Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
Bettkante. Er mochte Anastasia
nicht sonderlich; tatsächlich ertrug er sie nur, weil sie wie er zu den
Ältesten gehörte und er daher hoffte, sie schwängern zu können. Bisher hatte
sie ihn nur enttäuscht. Seit Wochen teilte er das Bett mit ihr, und sie war
immer noch nicht guter Hoffnung.
Einfach unerträglich,
wie schwer es den Vampiren fiel, sich zu vermehren. Die schwachen Menschen
dagegen setzten einen Balg nach dem anderen in die Welt. Aber so würde es nicht
mehr lange bleiben! Ramil wusste genau, was er mit all den Menschen anfangen
würde, wenn die Vampire endlich an der Macht waren: Es würde ein Fest geben.
Auf jedem Tisch ein Menschenkind!
Ramil sprang auf und
schritt nackt aus dem Schlafzimmer. Er ging den langen Gang entlang bis zu
seinem Ende, wo der große Raum lag, den sie als Labor eingerichtet hatten.
»Wer ist da?«
Das Labor war nur
schwach beleuchtet, aber Ramils scharfe Vampiraugen hatten keine Mühe, alles
gut zu erkennen. Er ging an zahlreichen Glasflaschen und -kolben, Schläuchen
und Instrumenten vorbei auf den glatzköpfigen Mann im Kapuzenmantel zu.
»Ramil! Entschuldige,
ich habe nicht gleich erkannt, dass du es bist.«
Ohne die
Entschuldigung des Wissenschaftlers zur Kenntnis zu nehmen, glitt Ramils Blick
über die Menschenfrau . Sie war hübsch, hatte lange, dunkle Haare und eine
zierliche Taille. Ihr nackter Leib war makellos, die Hüften breit genug, um
Kindern das Leben zu schenken. Gut. Über der Frau hing
eine eigenartige Holzschachtel mit einer labyrinthartigen Struktur. Ein
Schlauch, der im Arm des Mädchens steckte, war mit dieser Box verbunden.
»Diesmal wird es doch
wohl funktionieren, hoffe ich?«
Ein Mädchen nach dem
anderen war auf dem Tisch gestorben, verbunden mit dieser Transfusionsbox. Die Toten machten
Ramil nichts aus, das Fehlschlagen des Experiments dagegen schon. Seine Geduld
war am Ende, und das spürte auch der Wissenschaftler. Hastig bemühte er sich um
eine Erklärung.
»Ich habe zuvor den
Fehler gemacht, die Mädchen auszutrinken, bevor sie genügend Vampirblut in den
Adern hatten. Sie starben, bevor sich die Wandlung vollziehen konnte. Diesen
Fehler mache ich diesmal nicht, aber es ist trotzdem ein äußerst kniffliger
Prozess ...«
»Genug!«
Ramil wandte sich
zornig von dem Wissenschaftler und seinem »Experiment« ab. »Ich habe genug von
deinen Ausflüchten. Wenn du's diesmal nicht schaffst, wirst du die Konsequenzen
tragen müssen!«
Die Hände zu Fäusten
geballt, schritt Ramil wieder aus dem Zimmer. Die Zeit war reif. Schon bald
wären die Clanführer genau da, wo er sie haben wollte. Bald schon würde er seinem
Volk den wahren, den richtigen Weg zeigen, und die Welt würde die wahre Ordnung
der Lebewesen kennen lernen. Es waren die Vampire, die herrschen sollten, und
die Menschen mussten ihnen dienen. Und diese Missgeburten, die sich Auserwählte nannten, mussten vom
Erdboden getilgt werden ...
Er stieß die Tür zu
Anastasias Gemach so heftig auf, dass sie gegen die Wand prallte. Die
Vampirfrau hatte sich nicht von der Stelle gerührt, blickte ihm erwartungsvoll
vom Bett aus entgegen. Sie kannte seine Gewohnheiten und freute sich, als sie
sah, wie zornig er war. So mochte sie es am liebsten: hart und brutal.
Im nächsten Moment
schon war er über ihr, warf sie auf den Bauch, zwang sie, sich auf alle viere
aufzurichten. Bald wäre er der Anführer ihres Volks, und die Menschen würden
vor ihnen im Staub kriechen, aber noch waren sie zu wenige. Das hatte ihn das
Schicksal seines Bruders gelehrt. Sergej war Visionär gewesen, ein Vampir, der
wusste, was er zu tun hatte. Aber er war verraten worden. Wutentbrannt krallte Ramil
seine Finger in Anastasias zarte Haut. Blut quoll hervor.
Zuerst würde er die
Clanführer beseitigen, dann begann ein neues Zeitalter. Sobald das Experiment
gelang und genügend Menschen umgewandelt waren, würde er den Rest der
Menschheit in die Knie zwingen, so wie die kleine Anastasia vor ihm auf den
Knien lag.
31. Kapitel
Lächelnd nahm Mikhail
die Begrüßung Dutzender Freunde und Bekannter entgegen, die ihm alle
versicherten, wie sehr sie ihn vermisst hatten. Das hätte ihn eigentlich freuen
sollen. Wer wurde nicht gerne vermisst? Aber aus irgendeinem Grunde gingen ihm
die freundlichen Worte, das kumpelhafte Schulterklopfen heute nur auf die
Nerven.
Vielleicht brütete er
ja etwas aus. Eine Erkältung. Das würde erklären, warum es ihm heute Abend gar
so schwer fiel, mit seinen Freunden zu
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