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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Galgenvogel.«
    »Ich bin Ergil, der Sohn von Torlund dem Friedsamen.«
    Am Tisch wurde nach Luft geschnappt, als erfahre man gerade etwas Neues.
    »Du lügst!«, fauchte Hjalgord.
    »Ich spreche die Wahrheit«, beharrte Ergil.
    »Hauptmann Edelwin nannte uns aber einen anderen Namen: Trevir, Tibor, Titus…« Hjalgord schnipste mit den Fingern.
    »Ich komm gleich drauf…«
    »Twikus, Exzellenz«, half Edelwin aus.
    Hjalgord warf dem Hauptmann einen biestigen Blick zu, um sich sogleich wieder gefasst und mit einem überheblichen Lächeln an den Gefangenen zu wenden. »Ja, so lautete der Name. Wie kannst du eben noch ein Twikus gewesen sein, wenn du jetzt ein Ergil bist?«
    Der Gefragte öffnete den Mund, doch ehe die Worte über seine Lippen kamen, hatte er eine überraschen d e Wahrnehmung. Sein Gesicht begann zu strahlen und er  entgegnete grinsend: »Ich fürchte, das zu erklären übersteigt  Euren Verstand, Hjalgord.«
    Die Kinnlade des Kaufmanns klappte herunter. Bevor ihm eine passende Rüge einfallen wollte, wurden im Ratssaal die Türen aufgestoßen und eine Gruppe von vier offensichtlich ungebetenen Gästen stürmte herein. Ergils Herz schlug einen Purzelbaum, als er Dormund, Múria und seinen Ziehvater sah, noch dazu alle bei bester Gesundheit. Auch Tusan war mit von der Partie, wie ein verwegener Ritter schmückte er sich mit einem dunklen Umhang.
    »Was soll dieser Mummenschanz?«, rief der Waffenmeister gebieterisch in die Runde.
    Hjalgord stieß einen quiekenden Laut aus. »Das frage ich Euch. Wie könnt Ihr es wagen, hier hereinzuplatz e n? Wer seid Ihr überhaupt, dass Ihr Euch erdreistet…?«
    »Falgon!«, flüsterte zuerst König Entrin und kurz hintereinander wiederholten auch die anderen den Namen.
    Hjalgord drehte sich irritiert nach ihnen um. »Ihr kennt diese n Mann?«
    »Ja, eitler Dummkopf«, e rwiderte Entrin. »Anscheinend seid Ihr der Einzige hier, der ihn nicht kennt. Das ist Falgon, Torlunds Waffenmeister. Die Frau da zu seiner Rechten ist die weise Múria, die schon Grinwalds Amme war. Und der Recke mit dem Hammer auf der anderen Seite kommt mir auch irgendwie bekannt vor…« Der König von Pandorien zupfte sich nachdenklich am Bart.
    »Ich bin Dormund, Königin Vanias Waffenschmied«, half der Recke mit dem Hammer aus. Er strich sich mit der Hand über den Kahlkopf. »Als ich vor Jahren für Euch ein S chwert schmiedete, seid Ihr noch der Vetter des Königs gewesen und ich hatte einen dichten Schopf. Aber nach allem, was man hört, werden meine Haare bald wieder sprießen wie in meinen besten Zeiten.«
    »Das müsst Ihr mir erklären«, erwiderte Entrin.
    »An dem Tag, als Wikander die Sooderburg in Blut tauchte, schwor ich bei De m - de r- tut - was - ihm - gefällt, dass ich mein Haupt so lange kahl scheren werde, bis Torlunds Erbe nach Soodland zurückgekehrt ist und Wikander vom Knochenturm gestürzt hat.« Der Schmied trat auf Ergil zu und beugte vor ihm das Knie. »Danke, Hoheit. Heute ist mein Gelübde erfüllt.«
    Der Prinz blinzelte verwirrt. Bescheiden erwiderte er: »Der Herr der himmlischen Lichter hat uns beide als seine Werkzeuge benutzt, lieber Freund: dich als Seher und m ich als Vollstrecker.«
    Die Ergebenheit des klugen Schmieds, die erhabenen Worte des jungen Prinzen, all dies wirkte wie ein Bann gegen die Feindseligkeit, die eben noch im Ratssaal geherrscht hatte. Popi war der Erste von Wikanders Männern, der ebenfalls v or Torlunds Sohn das Knie beugte. Und als sogar Entrin dem Beispiel des jungen Soldaten folgte, schlossen sich auch die anderen Könige des Sechserbundes an. Hjalgord sah aus wie ein geprügelter Köter, der den Schwanz einzog. Wohl wissend, wo seine Stellung war, zog er sich rückwärts tippelnd hinter die Majestäten zurück und übte den Kniefall. Besonders gut gelang ihm das Zeichen der Unterwerfung nicht.
    »Bitte erhebt Euch«, sagte Ergil und machte mit ausgestreckten Armen eine unterstreichende Geste. »Allein werden mein Bruder und ich den Ländern Mirads nicht ihren Frieden und die Freiheit zurückgeben können. Ihr alle werdet – auf die eine oder andere Weise – Euren Anteil dazu beitragen können. Seid gewiss, dass Twikus und ich uns unserer Jugend und Unerfahrenheit bewusst sind. Daher werden wir Ratgeber brauchen wie die weise Múria, den wackeren Falgon und viele andere mehr. In aller Demut, zu der ich fähig bin, möchte ich Euch aber auch warnen. Frieden zu stiften, wie es stets das  Ansinnen meines Vater war, ist keine

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