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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Ergil musste sich unentwegt kratzen, weil die dunkelbraune Wollhose und das graue Leinenhemd auf der H aut wesentlich rauer waren als das gewohnte weiche Leder. Falgon hatte ihm außerdem eine  gesteppte, zu den Beinkleidern passende Jacke und ein Paar schwarzer Stiefel spendiert, deren weiter Schaft über der Hose bis zur Wadenmitte reichte. Auf die Frage, ob die Kleidung nicht zu warm sei, antwortete er nur: »Ihr werdet mir noch dankbar sein.« Am wichtigsten, erklärte er, sei jedoch die Filzmütze, die der Junge von nun an immer und überall zu tragen habe, weil sein blondes Haar wie die Sonne leuchte und für e in unauffälliges Vorankommen eher hinderlich sei. Das Ding war schwarz und rund, einem Kochtopf nicht unähnlich. Ergil kam sich damit vor wie ein Narr.
    Für sich selbst hatte Falgon eine dreieckige Mütze aus dem gleichen dunklen Filz gewählt, deren Spitze w ehrhaft nach vorn deutete. Sein Hemd entsprach in Farbe, Material und Schnitt jenem des Jungen. Hosen, Jacke und Stiefel waren dagegen schwarz. Die neuen Kleider gaben den beiden ein gewisses Gefühl der Sicherheit, als sie jenen Ort betraten, vor dessen M a uern in der Dunkelheit irgendwo ein großer, grauer Sindran lauerte.
    Das Nordtor glich eher einem Tunnel, so dick war der Steinwall. In den Mauern befänden sich Kasematten, erklärte Falgon, die zur Lagerung von Waffen, Wein und anderen Waren benutzt wurden. Mitten in dem dämmrigen Durchgang standen auf Podesten zwei geharnischte Wachen mit Lanzen. An ihren spitzen Helmen steckten Fasanenfedern. Die Posten wirkten alles andere als aufmerksam. Nur gelegentlich ließen sie ihre Blicke über die Köpfe der hereinströmenden Menschen hinwegwandern. Ergil hielt trotzdem den Atem an. Wenn das Königreich Pandorien sich Großkönig Wikander unterworfen hatte, dann würden dessen Befehle auch hier gelten. Die Wachen taten womöglich nur so gleichgültig, während sie unterdessen nach einem Jungen mit sonnengelbem Haar Ausschau hielten. Verstohlen kontrollierte Ergil den Sitz seiner Mütze, stopfte schnell eine hervorlugende Strähne unter den  Rand und atmete erleichtert auf, als die Soldaten endlich zurückblieben und er durch den R undbogen des inneren Tores die Stadt betrat.
    Fungor war kein reicher Ort. Abgesehen von der Garnison des Königs und ein paar Abenteurern verirrten sich gewöhnlich nur Händler hierher, die den Bauern und Handwerkern ihre Waren feilboten und dann schnell wi e der das Weite suchten. Die starke Befestigung des Markfleckens stammte aus der Zeit, als hier regelmäßig die Krunganen eingefallen waren. Mit den vierzig Brunnen und einer strengen Bevorratung aller lebenswichtigen Güter konnte die Stadt jahrelange Belagerungen durchstehen. Die Stämme aus dem Osten bevorzugten leicht zu plündernde Städte und waren deshalb meist nach kurzer Zeit wieder abgezogen, um sich kleinere, weniger wehrhafte Ortschaften zu suchen. Mit Wikanders Machtübernahme hatten die Raubzüge des R eitervolkes dann in ganz Pandorien schlagartig aufgehört. Falgon glaubte, dass der Großkönig die Zurückhaltung der Krunganen erkauft, vielleicht auch irgendwie erzwungen hatte, um dem pandorischen Monarchen die Erneuerung des Bündnisses schmackhaft zu machen. König Borst hatte sich davon aber nicht beeindrucken lassen, weshalb er schließlich mit Gewalt aus seiner Residenzstadt vertrieben worden war. Nun saß sein schwächlicher Vetter Entrin auf Pandoriens Thron und tat alles, was Wikander ihm befahl. Ergil behagte die Vorstellung wenig, sich irgendwann in das große Spiel der Mächtigen einmischen zu müssen. Er sehnte sich nach dem friedlichen Leben, das er im Wald geführt hatte.
    Bald wurden seine trüben Gedanken von einer Flut neuer Eindrücke überschwemmt. Se i ne von klarer Waldluft verwöhnte Nase reizten die verschiedenartigsten Gerüche. In den schmalen Gassen faulten Abfälle, deren säuerliches Aroma sich mit dem Duft gebratenen Fleischs und deftiger Suppen  vermischte, der allenthalben aus den Häusern stieg. Ergil staunte über die wuchtigen, mehrstöckigen Steinbauten, die durchweg krumm und schief aussahen. Sosehr er sich auch anstrengte, konnte er doch nirgendwo einen rechten Winkel ausmachen. Der Anblick von sich ständig verändernden Giebeln und Wänden, die m a l hierhin, dann wieder dorthin geneigt waren, schlug ihm auf den Magen. Er wurde ganz grün im Gesicht. Falgon lachte nur, nannte das Unwohlsein die
    »hinlänglich bekannte Dingankrankheit« und tat sie als

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