Mini-Dame mit Maxi-Schnitt
Satin-Minihängerchen, das aber durch den
Zusatz von schwarzer Spitze und durch die ebenfalls schwarzen Spitzenstrümpfe
geradezu aufreizend wirkte.
Sie hatte die langen Haare
hinter die Ohren gekämmt, wodurch die Ohrringe, irgendwelche Reifen aus
abwechselnd schwarzen Perlen und Brillanten, gut zur Geltung kamen.
»Was für eine reizende
Überraschung, Mr. Boyd«, sagte sie mit ihrer angenehmen Stimme. »Ich wollte
gerade nach Ihnen sehen. Könnten Sie mir wohl ein paar Minuten opfern ?«
»Aber sicher«, sagte ich. »Ich
war eben auf dem Weg in die Bar. Kommen Sie doch mit .«
»Ich würde eine Unterhaltung in
meinem Zimmer vorziehen .« Sie überlegte einen
Augenblick, dann lächelte sie aufmunternd. »Ich glaube, es findet sich auch
dort ein Schluck für Sie zu trinken .«
»Es wird immer so kompliziert,
wenn man sich nicht erinnern kann, wo man die letzte Flasche versteckt hat«,
sagte ich mitfühlend. »Haben Sie schon unter dem Bett nachgesehen ?«
Mit eisigem Gesicht drehte sie
sich um und ging zu ihrem Zimmer, das auf der anderen Seite der Treppe lag. Ich
folgte in gebührendem Abstand, wie es einem kleinen Angestellten geziemt. Ihr
wie mein Zimmer waren beides Gasträume, aber damit hörte die Ähnlichkeit auch
schon auf. Ihres war viermal so groß wie meins und ganz in Gold und Weiß
gehalten. Alle Möbel standen auf dünnen, geschwungenen Beinen, dazu kam ein
riesiges Baldachinbett. Sie öffnete einen Wandschrank. »Ich habe Scotch und
auch Bourbon da, Mr. Boyd .«
»Furchtbar gern«, sagte ich.
Sie verzog den Mund. »Polly
Peridot hat sich wie immer geirrt, als sie behauptete, Sie hätten Humor. Ich
finde Sie überhaupt nicht komisch, nur unverschämt .«
»Was mich nicht stört, solange
Sie mich nicht ohrfeigen, wie Sie es mit Polly Peridot gemacht haben.« Ich
zuckte die Achseln. »Ich gebe zu, daß es Ihre Fifth -Avenue-Weltanschauung
plus fünf Millionen Dollar — geerbter Dollar, wohlgemerkt! — sind, die mich ein
bißchen ärgern. Aber schließlich können Sie ja nichts dafür, daß Sie im
Schaufenster von Tiffany zur Welt gekommen sind. Ich nehme Bourbon, bitte .«
Ihr Lächeln war echt herzlich,
als sie sich daranmachte, die Drinks einzugießen. »Nehmen Sie Platz, Mr. Boyd.
Und was Sie da von dem geerbten Geld gesagt haben, stimmt völlig. Mein
Großvater war der uneheliche Sohn eines Mannes, der einige Stahlwerke besaß.
Meine Großmutter pflegte an ihren freien Tagen im Bordell zu arbeiten, weil sie
eine Berufung dazu verspürte. Mein Vater wurde bereits als Sohn reicher Eltern
erzogen und interessierte sich nicht für Geld, weil er genügend davon hatte.
Glücklicherweise heiratete er meine Mutter, die ebenfalls eine reiche Erbin
war. Sie verbrachten einige kurze und fruchtbringende Jahre miteinander, bis
sie, als ich zwölf war, gemeinsam bei einem Autounfall ums Leben kamen . Mein Vater hatte seine Zeit damit verbracht,
Shakespeare in Urdu zu übersetzen, und meine Mutter, mit den Dienstboten
herumzuschlafen. Aus meiner frühesten Jugend habe ich noch Erinnerungen an den
>Donnerstag-Gärtner< und den >Freitag-Chauffeur<. Ich weiß auch
noch ganz genau, wie erleichtert ich war, als mein Onkel damals ankam, um uns
mitzuteilen, daß sie bei dem Unfall umgekommen seien .«
Sie ließ sich neben mir auf der
zierlichen Couch nieder und reichte mir mein Glas. »Es würde mir nie einfallen,
in New York oder sonst irgendwo an der Ostküste über diese Dinge zu reden. Hier
in Kalifornien scheint es nichts auszumachen. Außerdem haben Sie mir selber
erzählt, daß Sie auf der falschen Seite des Parks wohnen; es ist also wenig
wahrscheinlich, daß wir uns irgendwo wieder begegnen. Ich wollte Ihnen damit
auch nur versichern, daß Ihre Vorfahren sicher viel ehrenwerter als meine
gewesen sind und Sie keinen Grund haben, sich unterlegen zu fühlen. Selbstverständlich
sind Sie mir bei weitem unterlegen, was aber, wie ich vorhin schon sagte, in
Kalifornien nicht so ins Gewicht fällt .«
»Allmählich beginne ich zu
verstehen, warum Freidel so wild darauf ist, mit Ihnen ins Bett zu steigen«,
sagte ich bewundernd. »Oder muß er auf Ihr Kommando warten und dann ganz brav
angekrochen kommen ?«
»Warum werden Sie immer gleich
so ordinär, Mr. Boyd? Wenn Sie nichts Besseres zu bieten haben, bin ich
enttäuscht .« Ihre dunklen Schlafzimmeraugen sahen mich
herausfordernd an. »Dion hat mich ebenfalls enttäuscht, indem er eine Vorliebe
für diese schlaksige Blonde an den Tag legte, die für ihn
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