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Mina (German Edition)

Mina (German Edition)

Titel: Mina (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Almond
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Myers bewegten. Ich stellte mir vor, wie sie den abbröckelnden Putz an der Decke betrachteten, die Toilette im Esszimmer, die verfallene Garage im Hinterhof.
    „Lasst euch nicht entmutigen“, sagte ich im Stillen. „Es muss hier in der Gegend dringend mal etwas geboren werden.“
    Endlich kamen sie wieder heraus.
    Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. Der Mann in dem Anzug fuhr davon. Der andere Mann grinste und breitete die Arme aus, als ob er das ganze Haus damit umfassen wollte. Die Frau bürstete sich mit den Händen ab, um Staub und Schmutz loszuwerden. Der Mann flüsterte ihr etwas zu. Er streichelte ihren Bauch. Beide hielten sie den Bauch umfasst. Sie lachte. Der Junge starrte zu Boden. Er stampfte auf. Er runzelte die Stirn. Vermutlich fluchte er. Wieder trat er gegen die Erde. Und wieder.
    Sie fuhren weg. Die Dämmerung zog auf. Vogelgesang erhob sich über der Straße.
    Ich ging die Treppe hinunter.
    „Neue Interessenten für das Haus von Mr Myers“, sagte ich.
    „Schön“, sagte Mama. „Langweilige Interessenten oder interessante Interessenten?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Es war auch ein Immobilienmakler dabei.“
    „Dann waren sie wohl sehr interessiert.“
    „Die Frau sah gar nicht interessiert aus. Der Junge auch nicht.“
    „Der Junge ?“
    „Ja, Mama. Der Junge.“
    „Wäre das nicht schön?“
    „Ja, vielleicht. Und die Frau bekommt ein Baby.“
    „Also das wäre wirklich schön!“
    Sie lächelte, streckte den Arm aus und strubbelte mir durch das Haar. „Und was hast du heute so gemacht?“
    „Ich habe mich mit einer alten Dame mit morschen Knochen unterhalten, für Persephone getanzt, war in jemandes Traum, habe über Pisse und Schweiß und Spucke nachgedacht, Wo die wilden Kerle wohnen gelesen und tausend Worte für Freude aufgeschrieben.“
    Sie lachte. „Das klingt nach einem erfolgreichen Tag.“
    4 Eine seltsame Vorstellung. Vielleicht ist der Versuch, sich zu erinnern, wenn man jung ist, so ähnlich wie der Versuch, sich zu erinnern, wenn man alt ist. Wenn er auf die Straße hinausschaute, fühlte sich Ernie Myers vielleicht so, wie ich mich fühle, wenn ich in die Vergangenheit schaue. Die Jungen und die Alten sind sich schließlich in mancherlei Hinsicht ähnlich.

Außergewöhnliche Aktivität
Freudige Fassung.
    Schreibe eine Seite mit Wörtern für Freude.
    Außergewöhnliche Aktivität
Traurige Fassung.
    Schreibe eine Seite mit Wörtern für Traurigkeit.

Großvater, Eulen und keine Affen
    Jetzt ist es Nacht. Keine Sterne. Nebel hängt in den Straßen. Überall glitzert der Raureif. „ ES IST DOCH FRÜHLING !“, möchte ich schreien. „ ALSO TRITT DEM WINTER IN DEN HINTERN , PERSEPHONE !“
    Aus der Richtung von Mr Myers’ Haus schreit eine Eule. Sie schreit noch ein zweites Mal, und eine andere Eule antwortet.
    Eulen. Ich fühle mich ihnen so nahe. Ich teile ein Heim mit ihnen.
    „Gute Nacht, Eulen“, flüstere ich. „Morgen schreibe ich eure Geschichte auf.“
    Huu.
               Hu-huuu.
    Hu-huuu.

Der Vater von Minas Mutter war Seemann. Schon als junger Mann hatte er die Welt umsegelt. Er war überall gewesen, an so vielen exotisch klingenden Orten wie Santiago, San Francisco, Kairo, Casablanca, Java, Buenos Aires, Fidschi, Honduras, Tokio, Reykjavik, Manila, Singapur, Bangkok, Abu Dhabi, Hanoi … Die Liste ist endlos lang – oder zumindest so lang, wie es exotisch klingende Orte gibt.
    Mina erinnerte sich an die Postkarten von all diesen Orten, die sie als ganz kleines Mädchen bekommen hatte. Ihr Großvater war so oft unterwegs, dass Mina ihm nur ein paarmal begegnete. Sie erinnerte sich an einen geschäftigen und lustigen Mann mit einem lauten Lachen und haselnussbrauner Haut. Sie erinnerte sich an seine Geschichten über Löwen und Tiger und Krokodile, gegen die er in einem Dschungel am Ende der Welt gekämpft hatte, über die Wale, mit denen er geschwommen war, an die wilden Meeresstrudel, denen er entkommen war, an die Schätze, die er in versunkenen Galeonen entdeckt hatte. Er sagte, dass er ihr eines Tages eine Schatzkiste mitbringen würde. Und einen Affen. Schon damals wusste sie, dass die Geschichten und Versprechen erfunden waren. Sie wusste genau, dass Löwen nicht im Dschungel leben. Aber irgendwie hoffte sie, dass die Sache mit dem Affen wahr werden würde.
    Er versprach immer, dass er nicht mehr zur See fahren würde, dass er sich zur Ruhe setzen und in das Haus in der Crow Road zurückkehren

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