Mirad 01 - Das gespiegelte Herz
Wald, die das Festmahl nicht ausschlagen würden.
Auf dem Weg zur Blockhütte – Schekira schwirrte dicht über den Köpfen des alten und des jungen Jägers – sagte Twikus unvermittelt: »Oheim?«
»Ja?«
»Es gibt da etwas, das ich dich unbedingt fragen muss. Zwar kenne ich jetzt mein wahres Wesen…«
»Bis ihr das von euch sagen könnt, wird bestimmt noch einige Zeit vergehen. Heute habt ihr erst – wie nannte es die Mutter der Prinzessin so schön…?«
»Das Siegel gebrochen«, flötete die Elvin von oben.
Twikus ließ sich davon nicht beirren. »Ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus.«
»Nur du all e in?«, fragte sein Ziehvater schmunzelnd.
Ich halte es nicht mehr aus. Jetzt sag ihm, dass er sein Geheimnis endlich lüften soll, drängelte Ergil.
»Ausnahmsweise wollen wir zwei mal dasselbe«, sagte
Twikus.
»Ein guter Anfang.« Falgon legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich kann mir schon denken, was euch beiden auf den Nägeln brennt. Es geht um eure Eltern, nicht wahr?«
»Ja. Ich weiß jetzt, dass Vania eine Sirila war. Aber was ist mit meinem Vater? Er ist doch ein Mensch gewesen, oder etwa nicht?«
»So wie ic h eine r bin.«
»Wir möchten mehr über ihn und Mutter erfahren. Wieso mussten wir sie verlassen? Warum hast du dich unser angenommen? Was ist passiert?«
Der Alte seufzte schwer. »Geduldet euch noch, bis wir zu
Hause sind. Dort werde ich alles erzählen.«
» W arum erst dann? Spann uns doch nicht so auf die Folter, Oheim! Wir können doch ebenso gut auf dem Weg schon miteinander reden.«
»Das bezweifle ich.«
»Wi e meins t d u das?«
»Ich fürchte, meine Lieben, eure Beine werden euch nicht mehr tragen, wenn ihr erst die ganze Wahrheit erfahren habt.«
An den besonders traurigen Stellen musste Falgon immer wieder innehalten, weil Schekira in Tränen ausbrach. Offenbar waren ihre Gefühle ebenso zart gewebt wie ihr Kleidchen. Twikus und Ergil nahmen die tragische Geschichte mit leidender Miene auf, waren ansonsten aber eher still.
Der alte Waldläufer erzählte sehr ruhig und ohne Pathos von Wikanders Aufbegehren gegen seinen Bruder Torlund den Friedsamen, vom Fall der Sooderburg und von den letzten Anweisungen des Großkönigs an seinen Waffenmeister.
»Gib mir auf Twikus und Ergil Acht, mein treuer Falgon. Mein Bruder bedient sich dunkler Mächte und wähnt sich unbesiegbar. Doch wenn meine Söhne erwachsen sind, dann wird De r - de r- tut - wa s - ihm - gefällt durch sie das Licht nach Soodland zurückbringen.«
Fast hätte Wikander den letzten Willen Torlunds vereitelt, als er die Knaben, die in einem einzigen Körper vereint waren, in seine Gewalt brachte. Nach dem Mord an ihren Eltern flößte er dem Zwillingskind einen heimtückischen Trank ein, wohl wissend, dass ein Sirilo nicht mit gewöhnlichen Giften umzubringen war. Ergil und Twikus sollten gleichsam zu lebenden Toten werden. Wikander wollte ihr Bewusstsein auslöschen, um ihren Körper wie ein Puppenspieler benutzen zu können. Den Untertanen gegenüber hätte er sich als Regent ausgegeben, der die Regierungsgeschäfte nur führte, solange die rechtmäßigen Thronerben unmündig waren. An besonderen Festtagen wäre einer der Knaben dem Volk gezeigt worden, genau wie bisher. Die Sirilim - Zwillinge waren aus begreiflichen Gründen nämlich nie zu zweit gesehen worden. Ihre Eltern kannten selbstverständlich das Geheimnis der Brüder, aber sonst waren nur wenige am Hof eingeweiht worden.
»So wie Triga«, sagte der Junge leise.
»Ja. Von allen Männern, die das Ge m etzel von Sooderburg überlebten, hatte ich ihm am meisten vertraut.«
»Der Ritter kam mir gleich so bekannt vor.«
»Kein Wunder, Ergil hat ihn vor vier Jahren schon einmal gesehen und durch eure Träume seid ihr zwei ja seit langem miteinander verbunden.«
»W e r wa r diese r Triga?«
»Ein Hauptmann der Leibwache deines Vaters. Früher hätte er ohne Zögern sein Leben für den Großkönig hingegeben.«
»Ist gewisser Weise hat er das nun ja auch getan.«
»Nur mit dem Unterschied, dass Wikander ein Thronräuber ist, mein lieb e r Twikus.«
»Ic h bi n Ergil.«
»Oh! Hat dein Bruder sich zurückgezogen?«
»Nur vorübergehend. Twikus kocht vor Wut. Am liebsten würde er sofort losziehen und unseren Vaterbruder mit Pfeilen spicken.«
»Ich hoffe, er besinnt sich wieder. Ich habe mich immer be m üht euch vom Weg der Rache fern zu halten.«
»Aber wenn Oheim Wikander uns töten will, wäre es dann
Weitere Kostenlose Bücher