Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
sie sanft auf Anna sinken, ohne sie zu wecken.
Zurück im Wohnzimmer reckte er sich kurz, bevor er sich auf das Sofa setzte und die Augen schloss. Er öffnete seinen Geist in alle Richtungen, machte sich für einen Kontakt mit Nika bereit.
Es dauerte nicht lange, bis auch er eingeschlafen war.
Shane döste im Liegestuhl auf seinem zuvor unzugänglichen Balkon in der Sonne. Er hatte die verschlossene Schiebetür innerhalb von Minuten aufbekommen, nachdem Michelle Mackenzie ihn hier abgeliefert hatte. Das luxuriöse Quartier roch für seinen Geschmack ein wenig zu sehr nach einer Arrestzelle.
Vielleicht hatte er auch gehofft, dass Mac zurückgerannt käme, wenn der Alarm losging. Aber nichts passierte. Kein Klingeln, kein Summen. Auch keine rot blinkenden Lichter – zumindest, soweit er sehen konnte –, als er in den Frühlingsmorgen trat.
Und das war in Ordnung. Denn er ging nirgendwohin. Er wollte nur klarstellen, dass, wenn sie ihn wirklich festhalten wollten, sie ihn schon buchstäblich in ihrem Knast an die Wand ketten mussten.
Er nahm an, dass sie richtige Zellen in ihrem Knast drüben im Sicherheitsgebäude hatten. Andererseits hätte er auch angenommen, dass sie richtige Waffen hätten anstatt Betäubungspistolen, also irrte er sich vielleicht auch hier.
Shane aß eine Schüssel Cornflakes und noch eine von diesen perfekten Bananen, während er dasaß und über alles nachdachte, was Mac ihm erzählt hatte – dass sie ihre Superkräfte benutzt hatte, damit er scharf auf sie war, und dass er sie keines Blickes gewürdigt hätte, wenn sie ihr Voodoo nicht angewendet hätte. Vermutlich war das möglich – in dieser neuen Welt, in die er geraten war, wo Drogensüchtige fliegen und Profis mit Doktortitel einen Navy SEAL mit ihren bloßen Gedanken komplett bewegungsunfähig machen konnten. Aber er glaubte es nicht so ganz.
Dann unterbrach er die Grübeleien und dachte stattdessen an Mac. Sie war ein wesentlich angenehmeres Thema als seine Sorgen um Johnny und Owen und all die anderen guten Männer, die im SEAL-Team Dreizehn unter ihm gedient hatten.
Die Glückszahl Dreizehn …
Shane konzentrierte sich stattdessen auf seine Erinnerungen an letzte Nacht, legte den Kopf zurück, die Füße hoch und schloss die Augen. In seiner Erschöpfung fiel er augenblicklich in einen tiefen Schlaf, überzeugt, dass irgendjemand – hoffentlich Mac selbst – ihn in ein paar Stunden zu dieser mysteriösen Besprechung in Bachs Büro holen würde, wo das auch immer war.
Er hatte noch nicht allzu lang geschlafen, als er plötzlich mit einem Schlag wach wurde. Als SEAL hatte er intensiv trainiert, sämtliche Synapsen zu aktivieren, noch ehe er die Augen aufmachte. Und dieses Mal fand er sich sogar auf den Beinen wieder.
Er wusste genau, wo er sich befand und warum er aufgewacht war. Mac war in der Wohnung. Er konnte sie praktisch fühlen. Er wandte sich der Schiebetür zu, die ihn vom Wohnzimmer trennte, und erwartete, sie dort stehen und ihn finster anblicken zu sehen. Doch seine Wohnung war leer.
Und dann hörte er Fußtritte auf dem Weg durch den Garten zum Parkplatz.
Und da war sie, drei Stockwerke unter ihm.
Und wieder schlug sein Herz bei ihrem bloßen Anblick einen Salto. Und er musste lächeln.
»Hallo!«, rief er mit vom Schlaf noch eingerosteter Stimme. Er räusperte sich. »Mackenzie!«
Ihre Schultern spannten sich an, sie wirbelte zum Gebäude herum und sah zuerst zu der Tür, aus der sie gerade gekommen war. Aber es dauerte nicht lange, da hatte sie ihn ausfindig gemacht, und ihr Blick schnellte nach oben zum Balkon.
»Wo gehst du hin, Michelle?«, fragte er und stützte die Ellenbogen auf das Geländer.
»Was machst du da draußen?«, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
»Nur frische Luft schnappen. Ich dachte, Elliot hätte dich zu Hausarrest verdonnert.«
»Mein Vernetzungsniveau ist wieder unten«, sagte Mac zu ihm. »Ich habe Ausgang. Zum Meeting bin ich rechtzeitig wieder da. Und du bewegst deinen Arsch jetzt wieder nach drinnen.«
»Na, eher nicht«, sagte Shane und schwang seine Beine über das Geländer. Es war ein Kinderspiel, von diesem Balkon zu dem darunter zu klettern und sich auf den Boden fallen zu lassen. Er landete mit Leichtigkeit auf beiden Beinen und lächelte sie an. »Ich würde lieber mit dir kommen.«
Sie schnaubte empört und sagte: »Vergiss es.« Aber da sie nicht nach ihrem Telefon griff, um entweder den Sicherheitsdienst oder ihren Kumpel Elliot anzurufen, wusste
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