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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Wämser, Hüte und eine Menge anderer Kleidungsstücke an.
    »Möge Eure Hoffnung nie sinken, Herr. Ihr habt prächtige Pferde«, wandte er sich mit dem traditionellen Gruß an den älteren der zwei Waldläufer. Das Einschmeicheln bei der Kundschaft war der übliche Auftakt eines Verkaufsgesprächs. Jeder kannte die Unaufrichtigkeit solcher Worte, aber trotzdem wollte niemand auf sie verzichten.
    »Hm«, brummte Falgon.
    Der Händler hatte sich offenbar auf eine längere Erwiderung eingestellt und blinzelte dre i - , viermal, bevor er seine Beweihräucherung fortsetzte. »Wer solch einen Rappen sein Eigen nennt, muss ein Mann von Geschmack sein.«
    »Ode r ei n Dieb.«
    »Was nicht unbedingt einen Widerspruch bedeutet.« Der kleine Schwarzrock blinzelte verschwörerisch mit dem rechten Auge.
    Falgon konnte sich eines Grinsens nicht erwehren.
    »Auch Eure Gewandung ist sehr… ausgefallen.«
    »Deshalb sind wir hier. Mein junger Schüler und ich sind Reisende. In den Steppen und Gebirgen ist solche Kleidung sehr zweckmäßig, für die Stadt suchen wir hingegen lieber etwas…«
    »Unauffälligeres?« Der Tuchhändler zwinkerte dem  Waldläufer abermals zu.
    »So könnte man es ausdrücken«, knirschte Falgon.   
    Der Händler klatschte in die Hände. »Schön, schön, dann wollen wir mal sehen, was unser bescheidenes Sortiment für die weit gereisten Herren hergibt.«
    Die Menge war gereizt und hektisch, aber es wurde kaum ein lautes Wort gesprochen. Nur hin und wieder verschaffte sich jemand fluchend Gehör, wenn ihn der Nebenmann in dem Geschiebe und Gedränge allzu derb angerempelt hatte oder ihm auf die Zehen getreten war. Über den Mützen und Haarschöpfen ragten der Kopf eines Rotfuchses und eines Rappen hervor. Ihre Besitzer führten die Tiere am Zügel, um nicht wie auf dem Präsentierteller alle anderen zu überragen. Still ließen sie sich mit der gesichtslosen Masse in die Stadt treiben.
    Falgon blickte sich unentwegt um. Nach einer Weile beugte er sich zu dem Jungen hinüber und fragte leise: »Ist dir irgendetwas aufgefallen, Twikus? Jemand, der dich argwöhnisch beäugt, oder einer, der uns nachschleicht?«
    »Ic h bi n Ergil.«
    De r Waldläufer stieß die Luft vernehmlich durch die Nase aus. »Könnt ihr mir nicht Bescheid sagen, wenn ihr eure…?«
    »Wachablösung?«
    »Ja. Oder wie immer ihr es nennen wollt. Es wäre jedenfalls hilfreich, wenn ich wüsste, mit wem ich rede.«
    »Deshalb habe ich es dir doch gerade gesagt.«
    »Du weißt genau, was ich meine. Muss ich jetzt alles noch mal von vorne erklären?«
    »Nein. Twikus hat mich über die Lage ins Bild gesetzt. Das ist allerdings schon ein Weilchen her.«
    »Na, wie schön! Was ist mit dir? Du klingst so … ?«
    »Ängstlich?«
    »Das hast du gesagt.«
    »Weil’s stimmt. Die Sache mit dem Sindran gefällt mir nicht. Warum hat er uns in die Stadt getrieben? Ich habe das Gefühl,  zwischen Fungors Mauern lauert etwas auf uns, das gefährlicher ist als der Graupelz.«
    »Ist das wieder eine deiner – «, Falgon wedelte mit Hand,  »Wahrnehmungen?«
    »Ich weiß nicht. Schau dich doch mal um. Ist dir nicht das merkwürdige Verhalten der Leute aufgefallen?«
    »Lässt sich schwerlich übersehen. Sie schubsen und drängeln, als hätten sie vor irgendetwas Angst und könnten nicht schnell genug nach Hause kommen. Sie fingen an unruhig zu werden, als die Sonne den Horizont berührte. Bei meinem letzten Besuch war das nicht so.« Falgon blickte das bunte Federknäuel an, das wieder auf der Schulter des Jun g e n saß.
    »Was ist mit dir, Kira? Hast du eine Erklärung für all die düsteren Gesichter um uns herum?«
    Der kleine Eisvogel plusterte sich erst auf, dann schüttelte er sich. »Mir schwirrt der Kopf. Das Gemurmel, der Gestank – die Stadt ist euer Reich, alter F reund. Es tut mir Leid, aber ich kann euch hier nicht viel nützen.«
    »Schon gut. Du hast uns schon sehr geholfen. Dann lasst uns ein wenig durch die Gassen streifen, bevor wir Dormunds Schmiede aufsuchen. Sollte uns jemand folgen, können wir ihn so viellei c ht abhängen und nebenbei auch gleich herausfinden, was die Menschen beunruhigt. Ihr Jungs haltet alle eure Sinne offen, hört ihr? Wenn uns jemand beobachtet, dann will ich es sofor t wissen.«
    Ergil nickte.
    Ihre alte Kleidung hatten die beiden zusammengerollt und in den Satteltaschen verstaut. Jetzt trugen sie eine unauffälligere Garderobe, in der man sie für reisende Kaufleute oder Handwerker halten konnte.

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