Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
Nell
dorthin und ließ sich mit einem Seufzer der Erleichterung nieder. Dann schlug
sie die Decke zurück, in die sie die Kinder gewickelt hatte. Beide schliefen
mit rosigen Wangen, die kleinen Fäustchen unters Kinn gezogen. Vielleicht waren
sie ja jetzt endlich in Sicherheit... Mit diesem tröstlichen Gedanken schlief
Nell ein.
»Diese unmögliche
Dienstmagd! Sie sollten sie auf der Stelle entlassen, Prinzessin Kourakin!
Gerade war sie noch hier!«
Nell fuhr mit einem
Ruck aus dem Schlaf. Lady Denvers Stimme war durchdringender als jedes
Tamburin! Ein rascher Blick zum Fenster zeigte ihr, dass bereits die Dämmerung
hereingebrochen war - sie musste mindestens zwei Stunden geschlafen haben!
Rasch schaute sie nach den Kindern. Beide waren wach. Und wahrscheinlich
schrecklich hungrig, die armen Schätzchen!
»Caroline, bitte
erklären Sie es mir noch einmal. Was genau hat mein Bruder gesagt?«
»Nun ja, wie gesagt,
es ging alles so schnell, der Arme hatte nur Zeit, mir einen Brief zu schicken
...«
Nell war aufgestanden
und wollte gerade zur Tür gehen, als die beiden Frauen auch schon hereinkamen.
Nell erkannte sofort die Ähnlichkeit der ihr Unbekannten mit Mikhail. Das
musste seine Schwester sein.
»Angelica?«, fragte
sie zögernd, aber die Frau beachtete sie kaum, ihr Blick hatte sich sofort auf
die Kinder gerichtet.
»Mein Gott!«
Angelica rannte auf
sie zu, die Arme nach den Kindern ausgestreckt. Nell war fast sicher, dass
diese Frau Mikhails Schwester war, aber eben nur fast. Und der kleine Rest
Zweifel bewirkte, dass sie sich automatisch abwandte, um die Kinder zu
schützen.
»Wie kannst du es
wagen, du unverschämte kleine Ratte!« Lady Denver kam mit zornrotem Gesicht auf
sie zugeschritten und holte aus. Nell krümmte den Oberkörper schützend über die
Kinder, damit die Frau nicht aus Versehen die Kinder traf. Ein lautes Klatschen
ertönte, und Nell klingelten die Ohren. Ihre Wange brannte, sie schwankte und
hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Diese Gelegenheit ausnützend, riss
ihr Lady Denver die Kinder aus den Armen. In diesem Moment stürzten zwei Pagen
herein, die durch den Lärm alarmiert worden waren.
»Bringen Sie diese,
diese ... Bringen Sie sie weg!«, befahl Lady Denver.
Nell wehrte sich
nicht, als die beiden Pagen sie daraufhin bei den Armen packten, sie war sogar
froh um die Stütze, da sie beinahe zusammengebrochen wäre.
»Stop!«, befahl nun
die Prinzessin, die endlich aus ihrer momentanen Starre erwacht war. »Caroline,
geben Sie mir die Kinder.«
Als Lady Denver den
zornigen Gesichtsausdruck der Prinzessin sah, gab sie sogleich die Kinder
heraus. »Natürlich!«, stammelte sie, »ich habe sie ja nur für Sie gehalten.
Aber diese dreckige kleine ...«
»Genug!«
Angelicas Blick
richtete sich nun auf Nell. Einen Moment lang musterte sie sie zweifelnd, doch
all das war vergessen, sobald sie die Kinder in den Armen hielt. Nell sackte
erleichtert zusammen. Nur eine Mutter konnte ihre Kinder auf diese Weise
anschauen. Sie musste Mikhails Schwester sein, aber eine Prinzessin ? Da musste ein
Versehen vorliegen ...
Die Prinzessin
blickte auf. »Ich bin Mikhails Schwester.«
Nell riss verblüfft
die Augen auf. Hatte sie laut gedacht? Aber egal warum die Prinzessin ihre
unausgesprochene Frage beantwortet hatte, es war genau das, was sie hören
wollte.
»Gott sei Dank!«,
stieß sie erleichtert hervor. »Ich wusste nicht, wem ich vertrauen kann, und
wir waren auf der Flucht und ...« Sie wollte einen Schritt machen, wurde jedoch
von den Pagen festgehalten. Das erinnerte sie daran, dass sie kein willkommener
Gast in diesem Hause war.
»Ihr Name?«, fragte
Angelica barsch, als ob sie nichts von dem gehört hätte, was Nell gesagt hatte.
»Nell«, antwortete
diese verlegen. Sie wusste nicht, wie man eine Prinzessin korrekt anredete, und
es war schwer, an Manieren zu denken, wenn man nicht wusste, ob der Mann, den
man liebte, in Sicherheit war oder nicht. Und die Kinder. »Ich heiße Nell, Euer
Gnaden.«
»Nell«, wiederholte
Angelica langsam. »Lasst uns allein«, befahl sie den Pagen.
Die Männer ließen
Nell los und verschwanden ohne Zögern.
»Aber Prinzessin
Kourakin, Sie können diese unverschämte Person doch nicht so einfach laufen
lassen!«, beschwerte sich Lady Denver. Nell wünschte aus ganzem Herzen, sie
würde verschwinden, damit sie allein mit Mikhails Schwester reden konnte. Sie
musste ihr doch sagen, was Mikhail plante, wo er war. Und dass ihm jemand
helfen
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