Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Außerirdischen Kontakt aufzunehmen.
Das Projekt mit der Bezeichnung Suche nach Extra-Terrestrischer Intelligenz verfügte über drei Büros an der Innenseite des Rings von Gebäude eins: Die übliche Ansammlung von Schreibtischen und Terminals und holographischen Displaykuben und abgenutzten dunkelgrünen Teppichvierecken. Victor war ein wenig enttäuscht, hatte für ein solches Projekt zumindest irgendwie mehr Aufwand erwartet. Sein eigenes Büro unterschied sich nicht besonders von dem hier, nur daß es größer und besser möbliert war.
Er entließ Eddie Coghlan, um die Teksöldner hochzunehmen, und trat ein. Die SETI-Leute musterten ihn und seinen Leibwächter neugierig; sie waren alle in den Zwanzigern, stellte er fest. Eine attraktive Sekretärin zeigte ihm, wo er Rick Parnells Büro fand.
Von dort hatte man Ausblick in die Montagehalle, eine unübersichtliche Ministadt aus kybernetischen Maschinen, deren Straßen verstopft waren von kleinen weißen Wagen und robotgesteuerten Tiefladern, die in den Boden eingelassenen Leitschienen folgten. Am hinteren Ende erblickte Victor eine geschwungene Reihe Einbaubuchten, wo Standardfrachtkapseln ausgerüstet wurden; jede dieser Buchten schwirrte vor Aktivität. Weitere Kapseln hingen an Hebevorrichtungen von der Decke und sahen aus wie eine Reihe weißer Minimonde, die rechteckigen Umlaufbahnen folgten.
Die Wand hinter dem Schreibtisch des SETI-Direktors war mit Hologrammen von Satelliten bedeckt. Für Victor ähnelten sie den geostationären Antennenplattformen, obwohl er vermutete, daß es sich bei den übergroßen Schüsseln um Radioobservatorien handelte. Zu den Bildern gehörte auch die Computersimulation einer Gitterschüssel an der Seite von New London; wenn er den Maßstab richtig deutete, hatte sie einen Durchmesser von über zwanzig Kilometern.
Dr. Rick Parnell hatte die Füße auf dem Schreibtisch liegen und trank aus einer Dose halbdunkles Ruddles, während er ein Datendisplay im Kubus seines Terminals betrachtete. Während seiner Studienzeit in Oxford war er Rugbyspieler der Unimannschaft gewesen; er überragte Victor um einen halben Kopf, hatte breite, schräge Schultern und blonde Haare, die erste Ansätze von Ausdünnung zeigten. Er machte den Anschein, hart an seiner Form zu arbeiten. Dieser Körper paßte nicht richtig in ein weißes Hemd und eine Anzughose, fand Victor, eher in eine Tennismontur.
»Sicherheitschef?« fragte Rick Parnell, nachdem Victor ihm seine Karte gezeigt hatte. »Wie, Sie meinen, vom ganzen Unternehmen?«
»Richtig.«
»Sind Sie hier, um uns rauszuwerfen?«
»Nein. Ich würde gern mit Ihnen reden.«
Rick Parnell bemerkte auf einmal, daß er während seiner Arbeitszeit Dosenbier trank. Er leerte die Büchse mit ein paar Schlücken, zerknüllte sie und warf sie in den Abfalleimer. Perfekter Wurf. »Sie sehen gar nicht alt genug für einen Sicherheitschef aus.«
Victor setzte sich vor den Schreibtisch. »Wir haben nicht viele alte Leute in der Sicherheitsabteilung. Wir überleben nicht so lange.«
Rick Parnell brachte ein mattes Lächeln zustande. »Worüber möchten Sie reden?«
»Zuerst möchte ich Sie an die Vertraulichkeitserklärung erinnern, unter die Sie den Daumen gesetzt haben, als Event Horizon Sie einstellte.«
Rick Parnell wurde leicht rot. »Heh, jetzt hören Sie mal! Man hat mir gesagt, das wäre nur eine Formalität. Unser Projekt macht vielleicht keinen großen Eindruck auf jemanden wie Sie, aber wir leisten eine Menge, und zum größten Teil tun wir das, weil wir vor allem eine Koordinierungsstelle sind. Die Hälfte unseres Etats geht in Fördergelder für Universitäten und Institute; wir arrangieren internationale Konferenzen und veröffentlichen Datenblätter. Sobald Sie anfangen, unsere Verlautbarungen einzuschränken, hat es keinen Sinn mehr, daß es uns überhaupt gibt.«
»Ich bin nicht daran interessiert, den Datenfluß einzuschränken. Ich bitte einfach darum, daß der Inhalt unseres Gesprächs nicht die Runde macht.«
»Ansonsten werde ich gefeuert.«
Victor lehnte sich zurück und widmete Rick Parnell einen forschenden Blick. »Teksöldner stoßen Drohungen aus, Herr Direktor. Ich arbeite für die andere Seite. Wir versuchen sicherzustellen, daß einem engagierten Forscher nicht sein Lebenswerk unter der Nase weggestohlen wird, daß der Pensionsfond, in den Sie vierzig Jahre lang eingezahlt haben, nicht von irgendeinem Netzjockey mit einem cleveren Entschlüsselungsprogramm ausgeplündert
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