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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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noch kaum fassen, mein Lieber! Es ist wie eine Fügung. Der Netzling…«
     
    »Nisrah zieht für sich die Bezeichnung ›Weberknecht‹ vor.«
    »Oh, ich wollte ihn in keiner Weise verletzen. Hört er mich gerade?«
    Jedes Wort vernehme ich, kam prompt die Antwort aus dem  Netz.
    »Ja«, verkürzte Ergil.
    »Entschuldige bitte die unhöfliche Wortwahl, lieber Nisrah.«
    Aber das macht doch gar nichts, liebe Múria, erklärte überschwänglich der Weberknecht. Wir müssen einander ja erst kennen lernen. Ihr Menschen und wir …
    »Er vergibt dir«, brummte Ergil.
    »Das ist schön«, erwiderte Múria erleichtert. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja! Der Weberknecht! Er könnte, wie mir sche i nt, für dich all die verlorenen Jahre deiner Ausbildung wettmachen. Meinst du, er ließe sich dazu überreden, eine Weile bei dir zu bleiben?«
    Ergil verdrehte die Augen. »Ja, davon bin ich überzeugt.«

    Die beiden Krodibos standen sich gegenüber. Ihre Reiter sahen einander mit ernster Miene an. Kleine Wölkchen entstiegen den Nüstern der Tiere ebenso wie den Nasen der jungen Männer. Tusan musste Ergils eher zaghaft vorgebrachte Frage nach seinen »weiteren Plänen« erst einmal verdauen. Als er schließlich antwortete, hörte er sich fast beleidigt an.
    Die Gemeinschaft zu verlassen, sei für ihn undenkbar. Zwar sei seine Aufgabe, die Gefährten sicher durch den Grotwall zu führen, erfüllt, aber erstens verspüre er wenig Neigung, das Tal der Fischer noch einmal in umg e kehrter Richtung zu durchqueren, und zum anderen fühle er sich Ergil und Twikus verpflichtet. Indirekt habe ja Wikander seine Mutter getötet und allein durch Torlunds Erben könne dieses Unrecht gesühnt werden – und viele andere ebenfalls. Überdies hätten sie ihn  vor einem grauenhaften Tod durch die ätzende Flüssigkeit der  Weberknechte gerettet.
    Schekira blieb genau zwischen den beiden in der Luft stehen und sagte zum Fährtensucher: »Ja, und jetzt schuldest du ihnen ein Leben.«
    »Abgesehen davon gehört es si c h ja wohl für Freunde, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen.«
    Ergil atmete auf. Er hatte Tusan nicht zu dieser möglicherweise folgenschweren Entscheidung drängen wollen, aber jetzt war er erleichtert. »Ho, Schneewolke!«, rief er, wie sein neuer Freund es zu tun pflegte, und das Krodibo setzte sich in Gang.
    Der Ritt zum Meer sollte die Gefährten sechzehn Tage kosten. Es waren weitere sechzehn Tage des Frierens in Eis und Schnee. Falgon, Dormund und Múria berichteten wehmütig von der Regentschaft Torlunds, als zu dieser Jahreszeit längst der Frühling Einzug zu halten pflegte. Nun hatte der Winter das Land immer noch fest im Griff. Änderte sich die Natur oder änderte jemand die Natur?
    Die sechzehn Tage bedeuteten auch ein Leben mit dem ständigen Risiko der Entdeckung durch Wikanders Spitzel. Bei aller damit verbundenen Anspannung war die Reise für Ergil und Twikus aber auch in ganz anderer Hinsicht aufregend: Die Zwillinge kehrten in das Land ihrer Kindheit zurück. Das nun von ihrem Oheim regierte Königreich w ar ja größer als die gleichnamige Insel. Auf dem Festland folgte die Grenze etwa vierhundert Meilen dem Verlauf des Grotwalls, um dann einen weiten Bogen nach Nordosten zu beschreiben. Im Süden stieß Wikanders Herrschaftsgebiet an Pandorien und weiter nördlich an Ostrich. Natürlich hatte der Großkönig seine Macht längst auch auf diese Länder ausgedehnt.
    Überdies waren es sechzehn Tage der Ungewissheit und des  Bangens. Was konnte nicht alles in den drei Monaten ihrer  geheimen Grotwalldurchquerung geschehen sein! Hatte Wikander das Stromland längst erobert? Waren die Waggs zurückgekehrt und über das Herzogtum Bolk hergefallen? Lebten Bombo und all die anderen Getreuen noch, die an Torlunds Erben und ihre Mission geglaubt hatten? Als die Gefährten sich dem Dorf Hjelp in der Küstenregion näherten, trafen sie eine einstimmige Entscheidung. Sie mussten wenigstens versuchen Nachrichten von den Entwicklungen der letzten Wochen in Erfahrung zu bringen.
    Dormund kannte sich am besten auf dem Festland aus und zugleich hatte er sich seit seinem Weggang aus Bjondal vor ungefähr siebzehn Jahren äußerlich stark verändert. Die Gefahr, aus einem dummen Zufall heraus erkannt zu werden, war bei ihm am geringsten. Während die Gruppe in den Hügeln vor Hjelp ihr Lager aufschlug, marschierte er ins Dorf.
    »Was hast du erfahren?«, fragte Falgon gespannt nach Dormunds Rückkehr. Ein

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