Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
herumhechelten.
Hätte sie vorher von ihnen gewußt und auch davon, wie die Polizei sie und Greg behandeln würde, dann hätte sie die zänkische Ehefrau gespielt und nein gesagt. Zu spät.
Ein kurzer Blick in den Rückspiegel verriet ihr, daß ihnen der Streifenwagen mit Vernon Langley und Jon Nevin folgte. Langley hatte Amanda Paterson angewiesen, bei Eleanor und Greg im EMC Ranger mitzufahren. Eleanor war sich nicht ganz sicher, wen dieses Arrangement züchtigen sollte. Amanda saß auf dem Rücksitz des großen Wagens, hatte die Hände auf dem Schoß verschränkt und zeigte ein mürrisches Gesicht, während sie zusah, wie die einzeln stehenden Häuser der Station Road an ihnen vorbeisausten.
So abweisend, dachte Eleanor, als wäre die Kitchener-Untersuchung ein schäbiges Geheimnis, das sie schützen mußte. Und jetzt hämmerten die Barbaren ans Tor und verlangten Eintritt.
»Alles okay mit dir?« fragte Greg.
»Sicher.«
Er hielt ihren Blick kurz fest. »Was ist mit Ihnen, Amanda?« erkundigte er sich.
Die Frau blickte erschrocken auf. »Ja, gut, danke.«
»Haben die sich schon die ganze Zeit so aufgeführt?« fragte Eleanor sie.
»Ja.« Sie brach ab. »Sie waren auch nicht gerade hilfreich, als wir durch die Dörfer zogen und Aussagen sammelten. Oft hatten sie die Geschichten der Einwohner schon vor uns.« Sie preßte die Lippen zusammen. »Sie hätten das nicht tun sollen.«
Eleanor nahm den ebenen Bahnübergang und folgte der Straße nach Braunston. Die Wolken wurden dunkler, bildeten einen einförmigen, neutralen Schleier. Es würde bald Regen geben, wußte sie, ein richtiges Gewitter. Ein Gespür fürs Wetter kultivierte heutzutage jeder.
Greg nickte ihr andeutungsweise zu, klappte dann sein Cybofax auf und machte sich daran, die Aussagen durchzusehen, die er in den Speicher überspielt hatte. Graugrüne Daten zockelten den kleinen LCD-Bildschirm hinunter und ordneten sich jedesmal neu, wenn er einen Befehl brummte.
Hinterhältiger Mann, dachte Eleanor und unterdrückte ein Lächeln. Neben seinen übrigen Eigenschaften. Sie konnte ihn so leicht durchschauen, hatte es von Anfang an gekonnt; und umgekehrt lief es natürlich auch, bei ihm und seiner Drüse. Greg behauptete immer, sie, Eleanor, hätte ebenfalls übersinnliche Fähigkeiten, aber er wollte nicht, daß sie einen Psi-Einschätzungstest machte. Er sprach nicht gerade ein Machtwort – eine solche Beziehung hatten sie schließlich nicht –, erhob aber starke Einwände dagegen, daß sie sich eine Drüse zulegte. Es war mehr Beschützerinstinkt als sonst etwas; er wollte ihr das Martyrium ersparen. Etliche Mindstar-Veteranen hatten sich als nicht fähig erwiesen, sich psychisch an die erweiterte Psifähigkeit anzupassen.
Es gab so wenig Menschen, die diesen Aspekt Gregs erkannten: seine Besorgnis, seine ach so menschlichen Schwächen. Die Vorurteile gegen die Drüse waren zu stark, ein unverfälschtes Paranoiavirus. Niemand konnte durch die Hexermacht hindurchblicken; alle waren davon geblendet.
Bei zahllosen Gelegenheiten hatte sie erlebt, wie Menschen zusammenzuckten, wenn sie ihm vorgestellt wurden, und sie wußte nie so recht, woran das lag. Vielleicht war es die lange Zeit, die er bei der Armee und den Trinities verbracht hatte. Er machte den Eindruck, schrecklich vertraut mit der Gewalt zu sein; kein offensichtlicher Schlägertyp wie diese Idioten Andrew Foster und Frankie Owen, eher ein Mensch mit der ruhigen Zurückhaltung, wie sie Experten der Kampfsportarten besaßen.
Bei ihrer ersten Begegnung, an dem Tag, als sie aus dem Kibbuz geflüchtet war, hatte ihr Vater sie gesucht. Er gab so schnell klein bei, als Greg sich einmischte; es war das erste Mal, daß sie überhaupt miterlebte, wie ihr Vater in irgend etwas nachgab. Stets hatte er Gottes Rechtschaffenheit auf seiner Seite – behauptete er. Eher eine unheilbare Bauernsturheit, dachte sie, die Sturheit des mürrischen alten Halleluja-Billys. In ihrem ganzen Leben bis dahin hatte sie das Gefühl gehabt, im Bann seines leidenschaftlichen, skeletthaften Gesichts zu stehen, das er aus der Kanzel in der Holzkapelle heraussteckte, wobei die geplatzten Purpurkapillaren auf seinen groben Wangen tabakbraun in dem bleichen Licht hervortraten, das durch das Türkisglasfenster hinter dem Altar hereinfiel. Dieses Gesicht hielt ihr sogar in ihren Träumen Predigten und schwatzte auf sie ein und versprach ihr, daß Gottes Gerechtigkeit sie immer verfolgen würde.
Aber dann erforderte es
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