Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)
Einem knallharten Kerl wie Zack stand die warme Farbe nicht besonders gut, beziehungsweise sein Leben als Revolvermann setzte voraus, eine Farbe wie Rosa oder Pink zu meiden.
„Was hast du?“, fragte Lüc, als sie sah wie nachdenklich Zack Lücs Inneneinrichtung betrachtete.
Zack winkte ab. „Nichts. Dachte nur darüber nach, wie eine dunklere Farbe in diesem Zimmer aussehen könnte.“
„Das Thema schon wieder“, schmunzelte Lüc. „So lange du in meinem Zimmer schläfst, musst du dich mit meinem Mädchengeschmack abfinden. Wenn wir aber in unsere erste gemeinsame Wohnung ziehen, können wir auch gerne unser Schlafzimmer etwas böser gestalten. Blutrote Vorhänge und die Skalps deiner ausgestopften Feinde hängen an der Wand, wie klingt das?“
„Genau mein Ding. Doch ein Revolvermann hat keinen festen Wohnsitz, er ist immer unterwegs, auf der endlosen Reise seines blutigen Pfads“, sprach Zack pathetisch.
„Stimmt, stattdessen übernachtet ein Revolvermann in einem rosaroten Zimmer und kuschelt mit seiner Freundin.“ Lüc klopfte Zack spielerisch auf die Schulter. „Koch uns lieber Kaffee, du harter Revolvermann.“
„Provoziere es nicht heraus, Fräulein“, sagte Zack lächelnd und machte den ersten Schritt aus dem kuscheligen Bett.
Auf seine Art fing er an, diese Farben zu mögen. Genau wie Lüc stand diese kitschige Farbe im Kontrast zu seinem Leben als eiskalter Mörder. Diese Farbe erinnerte ihn immer daran, dass es im Leben noch mehr gab, als mit seinem Schießeisen den größtmöglichen Schaden anzurichten. Sollte seine Berufung als Revolvermann eines Tages enden, würde im Gegenzug sein neues Leben anfangen - ein Leben zwischen rosa Vorhängen und eingewickelt in pinkfarbener Bettwäsche.
Als Zack sich gerade seinen Bademantel überstreifte, klopfte es an der Tür.
„Huch? Wer kann das denn sein?“
„Riecht nach Arbeit“, befürchtete Zack. „Sieht aus, als müsstest du erstmal alleine Kaffee kochen.“
„Das schaffe ich auch ohne meinen tollkühnen Revolvermann“, sagte Lüc, während Zack zur Tür ging.
Hinter der Tür stand Schrubbi, der Imbissbudenbesitzer des Dorfes. Zuerst trat er verunsichert vor Zack, da sein Problem weniger besorgniserregend war als ein genervter Zack, doch dann trug er sein Anliegen vor. „Zack, die Zigeuner kamen schon in der Früh in meinen Laden und bestellten vier Kotletten, aßen sie, verputzten sie auf einen Streich, aber bezahlten keinen Taler! Sie sind einfach unhöflich aus meinem Laden verschwunden.“
Zack nickte. „Ich regel’ das.“ Er zog Schrubbi zur Seite und begab sich im Bademantel in das schneeweiße Dorf.
12
Zu dieser unmenschlich frühen Uhrzeit trieb Friedjof mit drei weiteren Zigeunerfreunden Schabernack inmitten des Dorfes. Kaum hatte Friedjof seinen Magen mit einem nichtbezahlten Kotelett gefüllt, verspeiste er zum Nachtisch einen giftgrünen Apfel.
„Seht ihr, Freunde!“, eröffnete Friedjof. „Dieses Dorf zu erobern wäre so einfach, wie einem kleinen Kind seine Süßigkeiten zu stehlen. Unser Merlin fürchtet den falschen Feind!“
Die drei Zigeuner klatschten Beifall, schlugen gegen die Mülltonnen, um feierlich Krach zu verursachen. Selbst der Falke Poseidon auf Friedjofs Schulter hüpfte feiernd hin und her.
„Wir brauchen doch nicht Merlins Erlaubnis, um uns unter den Nagel zu reißen, was uns gehört, was UNS vorbestimmt ist!“, rief Friedjof. „Wir sind ein edles Geschlecht, wir sind wahre Krieger und doch sind wir die Enterbten der Gesellschaft. Wenn man raubt, was einem einst gehörte, ist es kein Diebstahl!“
Wieder tobte seine kleine Zigeunerschar vor Freude.
„Merlin wird vielleicht die ersten Tage den Moralapostel spielen, aber sobald er die Früchte unserer Arbeit sieht, wird er uns gewähren lassen. Spätestens wenn wir wieder in stabilen vier Wänden hausen, wird er uns auf die Schulter klopfen und beglückwünschen. Orden und Belohnungen werden folgen, oh ja! Es braucht uns mutige Zigeuner, die den ersten Schritt machen! Wir werden Helden sein, oh ja!“
Der erwartete Applaus blieb diesmal aus, als die Zigeunerschar hinter ihrem mutigen Revolutionär Friedjof, den dürren Revolverhelden Zack im flauschigen Bademantel erscheinen sah.
Friedjof folgte den Blicken seiner erstaunten Mannschaft und erkannte Zack, der sich ihnen stillschweigend entgegenstellte. Der machthungrige Zigeuner lachte auf. „Und weiterhin frage ich mich, warum Merlin weiterhin zögert, wenn nicht gar
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