Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
musste! Vielleicht war er ja verletzt?
»Caroline, wenn Sie
uns bitte einen Moment allein lassen würden. Ich muss mit Miss Nell sprechen.«
Lady Denver plusterte
sich empört auf, wagte es aber nicht, sich Angelica zu widersetzen, die
gesellschaftlich weit über ihr stand. Sobald sich die Tür hinter den
voluminösen Röcken der Dame geschlossen hatte, griff Nell in ihre Tasche und
holte den Brief hervor, den Mikhail ihr für seine Schwester mitgegeben hatte.
»Ihr Bruder hat mich
gebeten, Ihnen dieses Schreiben zu überreichen, er meinte, Ihr Mann könnte die Kinder
beschützen.« Sie reichte Angelica den Brief. »Er selbst ist auf Shelton Hall
zurückgeblieben. Er hat vor, sich ihnen zu stellen. Er sagte, seine Chancen
stehen gut, aber ...«, die Worte sprudelten nur so aus Nell hervor.
Die Prinzessin
musterte sie verwirrt. »Einen Moment Bitte fangen Sie ganz
von vorne an. Wo ist Mikhail?«
Nell holte tief Luft.
»Tut mir leid, ich weiß, dies ist nicht der rechte Zeitpunkt, um in Panik
auszubrechen, aber ich nun, ich habe ein paar schwere Tage hinter mir, und bei
Nelsons fehlendem Auge, ich habe versprochen, mich um die Kinder zu kümmern,
aber er bestand darauf, uns fortzuschicken ...«
»Bitte!« Angelica
legte Mitja neben Katja und schüttelte Nell bei den Schultern. »Sie müssen sich
beruhigen! Alles ist gut. Die Gefahr ist vorbei, in London sind die Kinder in
Sicherheit.«
»In Sicherheit?«
Unmöglich. Sie hatten auch geglaubt, in New Hampton in Sicherheit zu sein, aber
sie hatten sich geirrt. »Wie können Sie da so sicher sein?«
»Mein Mann und die
anderen haben die Namen der Schurken herausgefunden, die hinter den geplanten
Anschlägen auf unsere Kinder stecken. Sie wurden alle festgenommen.«
Festgenommen? Auch
die, die ihnen vor ein paar Tagen gefolgt waren? »Alle? Auch die in New
Hampton?«
»New Hampton? Wann?
Wie viele waren das?« Angelica war vollkommen verwirrt.
»Vor vier Tagen.
Drei, glaube ich. Aber Mikhail war sicher, dass noch mehr in Shelton Hall auf
ihn warten würden. Er hoffte es sogar, denn das war sein Plan.«
»Dieser Narr!«
Erzürnt wandte sich
die Prinzessin von Nell ab. Wortlos starrte sie in eine
Zimmerecke. Was tat sie?
Kurz darauf drehte
sich Angelica wieder zu ihr um.
»Mein Mann ist schon
unterwegs. Er wird sofort ein paar Männer nach Shelton Hall schicken.«
Nell versuchte ihre Überraschung zu
verbergen. Wann hatte die Prinzessin ihren Mann
kontaktiert? Sie verstand das alles nicht. Das wollte sie auch gerade sagen,
aber Angelica hatte inzwischen Mikhails Brief geöffnet und las ihn rasch durch.
In diesem Moment
stieß Katja ein leises Wimmern aus. Nell beugte sich automatisch über sie und
sprach beruhigend auf sie ein. »Psst, Schätzchen, kein Grund zum Weinen.« Die
Kleine verzog das Gesicht, aber ihre Unterlippe hörte auf zu zittern, was ein
gutes Zeichen war. Wenn jetzt bloß nicht Mitja auch noch anfing ...
»Nell.«
Nell blickte auf.
Angelica schaute sie mit einem überraschten Ausdruck an, den Nell mit einem
fragenden erwiderte.
»Mein Bruder schreibt
hier, dass ich mir keine Sorgen um die Sicherheit der Kinder machen muss,
solange Sie bei ihnen sind. Er schreibt auch, dass ich Sie bitten soll, das zu
erklären, wenn Sie wollen.«
Nell verzog das
Gesicht. Wie viele mussten denn noch von ihrem hässlichen Geheimnis erfahren,
bis diese schreckliche Sache endlich vorüber war?
25.
Kapitel
Lady Violet Bruce saß
auf einer blauen Polsterbank. In ihrem grünen Crêpekleid mit den langen weißen
Handschuhen, die ihr bis zum Ellbogen reichten, hätte sie niemand für etwas
anderes gehalten, als ein angesehenes Mitglied der illustren Londoner
Gesellschaft. Nur jene, die sie vor zwei Jahren im Zirkus des alten Graham
hatten spielen sehen, wussten es besser: Dies war die frühere »Lady Violine«,
die die Zuschauer mit ihrem Geigenspiel verzaubert hatte.
Aber nur die Vampire
wussten, wer sie in Wahrheit war. Prinzessin Angelica Kourakins Cousine, Ismail
Bilens Tochter und Gattin von Lord Patrick Bruce, dem Oberhaupt des Nordclans,
und ihre kleine Tochter Catherine, die friedlich in den Armen ihres Vaters
schlief, war ebenso eine Auserwählte, wie sie selbst.
»Vertraust du ihr?«,
erkundigte sich Violet bei ihrer Cousine. Sie sprach leise, um die Kinder nicht
aufzuwecken. Es war spät, doch hatte es keins der beiden Elternpaare übers Herz
gebracht, die Kinder schon wieder aus den Augen zu lassen, nachdem sie ihnen
einen Monat lang gefehlt
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