Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
oder konnte er tatsächlich die Bosheit dieses Wesens spüren…?
    Bar solcher Wahrnehmungen reagierte Tusan, wie er es in Begegnungen mit Bären und anderen Gegnern schon oft getan hatte: Er blies in sein Rohr. Ein winziger vergifteter Pfeil zischte durch die Luft und traf genau ins Ziel.   
    Aber der Sindran zuckte nicht einmal zusammen. Das Geschoss war von seiner Brust abgeprallt, als trüge er einen Harnisch. Wirkungslos fiel es zu Boden.
    »Die Spitze muss abgebrochen sein. Das gibt’s doch nicht!«, hauchte Tusan entsetzt. Hastig nestelte er in seinem Köcher nach einem weiteren Pfeil.
    Der graue Jäger kam einen Schritt näher. Sein Zögern sah weniger ängstlich als vielmehr spielerisch aus. Möglicherweise genoss er es ja, seine Beute in Angst und Schrecken zu versetzen.
    Twikus hielt den Bogen gespannt, während seine Sinne den Gegner durchdrangen. Ob der Sindran sprechen konnte? Zweifellos war er kein normales Tier. Wikander musste ihn irgendwie mit Verstand ausgestattet haben. Womöglich ließe sich aus dem wölfischen Schergen wertvolles Wissen über seinen Herrn herauspressen, wenn man nur…
    Falgons Eisenholzspeer sauste an dem Prinzen vorbei.
    Als der Sindran das schwarze Geschoss bemerkte, war es schon zu spät. Er reagierte zwar noch, indem er sich zur Seite drehte, doch dadurch verfehlte die Speerspitze nur sein Herz. Die Waffe touchierte ihn an der Flanke, rutschte jedoch von seinem grauen Fell ab und fiel hinter ihm klappernd zu Boden. Der Getroffene ließ ein bedrohliches Knurren vernehmen. Möglicherweise hatte ihn der Aufprall des schweren Speeres geschmerzt, aber seine Haut war nicht einmal geritzt.
    Hat Wikander das Biest etwa unverwundbar gemacht?, fragte sich Twikus. Vielleicht hätte er doch lieber die Eisenspitze wählen sollen… Seine Hand an der Sehne begann zu zittern. Er hätte schwören können, dass die gelben Augen gar nicht mehr ihn, den Schützen, sondern den Pfeil anstarrten.
    Der graue Jäger näherte sich wieder.
    »Wollen doch mal sehen, ob sein Schädel auch einem echten  Schmiedehammer standhalten kann«, sagte Dormund.  
    Twikus hörte, wie das Krodibo seines Freundes blökend protestierte. Einem Sindran standhaft zu trot z en war eine Sache, gegen ihn vorzurücken eine ganz andere. Der Prinz wagte nicht sich umzudrehen, aber auch so wusste er, was in seinem Rücken vor sich ging. Die tänzelnden Hufe des scheuenden Tieres knirschten im Geröll. Der Schmied konnte es kaum noch bändigen.
    »Ruhig, Schneewolke«, sagte Twikus gedehnt. Seine Augen rangen mit denen des Sindrans. Der Graue lauerte auf eine Unachtsamkeit.
    Die anderen Krodibos ließen sich von der Angst ihres Artgenossen anstecken. Tusans Bock stieg mit den Vorderläufen auf.
    Twikus spürte, dass in diesem Moment alles auf Messers Schneide stand. Gleich würden die Reittiere in Panik ausbrechen.
    Der Sindran tippelte mit drei, vier kurzen Schritten an sein  Opfer heran.
    »Halt!«, rief der Bogenschütze, ohne darüber nachzudenken, ob das Tier ihn verstehen konnte.
    Der graue Jäger verharrte. Seine Lefzen zogen sich in die  Breite. Es sah aus wie ein Grinsen.
    »Was soll das werden, du Welpe?«
    Twikus erschauerte. Sein Gefühl hatte ihn also nicht getrogen. Der Sindran besaß nicht nur einen Verstand, er konnte sogar in der Menschensprache reden – mit einer Stimme wie fernes Gewittergrollen.
    »Bist du überrascht?«, fragte das große Tier spöttisch.
    In dem höhnischen Ton war etwas Falsches. Twikus konnte es spüren, während er seinen Gegner durch d rang. Fürchtete sich der Graue? Es hatte fast den Anschein. Aber wenn ja, wovor? Möglicherweise konnte er die Stimme Zijjajims hören. Twikus dachte fieberhaft nach: Den Bogen fallen lassen und  das gläserne Schwert ziehen – konnte er das schaffen? Vermutli c h nicht. Und was, wenn der Sindran etwas ganz anderes fürchtete…?
    »Ich bin Twikus, Torlunds Sohn. Und wie lautet dein Name?«, entgegnete der Prinz trotzig. Er musste Zeit gewinnen, um seiner selbst und um der Freunde willen, die der Falle nicht zu entkomm e n vermochten, solange sie alle Hände voll mit den scheuenden Krodibos zu tun hatten.
    »Was glaubst du denn?«, antwortete der Graue.
    Nach kurzem Innehalten erwiderte Twikus: »Murugan.«
    Der Kopf des Sindran sackte ein Stück nach unten, ohne den Bogenschützen jedoch aus den Augen zu lassen. »Die Kräfte der Alten wallen stark in dir, Welpe Twikus. Dennoch solltest du sie nicht überschätzen.«
    »Wer hat dich das

Weitere Kostenlose Bücher