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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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zurückgekommen?«, frage ich und lache laut. Sie lacht auch.
    »Möchtest du das?«, fragt sie.
    Ich setze mich auf den Schemel. Genug gespaßt.
    »Also, was ist?«, frage ich. Ich sitze sehr unbequem.
    »Ich brauche eine Auskunft«, sagt sie. »Eigentlich zwei.«
    »Schieß los«, sage ich und fülle mein Glas neu. Ihres auch, sie hält es mir hin. »Weißt du, wo Leo ist?«, frage ich.
    »Boris, er ist tot, schon viele Jahre, und du weißt das.«
    »Nein. Ich weiß es nicht«, schreie ich. »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Er hat diesen Löwenmann gemacht. Da bin ich sicher und du auch, gib es zu!«
    Sie lacht. »Immer noch eifersüchtig?«
    »Humbug!«
    »Du hättest ihn wohl gerne, diesen hübschen kleinen Hybriden, um ihn zu untersuchen, hab ich recht?«
    »Nicht nur ich, Tara, nicht nur ich.«
    »Und wenn ich dir helfen würde, ihn zu finden?«
    »Du? Wie denn?«
    »Ich habe Kontakte zu den Gayanerinnen. Ich weiß, dass sie ihn haben wollen. Zur Zucht, du verstehst. Ich könnte …«
    Ich glaube ihr kein Wort. »Was willst du?«
    »Wer ist die entführte Kleine, die sie uns nur einmal gezeigt haben im Pam am Avatar? Kein Sender hat sie danach interviewt, keine Übertragungen mit ihr tauchen irgendwo auf. Es gibt nur ein kurzes …«
    »Wozu willst du das wissen?«
    »Man könnte sie befragen.«
    Ich lache. »Nie und nimmer. Sie gehört zur Familie Krawitz, einflussreiche Aristos aus der Festungsstadt. Unmöglich. Wozu auch?«
    »Sie weiß, wo der kleine Löwe herkommt, sie war dort.«
    »Man sucht schon nach dem Labor. Man wird’s finden, schon bald. Und ihn auch. Leo, den Verbrecher. Er hat gewagt, was wir alle nicht gewagt haben.«
    »Er hat etwas zustande gebracht, zu was ihr nie fähig wart«, sagt sie und schaut aus dem Fenster.
    »Also, du glaubst auch, dass es Leos Kreatur ist.«
    Sie hebt die Schultern. »Weiß nicht.«
    »Sie werden ihn finden«, sage ich.
    »Wen? Leo?«
    »Den auch«, sage ich.
    »Gut. Ich gehe. Gib mir, was du kannst. Ich leide Hunger«, sagt sie leichthin, nicht wie jemand, der bittet.
    »Was wolltest du mich fragen?«
    »Ich hab es mir überlegt. Nichts mehr.«
    »Du bist nur hier, um zu betteln?«
    »Ja.«
    »Du versprichst, nie mehr wiederzukommen?«
    »Ja.«
    »Hasst du mich?«
    »Nein, warum denn? Du bist mein kleiner Boris. Ganz unverändert.«
    »Du hast mich geliebt?«
    »Ja. Und das war vor einer Ewigkeit, Boris.«

TARA
    Ich kenne das Krawitz Domus. Ich war dort. Wir haben den Garten angelegt, Becky und ich. Becky war schon ziemlich schwanger, und Gloria Krawitz hatte uns angewiesen, Becky in ihren Garten zu bringen. Sie wolle unbedingt eine schwangere Frau zum Bepflanzen des Gartens haben. Das bringe ein üppiges Wachstum, sagte sie. Es hat sie einiges gekostet, und es hieß natürlich auch, dass ich es war, die die ganze Arbeit am Hals hatte. Becky lag in einer Hängematte, und zwei alte Gayanerinnen fächelten ihr Luft zu und fütterten sie mit Leckereien. Es war die Zeit, in der es noch schick war, sich von unseren Gärtnerinnen, den gayanischen Gärtnerinnen, den Garten anlegen zu lassen. Wir waren damals nichts weiter als eine kleine Gruppe. Wir brauchten diese Einkünfte. Nach dem Sektenerlass des Präsis dann und den täglichen Hinrichtungen mussten wir in den Untergrund. Und natürlich brauchten wir Väter für unsere Kinder, na ja, Samenspender. Wir hatten damals großen Zulauf, Frauen aus allen Schichten. Aristofrauen waren es, die uns aufs Land führten und Männerhäuser einrichteten. Eine absolut bahnbrechende Idee. Das finde ich noch heute.
    Ich war eine gute Gayanerin, und Becky war meine Freundin. »Schwarz wie Kohle«, sagte ich immer. »Lang und biegsam wie eine Pappel.« Der kleine Bauch stand ihrgut. Das Mädchen, Glorias Tochter Nin, war damals noch nicht geboren.
    Gloria Krawitz kam in den Garten und legte die Hand auf Beckys Bauch, jeden Morgen, wenn sie unsere Arbeit vom Vortag überprüfte.
    »Willst du es dir nicht überlegen, Becky«, sagte sie. »Dein Kind könnte es so gut haben. Könnte eine Aristo werden. Könnte glücklich und ohne Krankheiten und Sorgen hier groß werden.«
    Aber Becky lachte nur. »Wir brauchen die Kinder«, sagte sie. »Unsere Große Mutter braucht alle unsere Kinder.«
    Und ich lachte über Gloria und gab gut acht, dass die Robos die kostbaren Stauden in die richtigen Löcher pflanzten und ihnen die richtige Menge Wasser gaben. Becky ging herum und sprach mit jeder frisch gepflanzten Staude.
    Das Kind, das damals in

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