Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
nur ein paar ruhig ausgesprochene, entschlossene Worte Gregs, und er wich zurück und verschwand für immer aus ihrem Leben. Er, der geistige Führer des Kibbuz, überließ die einzige Tochter einer der technischen Verderbtheiten Satans.
An dem Abend zog sie zu Greg ins Chalet. Seitdem waren sie stets zusammengewesen. Die übrigen Bewohner der Berrybut-Timesharing-Siedlung hatten sie gewarnt, daß Greg launisch sein konnte, aber ihr gegenüber hatte sich das nie gezeigt. Sie spürte, wenn er niedergeschlagen war, wenn er Mitgefühl brauchte, wenn er darauf angewiesen war, daß man ihn in Ruhe ließ. Die langen Jahre der Anarchie bei den Trinities, des billigen Lebens auf den Straßen von Peterborough, mußten einfach ihre Spuren in ihm hinterlassen haben. Er brauchte Zeit, um sich zu erholen, mehr nicht. Konnten die Menschen das nicht einsehen?
Sie hatte stets Mitleid mit Paaren, die nicht fähig waren, ihre tiefsten Gefühle miteinander zu teilen. Sie wußten ja nicht, was ihnen entging; sie, Eleanor, hatte noch nie jemandem ganz so vertraut wie Greg. Und dazu kam natürlich der Sex.
»Kitchener war ziemlich reich, nicht wahr?« fragte sie Amanda.
»Ja. Er hatte mehrere Patente, die ihm Gebühren einbrachten. Seine molekularen Interaktionsgleichungen waren durchweg kommerziell nutzbar, für Kristalle und Ware- Chips, solche Dinge. Vor allem Kombinate haben die Lizenzen erworben und ihm dafür ein paar Millionen Pfund New Sterling im Jahr bezahlt.«
Eleanor war so beeindruckt, daß sie einen Pfiff von sich gab.
»Wer erbt das?«
Ein aufsässiges Lächeln erhellte Amandas Miene, als sie erkannte, wie elegant ihr Schutzwall durchbrochen worden war. »Wir haben nachgeforscht. Es gibt keine Einzelperson, die davon profitiert. Kitchener hatte keine unmittelbaren Familienangehörigen; am nächsten standen ihm noch zwei jüngere Kusinen zweiten Grades. Ihren Kindern hat er eine Million Pfund New Sterling hinterlassen; es sind sieben, weshalb für den einzelnen gar nicht so viel bleibt. Das Geld geht ohnehin in einen Treuhandfonds, und sie kommen nur an dessen jährliche Erträge heran. Den Großteil des Erbes erhält jedoch die Universität Cambridge für wissenschaftliche Stipendien, die es unterprivilegierten Studenten ermöglichen sollen, die Universität zu besuchen, sowie für zwei der Physikfakultäten, verbunden mit der Auflage, das Geld nur in die Laboreinrichtung zu stecken. Er wollte vermeiden, daß die Dozenten ihre Nester polstern.«
»Was ist mit Launde Abbey? Wer erhält das?«
»Die Universität. Es soll ein Ferienheim für die vielversprechendsten Physikstudenten werden. Er wollte für sie einen Ort schaffen, wo sie dem Druck der Examen und des Collegelebens entkommen können, um einfach dazusitzen und nachzudenken. Steht alles in seinem Testament.«
»Das klingt gar nicht nach dem Edward Kitchener, von dem man sonst hört«, stellte Eleanor fest.
»Das war sein öffentliches Image«, sagte Amanda. »Hat man erst mal mit den Studenten geredet, findet man heraus, daß es wirklich überwiegend Image war. Sie alle haben ihn verehrt.«
Der EMC Ranger machte sich daran, den Berg zu nehmen, der aus der Stadt führte. Eine neue Wohnsiedlung war beiderseits der Straße im Bau, die erste in Oakham seit fünfzehn Jahren. Die Häuser waren im Mittelmeerstil aus der Zeit vor der Erwärmung gehalten, die Wände dick mit Weiß gestrichen, um die Wärme abzuwehren, versilberte Fenster, Dächer aus Solarzellen, die so gefertigt waren, daß sie wie rote Lehmziegel aussahen, breite überhängende Dachrinnen. Und Garagen, stellte Eleanor fest; die Architekten mußten allesamt zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Eleanor war erleichtert gewesen, als der Rat die Planung genehmigte. Wenn man bedachte, was die Flüchtlinge aus den Fens alles durchgemacht hatten und unter welch beengten Bedingungen sie auf dem Schulgelände hausten, dann hatten sie etwas Vernünftiges verdient. Als die Wirtschaft wieder in Schwung kam, hatte Eleanor befürchtet, die Flüchtlinge könnten sich auf Dauer zu einer Unterschicht entwickeln, die voller Ressentiments war und selbst Gegenstand von Ressentiments wurde. Viele von ihnen hatten beim Bau Beschäftigung erhalten, aber ungeachtet dieses Projektes und der Kakaoplantagen war die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk Oakham immer noch zu hoch. Die Stadt brauchte dringend mehr Fabriken, die Jobs ins Gebiet brachten. Das Verkehrsnetz war noch nicht wieder reif für einen Pendelverkehr wie
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