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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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und Kommunikationskapazität, bereit für die große Aufgabe des Wiederaufbaus.
    Sehr symbolisch, dachte sie bissig.
    Sie sah sich selbst dabei zu, wie sie in Begleitung von Börsenoffiziellen den Hauptkorridor entlangschritt, die meisten davon männlich und über fünfzig. So langweilig – kein Gesprächsthema außer Geld. Esquiline hatte Julia in eine weiße Smokingjacke gesteckt, aus einem Stoff, auf dem Clips aus alten Schwarzweißfilmen liefen.
    Höchst unkonventionell und förmlich zugleich. Sich an Esquiline zu wenden hatte sich als eine der besten Entscheidungen erwiesen, die sie seit langem getroffen hatte – und sei es aus keinem anderen Grund, als daß Esquilines Anprobenteam eine phantastische neue Quelle für Klatsch und Tratsch war und Einblicke in den Unterleib der Gesellschaft bot. Diesen Leuten zufolge hatte Lavinia Mayer es nicht einmal nötig gehabt, in Julias Interesse bei dieser Coleman-Kuh zu intervenieren. Anscheinend hatte Jakki Colemans Agent ihr die Leviten gelesen und sie damit effektiv neutralisiert; wie sich herausstellte, hatte er einen bedeutenden Vertrag mit Esquiline, um etliche seiner Klienten auszustatten. Und aus der Liste eines Agenten geworfen zu werden, weil man schwierig war, war im Fernsehuniversum schlimmer als der Tod. Wenn man tot war, trieb der damit erreichte Kultstatus wenigstens die Quoten bei den Wiederholungen in die Höhe. Jakki hatte in den letzten drei Tagen kein Wort mehr gegen Julia gesagt.
    Die Julia auf dem Flachbildschirm durchschnitt das Band zum Börsenparkett, während Charlie Chaplin über ihren Rücken watschelte und dabei den Spazierstock schlenkerte. Sämtliche Makler jubelten ihr begeistert zu.
    Diese erwiesen sich nun beim anschließenden Empfang als unterhaltsame Gesprächspartner. Die meisten von ihnen waren unter dreißig.
    Sie nahm einen weiteren Schluck Tee, als die Szene wieder zum Ostengland-Frühstücksstudio wechselte. Die blonde Moderatorin, altersmäßig irgendwo in den Zwanzigern und mit einem knallengen Pullover bekleidet, lümmelte sich auf einem tiefen Sofa zurück.
    »Das war die gestrige Eröffnungszeremonie«, schwärmte sie herzlich. »Und ich habe hier unseren Modekorrespondenten Leonard Sharr, um noch einmal genauer darüber zu sprechen.«
    Die Kamera fuhr zurück, um den femininsten Mann zu zeigen, den Julia jemals gesehen hatte. Er saß am anderen Ende des Sofas und trug eine Lederjeans und eine Purpurjacke mit halbierten Ärmeln und einem Topastaschentuch, das ihm extravagant aus der Brusttasche hing. Julia verkniff sich ein Kichern.
    »Leonard, was halten Sie von Julias gestriger Aufmachung?«
    »Ich fand ihre Wahl wirklich sehr angemessen. Ein schäbiges altes Design, das schäbige alte Filme zeigte, für eine schäbige alte Feier. Es hat mir einfach nichts gesagt, außer vielleicht: Seht her, was ich für eine Katastrophe bin, und dabei bin ich zu reich, um mir etwas daraus zu machen. Wirklich, bei jemandem ihres Standes geht das einfach nicht! Sie könnte so ein hübsches kleines Mädchen sein, wenn sie sich nur die Mühe machte und ein paar hübsche Kleider anzöge.«
    »Arschloch!« Julia vergaß komplett, daß die Tasse immer noch halb voll war. Der Tee spritzte überall herum.

 
Kapitel sechsundzwanzig
     
     
    Die Kriminaltechniker hatten alle ihre Plastikplanen entfernt und die Strichcode-Etiketten von den Möbeln abgezogen; sie hatten sogar die Kakteen wieder auf den Tisch unterm Fenster gestellt, aber irgendwie war das Zimmer nicht mehr wie früher. Nicholas stand am Fußende des runden Bettes und nahm den Raum in Augenschein, der für ein paar kurze Monate sein Zuhause gewesen war. Hierherzukommen war der Gipfelpunkt seines Lebens gewesen. Jetzt ließ es ihn völlig ungerührt. Nicht, daß Launde Abbey voll übler Erinnerungen für ihn gewesen wäre; eher konnte man sagen, daß es gar keine Erinnerungen für ihn barg, weder gute noch schlechte. Sogar die Gespenster waren verschwunden – Kitchener, Eleanor …
    Er setzte die rotbraune Reisetasche am Fußende des Bettes ab und sah sich etwas verdutzt um. Seine Rockband-Holodrucke fehlten.
    Wozu hatten die Kriminaltechniker sie überhaupt haben wollen?
    Er zog Schubläden auf, und natürlich fand er kein einziges Kleidungsstück dort vor, wo es hingehörte. Er beschloß, alles aufs Bett zu packen und später zu sortieren. Der uniformierte Polizist, der ihn zur Abtei gefahren hatte, würde ihn nicht zur Eile treiben. Die Polizei von Oakham konnte es mit

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