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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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persönlich zu nehmen, und ging davon aus, daß ihre Handlungen etwas waren, was Wirtschaftsunternehmen hinnehmen sollten wie Brände oder üble Schulden. Wenn Teksöldner mit ihren Aufträgen scheiterten, war es nie die eigene Schuld. Wie bockige Kinder, die man beim Ladendiebstahl erwischte.
    Dieses Problem bedeutete, daß es nicht mehr reichte, wenn Victor die verdeckten Operationen, die sie gegen Event Horizon inszenierten, auffliegen ließ. Er mußte immer das ganze Nest aller Beteiligten ausräuchern.
    Der aktuelle Preis für die Ermordung Victor Tyos betrug eine halbe Million Eurofrancs, ausgesetzt von Eugene Selby, nachdem sein Versuch, Forschungsdaten über magnetische Logikschaltungen zu rauben, damit geendet hatte, daß seine Netzjockeys aufgestöbert und durch ein paar Foxhound-Raketen ausgelöscht wurden. Der Preis für die Tötung dieses Attentäters, falls er oder sie Erfolg haben sollte, betrug eine Million Eurofrancs. Eine Viertelmillion Eurofrancs konnte sich jeder verdienen, der so freundlich war, Eugene Selbys gegenwärtige geographische Koordinaten preiszugeben.
    Victors Leben war heutzutage fast ganz in Abschreckungskreisläufe dieser Art verwickelt, aber er machte sich nicht viel daraus. Gehörte alles zum Spiel. Seine Entscheidung, daran teilzunehmen, war schon vor langer Zeit gefallen.
    Damals, als er in die Sicherheitsabteilung eintrat, hatte Morgan Walshaw ihm erklärt: »Einmal drin, immer drin; das ist ein Job für immer.« Er war damals noch jung genug gewesen, um ernsthaft zu nicken und zu sagen: »Ja, Sir, ich verstehe völlig.« Verstehen ja, aber nicht umfassend einschätzen. ›Immer‹ erwies sich allmählich als langer Zeitraum.
    In jüngster Vergangenheit hatte er die Gewohnheit angenommen, Rekruten das gleiche zu sagen. Seine Abteilung war proportional zur kommerziellen Seite von Event Horizon angewachsen; vom Umfang her konkurrierte sie mit staatlichen Geheimdiensten, und sie verfügte über das taktische Angriffspotential von ein paar Staffeln der Luftwaffe.
    Die drei führenden Oppositionsparteien in Westminster forderten ständig, daß man den Gerüchten über seine Aktionen nachging, die von Teksöldnern ausgestreut wurden, und selbst die Neokonservativen wurden inzwischen nervös. Hätten nicht Minister in der Walesfrage die Unterstützung Julias benötigt, hätten Zwischenfälle wie der Selby-Auftrag leicht dazu führen können, daß die Polizei sich aktiver mit dem Thema befaßte. Als ob sie die Mittel gehabt hätte, mit Teksöldnern fertig zu werden; nur, das sollte mal jemand einem Politiker zu erklären versuchen! Die Event-Horizon-Sicherheit war nicht die Ursache von Problemen, sondern deren Folge.
    Victors Stab überwachte gegenwärtig achtzehn verschiedene Teksöldnereinsätze gegen das Unternehmen. Die biochemische Abteilung wies definitiv eine undichte Stelle auf, die sich bislang selbst den Übersinnlichen entzog. Und jetzt nahmen ihn auch noch Außerirdische aufs Korn.
    Ich frage mich, was der alte Walshaw davon gehalten hätte!
    Nicht, daß seinerzeit das Leben einfacher gewesen wäre, aber wenigstens hatte man die Gefechtsfronten verflucht viel deutlicher ausmachen können.
    Außerhalb des Hyperschallflugzeuges war es heiß, obwohl Duxford die Sumpffeuchtigkeit von Peterborough erspart blieb; sie war etwas, woran sich Victor nie hatte gewöhnen können. Die Maschine hatte auf dem Dach von Gebäude eins des Raumfahrtinstituts von Event Horizon aufgesetzt. Es war typisch für die Raumfahrtindustrie, solche Bezeichnungen zu benutzen, dachte Victor; sie spiegelten das Medium wider, mit dem sich diese Industrie befaßte – kalt, gewaltig und seelenlos.
    Gebäude eins war ein fünfstöckiger Ring aus Büros und Labors mit einem Durchmesser von achthundert Metern. Der kreisförmige Innenhof war mit einer Kuppel aus Solarzellen überdacht, die neben Victor aufragte wie ein Riß, der in den Weltraum führte und Licht und Wärme aus der Luft absaugte. Wenn Victor in die Gegenrichtung blickte, konnte er gerade noch die Steinbauten der Colleges von Cambridge erkennen, die im Hitzeschleier zitterten. Die restliche Stadt war ein Pasticcio aus roten Backsteinen und schwarzen Solarzellen. Kaum irgendwelche modernen Bauten. Mal eine erfreuliche Abwandlung.
    Gebäude zwei war ein Klon von Gebäude eins, der einen Kilometer entfernt auf dem Standort des früheren Kriegsmuseums aufragte; die grünsilberne Glasfassade reflektierte das Sonnenlicht in getönten Lanzen auf Victor.

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