Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)
schließen, hörten sie ein letztes Mal Patrice Schreckensschrei.
Stillschweigend einigten sich Willi und Frederick so schnell wie möglich aus dem Hotel zu fliehen.
11
Willi und Frederick rannten verstört durch die verwinkelten Gassen, liefen an der Strandpromenade entlang, wobei sie keinen einzigen Blick nach hinten riskierten. Aus Bedenken, Björn hätte sie verfolgt, hielten sie erst an, als der gemütliche Badestrand in einer felsigen Bucht endete.
„Was genau war eben passiert?“, fragte Frederick.
„Er ist wahnsinnig“, schnaufte Willi. „Völlig irre. Noch irrer als du.“
„Sachen gibt’s“, keuchte Frederick.
Da sich Alkohol und Verfolgungsjagden in der Regel nicht vertrugen, standen unsere ausgelaugten Helden vorm Erbrechen. Sie verweilten länger an der Felsbucht als geplant, bis sie sich sicher waren, dass der nächste hastige Schritt nicht zur kompletten Abschaltung des Vitalsystem führte. In ihrer langen Rast hörten sie ein leises Wimmern, eine flüsternde, kratzige Stimme, die nach Hilfe verlangte.
„Ich ahne Böses“, sagte Willi.
„Sollen wir wirklich nachschauen gehen?“, fragte Frederick. „Ich meine, heute hat uns jeder Kontakt mit Menschen in irgendeinen Schlamassel gebracht.“
„Den gleichen Gedanken habe ich auch seitdem ich dich kenne, Frederick.“ Willi raffte sich langsam auf. „Sei zumindest für ein paar Minuten ein guter Mensch.“
Sie schritten langsam zur Bucht und erspähten zwischen den Felsen eine kleine Öffnung, durch die sie auf eine darunter liegende Sandplattform blicken konnten.
Frederick fing an zu lächeln. „Schau, Willi! Da ist der Daniel-Lukas!“
„Wer?“, fragte Willi.
„Der von den Flugblättern“, ergänzte Frederick.
Auf der Sandplattform lag der geschwächte Daniel-Lukas, ein blonder Knabe mit stattlicher Figur. Seine verbrannte Haut pellte sich von seinem Körper ab, seine Knie waren blutig. Er konnte sein Glück kaum fassen, als er durch das Loch über ihm die zwei Gestalten erkannte, die ihm auch schon im Bus aufgefallen waren. Er versuchte sich auf die verkümmerten Beinmuskeln zu stellen. „Leute, bin ich froh, dass jemand endlich vorbeikommt. Auch wenn es nur der großmäulige Idiot aus dem Bus und der Pinguin sind. Seit zwei Tagen sitze ich hier fest und kein Schwein kam sich diese schöne Bucht anschauen. Ich dachte wirklich, ich werde hier verenden.“
„Wie bist du da runtergekommen?“, fragte Frederick neugierig.
„Ich war hier vorgestern besoffen entlang spaziert. Ich war so fasziniert von dieser schönen Bucht, dass ich dieses scheiß Loch nicht sah und hinein fiel. Glaube, habe mir dabei meinen Fuß verstaucht.“
„Wir sollten ihn zurückbringen“, schlug Willi vor.
„Ja bitte! Meine Freunde vermissen mich bestimmt! Hat eigentlich diese verrückte Reiseleiterin nicht nach mir suchen lassen?“
„Glaube sie hatte andere Sachen im Kopf“, überlegte Willi.
„Und einer meiner Freunde?“, fragte Daniel-Lukas hoffnungsvoll.
„Deine Freunde haben wir heute gesehen!“, erzählte Frederick. „Sie hatten mit Jasmin einen draufgemacht.“
„Oh.“ Daniel-Lukas sackte auf seiner Sandplattform zusammen. „Bitte, holt mich doch hier raus.“
Frederick betrachtete die kleine Sitzfläche auf der Daniel-Lukas die letzten zwei Tage verbrachte. „Wie hast du dich hier eigentlich deiner menschlichen Bedürfnisse entledigt?“
„Wie bitte?“
„Na, wohin hast du gekackt? Hier gibt ja kein Klo. Also, ins Meer oder auf die Felsen?“
„Ins Meer, wohin auch sonst?“, erklärte Daniel-Lukas beschämt.
„Wie hast du dich ernährt?“, fragte Frederick euphorisch. „Hast du dir Krabben gefangen? So hätte ich das zumindest gemacht.“
Daniel-Lukas verlor seine Geduld. „Wird das hier ein Verhör? Bitte, bringt mich nur nach Hause.“
Frederick machte große Augen. „Waren die Krabben lecker?“
„VERARSCH MICH NICHT!“, schrie Daniel-Lukas. „Jetzt hilf mir schon raus, du grenzdebiler Spastiker.“
Frederick sah hinüber zu Willi. „Für jemanden in seiner Situation wird er ganz schön frech.“
12
Frederick stand nackt in seinem Hotelzimmer und presste sich gegen die Badezimmertür. Nach einem kleinen Wortgefecht hatten Willi und Frederick Daniel-Lukas aus seinem Loch gerettet. Kaum war er wieder auf dem Festland, hatte ihn Frederick in seinen weltberühmten Schwitzkasten gepackt und ihn bis ins Hotel gezerrt. Selbst Willis besten Einwände brachten Frederick nicht
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