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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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einer Schnur im Kreis rotieren lässt.
    Schließlich begann Kawuzz zu schrumpfen.
    In dem Maße, wie der Wagggeneral kleiner wurde, verjüngte er auch. Er fiel auf sein rundes Hinterteil, weil ihm das Plattenhemd zu schwer wurde. Zuletzt war er nur noch ein Neugeborenes, das schreiend unter der viel zu großen Rüstung lag.
    »Lass es gut sein«, flüsterte Schekira in Ergils Ohr und riss ihn damit in die Wirklichkeit zurück.
    Wie ein beinahe Ertrunkener schnappte er nach Luft. Das Heer der Waggs war wieder da, weit unruhiger als zuvor. Die beiden Schildknappen starrten auf das krakeelende Ba l g, das ihr Befehlshaber war.
    Ehe Ergil seine Benommenheit abschütteln konnte, beugte sich Quondit über die Brustwehr und rief zu den beiden hinab:
    »Schnappt euch euren General und geht dorthin zurück, woher ihr gekommen seid. Andernfalls wird sein Schicks a l euch alle ereilen.«
    Die verstörende Nachricht von der Verjüngung des Heerführers und die Worte des Herzogs verwandelten sich zu einer Art Brandsatz, der am Ort des Geschehens ein Lauffeuer entfachte, das in kürzester Zeit durch sämtliche Truppenteile  raste. Die Waggs gerieten in Panik. Auf allen verfügbaren Beinen ergriffen sie die Flucht. Viele warfen sogar ihre Waffen fort, um schneller laufen zu können. So dachte wohl auch einer der beiden Schildknappen, der ebenfalls losrannte. Der zweite besaß immerhin noch genug Ehrgefühl, den greinenden Befehlshaber aus seiner misslichen Lage zu befreien. Er klemmte sich den General unter einen der drei Arme und folgte seinem Kameraden auf dem Fuß.
    Es war nur eine Galgenfrist. Darüber machte man sich auf der Mauer keine Illusionen. Um den Waggs die Umkehr nicht allzu leicht zu machen, hatten ihnen die Truppen von Bolk nachgesetzt. Obwohl sie unter den Fliehenden so manchen niederschlugen, wusste Quondit: Die Waggs würden wiederkommen. Und dann vermutlich, ohne ihre Zeit mit Kapitulationsverhandlungen zu vergeuden.
    Gleichwohl hatte der Herzog durch die wundersame Verjüngung des Kawuzz neuen Handlungsspielraum gewonnen. Weitere Menschen, möglicherweise sogar Verstärkung, konnten in den Schutz der Stadtmauern geholt we rden und auch wer sein Heil in der Flucht suchen wollte, besaß dazu jetzt eine allerletzte Chance. Quondit war gegenüber Twikus und Ergil wie ausgewechselt. Anfangs mochte der ihnen erwiesene Respekt eher auf Tradition und der Loyalität gegenüber ihrem Va t er beruht haben, jetzt dagegen entsprang er echter Ehrfurcht.
    Was die Prinzen für Bolk getan hatten, verbreitete sich in der Stadt fast ebenso schnell wie zuvor in den Schlachtreihen der Waggs. Ihre Rückkehr zum Palast wurde zu einem Triumphzug. 
    Bald saßen der Herzog, Bombo und die übrigen Gefährten in  Quondits gemütlicher Bibliothek zusammen, ein Feuer  prasselte im Kamin und man trank heißen Gewürzwein. Seit Ergil den Wagggeneral durch die Falten der Zeit in seine früheste Kindheit zurückversetzt hatte, war er sehr einsilbig. Er fühlte sich ausgelaugt bis zum Umfallen. Die zahlreichen Lobeshymnen des Palastherrn und seiner Untertanen waren kaum bis zu ihm vorgedrungen. Ab und zu hatte er höflich gelächelt. Mehr war momentan für ihn nicht drin.
    Múria ließ sich von der allgemeinen Überschwänglichkeit nicht anstecken. Zwar würdigte auch sie das entschlossene Handeln ihrer Schüler mit ein paar anerkennenden Worten, verband diese aber sogleich mit einem milden Tadel. Warum er sich so unnötig verausgabt habe, fra g te sie den Prinzen. Es hätte doch auch genügt, nur die Köpfe des Wagggenerals zu verjüngen. Danach blickte Ergil nur noch tief in seinen Weinbecher, statt sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Der Verstand sagte ihm zwar, dass seine gestrenge Meisterin e s nur gut mit ihm meinte, aber sein Herz hätte sich trotzdem über ein Lob ohne Wenn und Aber gefreut. Für Múrias gute Absichten und ihr Einfühlungsvermögen sprach die Art und Weise, wie sie auf sein Schweigen reagierte. Anstatt ihn im Schmollwinkel sitzen zu lassen, ergriff sie bei Quondit für ihn das Wort.
    »Darf ich Euch an Eure Abmachung mit dem Prinzen erinnern, mein lieber Herzog? Die Zeit zerrinnt uns zwischen den Fingern. Werdet Ihr uns wie versprochen mit allem Nötigen ausstatten, damit wir so schne l l wie möglich nach Soodland aufbrechen können?«
    »Mein Wort gilt, Dame Múria, und ich denke, die Art und Weise, wie ich mein Versprechen einlöse, wird sogar Euch überraschen.«
    »Habt Ihr diesen unerschrockenen Führer

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