Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
etwas Ungehörigeres? Nun,
wenn das der Fall sein sollte, warum habe ich dann keinen Schrei gehört? Nell
scheint mir nicht zu den Frauen zu gehören, die sich widerstandslos von jedem
›anfassen‹ lassen.«
Mikhails Nasenflügel
bebten, seine Worte dagegen klangen beherrscht. »Ich weiß, was ich gesehen
habe, es ist der älteste Trick der Welt. Die Dame merkt oft gar nicht, was los
ist, sie denkt, es ist ein Versehen. Dass er sie nur festhalten wollte!«
Mikhail wollte schon
wieder auf die Tanzfläche stürmen, doch Alexander vertrat ihm energisch den
Weg.
Beide Vampire
schwiegen und überlegten, wie sie es am taktvollsten ausdrücken könnten. Leider
waren beide keine Diplomaten.
Patrick versuchte es
zumindest. »Wenn Ismail hier wäre, würde er die richtigen Worte finden. Aber
wir können nicht alle Mystiker sein, und ich will es mal einfach ausdrücken:
Dieser Frau tust du besser nicht weh, Mikhail Ich stehe tief in ihrer Schuld,
und Alexander ebenso. Und du übrigens auch. Es
wäre mir sehr unangenehm, wenn ich dich zu Brei schlagen
müsste. Meine Frau hängt an dir.«
Mikhail schnappte
empört nach Luft.
Alexander bedachte
seinen Freund mit einem vorwurfsvollen Blick und sagte: »Die Axt im Walde. Von
einem so berühmten Dichter wie dir hätte ich etwas mehr Eloquenz und
Taktgefühl erwartet. Trotzdem hat er recht, Mikhail. Wir wissen, du magst
Frauen, aber ...«
Mikhail schwieg so
lange, dass Alexander und Patrick schon glaubten, er würde nichts mehr sagen.
Immerhin waren sie froh zu sehen, dass er sich offenbar wieder im Griff hatte.
»Ihr habt recht. Ich
liebe Frauen, aber nicht solche, die andere Männer lieben. Wenn ihr mich also
entschuldigen würdet.« Mit vollendeter Selbstbeherrschung machte Mikhail kehrt
und steuerte schnurstracks auf eine Gruppe kichernder Frauen zu.
»Unterwegs zu neuen
Abenteuern«, bemerkte Alexander.
Er und Patrick
beobachteten, wie Mikhail Sekunden später mit einer hübschen Blondine am Arm aus
der Gruppe auftauchte. »Wie kommt es, dass uns das entgangen ist?«
»Wie nicht? Hast du
sie je zusammen gesehen? Ich nicht.«
»Nein, ich auch
nicht«, seufzte Patrick. »Muss passiert sein, als sie in dem Dorf waren. So
habe ich ihn noch nie erlebt.«
Auf Alexanders Gesicht machte sich
ein Grinsen breit.
Du meinst, du hast
ihn noch nie verliebt gesehen.«
»Und dieser
Eifersuchtsanfall? So was erlebe ich nur, wenn ein Kerl deiner Frau zu nahe
kommt«, lachte Patrick.
»Das kommt daher,
weil du dir nie einen Spiegel vors Gesicht hältst, wenn deine geliebte Violet
mal wieder Zigeunerbesuch bekommt.«
Patrick tat, als
würde er protestieren, aber seinen Freund beeindruckte das nicht. Wenn es um
ihre Frauen ging, gerieten beide sehr schnell durcheinander.
Den Blick auf den in
Richtung Tanzfläche entschwindenden Mikhail gerichtet, sprach Alexander die
Frage aus, die ihn am meisten beschäftigte. »Ob sie dasselbe für ihn
empfindet?«
»Freund, wir sprechen
hier von Mikhail! Welche Frau liebt ihn nicht?«, sagte Patrick achselzuckend.
»Wie wahr.« Alexander
grinste erleichtert. »Sollen wir es Angelica und Violet verraten?«
»Ist dir dein Leben
lieb, Clanführer?«, entgegnete Patrick sarkastisch.
»Du meinst, sie
werden kreischen?«
»O ja, das befürchte
ich stark. Ich würde dir raten, dabei den kleinen Mitja zu halten, der ist ein
guter Puffer.«
Alexander hielt das
für eine ausgezeichnete Idee.
32. Kapitel
Die Decke drehte sich
über ihr und verstärkte ihr Gefühl, sich in einem Traum zu befinden, einem
wundervollen Traum. Dieser Ballsaal, ihr Kleid, all die feinen Leute ... sie
konnte kaum glauben, dass sie wirklich hier war. Vor kaum zwei Monaten war sie
noch als Gouvernante unterwegs zum Kontinent gewesen. Und jetzt befand sie sich
in London und verkehrte in den höchsten Kreisen! Sie fühlte sich schon fast
selbst wie eine Prinzessin!
Bei der Kutte des
heiligen Petrus, sie musste zur Besinnung kommen! Aber wie konnte sie, wenn
jedes Mal, sobald sie sich zu kneifen versuchte, etwas Wundervolles geschah?
»Sie sehen glücklich
aus, Miss Witherspoon. Darf ich hoffen, dass ich ein klein wenig damit zu tun
habe?«
Nell blickte
überrascht zu ihrem Tanzpartner auf. Lord Pemberville hatte sie praktisch den
Händen ihres vorherigen Tanzpartners entrissen und sich als ein Freund der
Prinzessin Angelica vorgestellt. Ein selbstbewusster Mann mit ausdrucksvollen
Augen und einem schmalen Oberlippenbärtchen, das ihm etwas leise
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