlich. Sie füllte das Wasserglas, nahm ein Handtuch vom Haken und sah nach, wie sauber es war; mit einem schmutzigen Tuch in eine Wunde war gefährlich. Sie machte es naß, ging zurück und kniete sich vor Ina hin, stützte ihren Kopf ein bißchen, als sie ihr zu trinken gab.
    »Langsam«, sagte sie, weil wieder etwas rauslief, und sie drückte ihren Oberkörper an die Wand zurück. Das mochte sie jetzt nicht, ihre Augen weiteten sich und sie schien sich zu fürchten, aber das mußte sein, weil sie doch sonst kippte. Vielleicht war es zu heftig gewesen, war sie zu rauh mit ihr.
    »Gib acht«, sagte sie leise. »Wir kriegen dich schon wieder hin.«
    Mit dem nassen Tuch wischte sie ihr die Stirn und fuhr dann behutsam über die Wunde am Hals. Sicher gab es irgendwo Pflaster hier, im Bad wohl, jetzt konnte man wieder ins Bad, jetzt war es sauber. »Ist gut«, murmelte sie, »das wird wieder.« Am Hals war es hartnäckig, das Blut, und sie nahm eine frische Stelle vom Tuch und tupfte erneut und dann so ein Reißen ein Reißen am Kopf, an den Haaren, und sie ließ das Tuch fallen und schrie etwas, das sie selber nicht verstand, und dann ging es herunter, wurden ihre Schultern heruntergedrückt und sekundenlang sah sie böse Augen, nur Haß, dann knallte ihr Kopf auf den Boden, und sie wollte das nicht, es tat so weh, doch es kam etwas auf sie zu, ein schweres Ding, ein Stock, und sie wollte wieder hoch und dann der Knall auf ihrem Kopf, warum denn, etwas platzte doch in ihr, und sie wollte sagen, daß
     
    Weiter, weil die zappelte und schrie, die Benz, und schuld an allen Schmerzen war, und weil sie das Ding, das sie jetzt in der Hand hielt, nie wieder loslassen würde, und weiter, noch einmal den Arm bewegen, nur bewegen, weiter, halb auf den Knien, weiter, weil sie nicht wußte, ob sie traf, weil sie nicht fühlen konnte, daß sie schlug, immer weiter, bis du aufhörst, dich zu bewegen weiter, bis sie ihren eigenen Schrei hörte und etwas zu Boden fiel und ihr Arm in der

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