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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ausfindig gemacht. Wie hieß er doch glei c h…?«   
    »Tusan? Leider noch nicht. Aber wenn Ihre Hoheiten sich schon wieder stark genug fühlen, dann werde ich Euch gleich in meine Stallungen führen.«
    Der kräftige Wein hatte Ergil gut getan. Fast zu gut. Er fühlte sich seltsam beschwingt. »Es geht schon«, erklärte er mit schwerer Zunge. Die Erwachsenen tauschten viel sagende Blicke.
    Der Herzog grinste. »Wie schön, dass mein Wein Euch mundet , Hoheit.«
    »Sag t Ergi l z u mir.«
    »Gerne. Meine Freunde nennen mich Qujibo.«
    »Abgemacht, Qujibo.« Ergil kicherte.
    »Worüber lach t Ihr?«
    »Nichts.« Er kicherte abermals. »Gar nichts.«
    Falgon erhob sich und zog auch seinen Zögling aus dem Stuhl. Dabei warf er ihm einen mahnenden Blick zu und raunte: »Reiß dich zusammen.«
    Ergil nahm Haltung an. »Zu Befehl, Herr General!«
    Durch unzählige Vorzimmer, Flure und über mancherlei Treppen ging es wieder hinaus aus dem Palast. Quondit geleitete seine Gäste zu einem Ensemble aus einem quer stehenden kürzeren und zwei länglichen Feldsteingebäuden, die wie ein U um einen kleinen Innenhof her u m angeordnet waren. An den Wänden reihten sich rote, in der Mitte geteilte Holztüren.
    »Meine Stallungen«, erläuterte der Herzog und in seiner Stimme schwang Stolz. Er ging zu einer der Türen an der Stirnseite des Hofes und gab einem der bereitstehenden Knechte einen Wink. Der hagere Mann schob einen Riegel zur Seite und öffnete die Tür. Einladend deutete Quondit ins Innere des Stalls und sagte: »Tretet ein und seht eines der größten Wunder Mirads!«   
    Während die Gefährten der Einladung folgten, wechselten sie fragende Blicke.
    Das Innere des Stalles war aufgrund zweier vergitterter Fenster gegenüber der Tür erstaunlich hell. Ergil sah vier geräumige Abteile zum Unterstellen der Tiere. Es waren keine Pferde, wie er mit Erstaunen feststellte, wenngleich sie durchaus Ähnlichkeit mit feurigen Rössern hatten. Mehr noch erinnerten sie aber an kraftvolle Hirsche, nicht zuletzt wegen ihres vielfach verästelten Geweihs. Ihr seidig schimmerndes Fell hatte die Farbe frisch gefallenen Schnees. Ergil traute seinen Augen kaum, fürchtete gar, der Wein könnte ihm eine Halluzination vorgaukeln. Er kannte diese anmutigen Geschöpfe. Sie hatten einst am Kopfende seines Bettes über seine Träume gewacht.
    »Krodibos?«, fragte er mit einem leichten Lallen.
    »Ja«, bestätigte der Herzog frohgemut. »Die edelsten, stärksten und ausdauerndsten aller Reittiere. Mir ist es gelungen, eine Zucht weißer Krodibos aufzubauen. Ich besitze zwe i Dutzen d davon.«
    »Sehr gescheite Tiere aus der Familie der Antholops, die sich in freier Wildbahn schwer einfa n gen lassen. Als sie noch den Grünen Gürtel bevölkerten, konnten nur die Sirilim sie zähmen.«
    Alle Anwesenden wandten sich zur Tür, weil der fachkundige Einwurf von dort gekommen war. Am Pfosten lehnte lässig ein Mann, der dem Bild des typischen Stromländers entsprach: kleinwüchsig, breitschultrig, rothaarig, vollbärtig, voll tönende Stimme und mit unerschütterlichem Humor gesegnet. Letzteres ließ sich natürlich nur erahnen, weil der Fremde übers ganze Gesicht strahlte. Ergil glaubte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Herzog zu erkennen, obwohl der junge Krodibokenner – er konnte nicht einmal dreißig sein – eher wie ein Waldläufer  gekleidet war: Wams, Hosen und Stiefel bestanden aus braunem Rauleder. An seinem Gürtel hing ein riesiger Dolch.
    »Tusan!«, dröhnte der Herzog und lief mit ausgestreckten  Armen auf den Mann zu.
    Die beiden begrüßten sich überraschend herzlich. Anschließend machte Quondit den Neuankömmling mit seinen Gästen bekannt. Dabei bezeichnete er den Rotbart als »besten Fährtensucher des Stromlandes«. Wie üblich kam bei der Vorstellung der Jüngste zuletzt an die Reihe.
    Tusan neigte vor Ergil das Haupt. »Ich habe schon von Eurem Sieg über die Waggs gehört, Hoheit. Gratulation! Ich bin erstaunt, wie jung Ihr seid.«
    »Sechzehn Jahre reichen, um einem protzigen Wicht wie diesem Kawuzz die Flötentöne beizubringen. Ihr hättet hören sollen, wie putzig er gesungen hat.« Ergil kicherte. Als er einen strengen Blick Falgons auffing, räusperte er sich verlegen. »Entschuldigt, Tusan, ich habe ein bisschen zu viel von dem Gewürzwein getrunken. Übrigens ist mir Eure Unerschrockenheit ebenfalls schon zu Ohren gekommen. Ehrlich gesagt, ging’s mir ähnlich wie Euch – was das Wundern übers Alter

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