Mini-Dame mit Maxi-Schnitt
der Schere, die
er vorher von Lenores Arbeitsplatz geklaut und zum Zerschnippeln der Kollektion
benutzt hat«, sagte ich. »Nach dem Mord hat er sie in die Schublade gelegt; ich
war dabei, als Lenore sie heute früh fand. Jetzt hat sie die Polizei .«
»Dion!« Eldridge flog durch den
Raum und warf sich vor seinem Arbeitgeber auf die Knie. »Ich schwöre, daß ich
Stephanie nicht getötet habe! Ich weiß nicht, was ich Boyd getan habe, daß er
so scheußliche Lügen über mich verbreitet, aber ich weiß, wie ich dich verehre.
Von Anfang an. Deine Begabung, deinen Ideenreichtum...« Seine Stimme ging in
ein leises Wimmern über, als Freidel ihn mit dem Handrücken auf den Mund
schlug.
Dann rutschte Freidel von der
Tischkante herunter, packte Eldridge vorn am Hemd und hievte ihn hoch. »Na
schön«, sagte er leise, »wenn du Stephanie nicht umgebracht hast — wer war es
dann ?«
»Eins von den beiden Hausmannequins«,
gurgelte Eldridge verzweifelt. »Das sage ich doch die ganze Zeit. Du hast in
ihnen immer nur drei Kleidergestelle gesehen, an die du deine Entwürfe hängen
konntest, oder auch Objekte, auf die du jederzeit zurückgreifen konntest, wenn
dich die Lust überfiel. Du hast vergessen, daß es intelligente Mädchen sind,
die genauso biestig reagieren können wie jede andere Frau, wenn man sie fallenläßt . Es störte sie nicht, dich mit den Freundinnen
zu teilen, aber als du sie ausgebootet hast und anfingst, dich mit Frauen wie
Lenore oder Libby Cathcart einzulassen, da wurden sie wütend. Und sie hielten
es nur für eine gerechte Strafe, deine Kollektion zu ruinieren .« Mit nervöser Kopfbewegung schüttelte er sich das Haar aus
der Stirn, dann fuhr er fort, und seine Stimme klang noch höher als sonst:
»Begreifst du nicht, was gestern nacht passiert ist? Aus irgendeinem Grund muß
Stephanie ihre Ansicht über dich revidiert haben und war dumm genug, es den
beiden anderen mitzuteilen. Kitty und Deborah wußten nur zu gut, daß sie dich
nie zurückgewinnen würden, wenn Stephanie erst einmal gebeichtet hatte. Und um
das zu verhindern, waren sie zu allem bereit — selbst zu einem Mord .«
Langsam lockerte Freidel seinen
Griff an Eldridges Hemd, dann gab er ihm einen
ungeduldigen Stoß, der ihn rückwärts durchs Zimmer taumeln ließ. Über seinen
dunklen Augen lag ein milchiger Schimmer, als er mich fragend ansah. »Nun, was
sagen Sie zu dieser Theorie, Danny ?«
»Hört sich hübsch an«, gab ich
zu. »Sie entlastet nicht nur Flavian, sondern auch noch Art .«
»Vielleicht hat Boyd echte
Beweise in der Hand anstatt all dieser prächtigen Theorien ?« meinte Reilly gelangweilt. »Er könnte ja den Zweitschlüssel in Flavians Zimmer
gefunden oder beobachtet haben, wie er die Schere in Lenores Zimmer zurückgebracht
hat .«
»Hab’ ich nicht«, gab ich zu.
»Und wie steht’s mit Ihnen,
Flavian ?« Er sah zu Eldridge hinüber, der an der
gegenüberliegenden Wand lehnte und die Hand auf den Mund gepreßt hatte. »Haben
Sie einen Beweis dafür, daß die Mädchen Stephanie getötet haben, entweder eine
von ihnen oder beide zusammen ?«
»Beweise hab’ ich nicht«,
wimmerte Eldridge, »aber ich weiß, daß ich recht habe .« Er nahm die Hand vom Mund, und seine Augen weiteten sich erschreckt, als er ein
paar Blutstropfen auf den Knöcheln sah.
»Ich meine, Danny«, sagte
Freidel eisig, »daß Sie lieber von jetzt an den Mund halten, bis Sie etwas
Handfestes anzubieten haben .« Er wandte mir den Rücken
zu und hieb mit der Faust auf den Tisch. »Und wenn ich nicht bald an meine
Arbeit gehe, wird die Kollektion nicht mehr rechtzeitig fertig. Also bitte ich
darum, daß sich jeder jetzt hier rausschert !«
Kempton drückte sich aus der
Tür, Eldridge kam als nächster, immer noch erschrocken über den Anblick seines
eigenen Blutes. Luman watschelte an mir vorbei, als ob ich nicht vorhanden sei,
nur sein Assistent blieb kurz bei mir stehen.
»Es ist immer schön zu sehen,
wie Leute sich Mühe geben, selbst wenn nichts dabei herauskommt .« Er rieb sich den Nasenrücken und bleckte grinsend seine
schiefen Zähne. »Die Zeit wird langsam knapp für Sie, Danny .« Betont umständlich sah er auf seine Armbanduhr. »Sie haben noch zwei Stunden
und sechzehn Minuten .«
»Ich kann Sie genausowenig leiden, wie Sie mich, Chuck, alter Freund«,
brummte ich. »Möglicherweise hab’ ich Sie gestern abend beim Swimming-pool überrumpelt; aber das haben Sie mir vor ein paar Stunden im
Eßzimmer wieder heimgezahlt
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