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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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kein normaler Sindran sich je dorthin gewagt hätte. Aber er war ja auch alles andere als gewöhnlich. Er, der große Murugan, würde der Erste eines neuen Geschlechts mächtiger Herrscher sein. Unter ihm würde das alte Reich wiedervereint, das die Sirilim spalteten in Gandim- zafaroth, den »alten Garten«, und in Bilath - berdeor, den
    »Grünen Gürtel«. Aus seinen Welpen würde ein wissendes Volk von Sindranen hervorgehen, groß an Weisheit und gewaltig an Körperkraft.
    In dieser Erwartung fiel es einem erfahrenen Jäger wie Murugan nicht schwer, sich in Geduld zu üben. Er hatte das Geschöpf mit dem gespiegelten Herz e n nicht verpasst. Die Anweisungen des Herrn in den Eisigen Höhen waren unmissverständlich gewesen. Meist klangen die Worte sehr ähnlich.
    Bleib besonnen, Murugan, und warte, wo du bist. Du brauchst das Kind der zwei Völker nicht zu suchen. Es wird zu dir kommen.

24
UNTE R DE M MONDKAP
     
     
     
    Die Dunkelheit war vollkommen. Selbst Schekiras feine Sinne ließen ihre gewohnte Verlässlichkeit vermissen. Vielleicht sei irgendetwas in dem Fels, das ihre Wahrnehmung trübe, hatte die Waldelvin zu erklären versucht – ein seltenes Metall, besondere Kristalle… Sie klang ratlos.
    Mithin waren, abgesehen von Ergil, alle blind. Fast einen ganzen Tag lang führte er seine Gefährten durch die klamme Finsternis der Höhlen. Nisrah saß ihm unterdessen buchstäblich im Nacken.
    Ohn e Erg i l wäre der Weberknecht erstarrt, denn eigentlich mieden die Bewohner des Tales der Fischer die Kälte ebenso wie das Feuer. Nur weil unter ihrem Reich die dünne Kruste Mirads unablässig vulkanische Wärme absonderte, konnten sie in der eisigen Umgebung des Grotwalls bestehen.
    Nisrah machte Ergil, kaum dass sie in die Dunkelheit eingetaucht waren, ein überraschendes Angebot.
    Lass uns zusammenbleiben. Sehr nützlich für dich könnte ich sein.
    Ergil druckste herum, obwohl seine Antwort für ihn außer Frage stand. I ch bin dir sehr dankbar, Nisrah. Du hast uns gerettet. Aber…
    Fürchtest du, ich könnte mich an dir laben?
    Äh…
    Was denn sonst?, hatte sich Twikus eingemischt. Dos verendende Packtier war alles andere als ein schöner Anblick.   
    Bevor der Herr in den Eisigen Höhen mein Volk verführte, war es sehr friedliebend. Wir haben unsere Gespinstlinge…
    Wen?
    Unsere Lebensgenossen.
    Du meinst, eure Wirte, die euch durch die Gegend schleppen?
    Wir betrachten sie eher als Verbündete. Deshalb haben wir sie auch so gut wie nie zersetzt.
    Aus irgendeinem Grund tröstet mich das nicht wirklich.
    Ergil hatte Bedenken ganz anderer Natur vorgebracht: Abgesehen davon reichen zwei Bewohner in unserem Kopf. Wenn uns jetzt auch noch ein Weberknecht hineinredet, dann könnte ein ziemliches Durcheinander entstehen.
    Ihr müsst mich nicht in eure Gedanken lassen, hatte Nisrah erklärt. Ich kann tagelang schweigen. Mehr als ein bisschen Wärme und Lebenskraft brauche ich nicht, um glücklich zu sein.
    Lebenskraft?, hatte Twikus gejapst. Heißt das, du saugst uns irgendwie aus?
    Nein, nein. Keine Sorge. Ihr könnt für mich dasselbe sein wie die Sonne für eine Blume. Oder habt ihr je gehört, das Himmelslicht würde Schaden nehmen, nur weil es Myriaden von Pflanzen am Leben erhält? Außerdem, wo soll ich denn hin? In meinem Volk bin ich ein Verräter. Sie würden mich töten, wenn ich in mein Heimattal zurückkehrte.
    Ergil zauderte weiterhin. Selbst als er Nisrah nach den erstaunlichen Wahrnehmungen fragte, die ihn im Tal der Fischer mehrmals vor den Angriffen der Netzlinge gewarnt hatten, und der Weberknecht eingestand, ihm ein wenig geholfen zu haben, blieben die Prinzen skeptisch.
    Darf ich wenigstens bei euch bleiben, bis ich einen anderen  Gespinstling gefunden habe?, hatte Nisrah zuletzt gebettelt. Was meinst du, Twi kus?   
    Ich glaube, das sind wir ihm schuldig.
    Und so hatten die drei eine zeitlich begrenzte Vereinbarung getroffen, welche Nisrah erlaubte, die wärmende Gesellschaft der Prinzen als lebender Umhang noch eine Weile in Anspruch zu nehmen.
    Am nächsten Tag waren die Höhlenwanderer wohlbehalten unter den Himmel zurückgekehrt. Das Tal der Fischer lag hinter ihnen und damit auch die Gletscherwüste des Grotwalls. Dessen Ausläufer erstreckten sich zwar noch fast bis zum Schollenmeer, aber in der hügeligen Landschaft würde man deutlich schneller vorankommen als auf den steilen Hängen des Hochgebirges. Eis und Schnee blieben den Gefährten indes weiterhin erhalten. Schon als

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