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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gegangenen Gegner wiederzufinden, nicht so der Zoforoth. Er stand bewegungslos auf der Klippe, das Schwert Schmerz aufrecht vor sich haltend.
    Twikus beschlich das dumpfe Gefühl, immer noch beobachtet zu werden. Trotzdem schoss er einen dritten Pfeil ab.
    Mühelos schlug Kaguan ihn mit der Kristallklinge aus der Bahn.
    Er hat kein Gesicht. Also muss er seine Umgebung mit anderen Sinnen wahrnehmen, erklärte Ergils Gedankenstimme. Sie klang beeindruckt.
    Sag mir lieber, wie wir Nishigo retten und ihm das Schwert abnehmen können. Der Boden unter Twikus’ Füßen begann sich gerade erneut in Hafergrütze zu verwandeln.
    Entweder du wagst einen Schuss durch die Falten oder wir treten ihm mit gezücktem Zijjajim entgegen.
    Wir?
    Ich meinte, du.
    Plötzlich hallte ein tiefer Laut wie von einer riesenhaften Posaune über das Wasser.
    Was war das?, fragte Ergil.
    Weiß ich doch nicht. Uns steht gleich das Gestein bis zum Hals.
    Weil Twikus schon wieder tief im Felsbrei steckte, schob er die ungeklärten Fragen vorübergehend zur Seite und beschäftigte sich eine Weile mit seiner und Ergils Rettung. Links von sich entdeckte er einen schmalen Felsvorsprung. Rasch suchte und fand er den dazu passenden Weg durch die Falten und sprang.
    Die Landung war ziemlich unsanft, da er in größerer Höhe als beabsichtigt über dem Grat auftauchte. Er fiel etwa fünf Fuß tief, verlor seinen Bogen und als er sich abzurollen versuchte, geriet er ins Rutschen. Unversehens hingen seine Beine über einem Abgrund, der tief genug war, um sich den Hals zu brechen. Hinter ihm schwoll Kaguans Gesang wieder an. Twikus war sich seiner völligen Wehrlosigkeit in diesem Moment schmerzlich bewusst. Doch diesmal überraschte ihn sein Gegner nicht mit irgendeiner neuen Beschwörung der Erde oder eines anderen Elements, sondern sang nur immer lauter.
    »Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich mich ohne Flügel nie richtig wohl gefühlt habe«, schimpfte unvermittelt die Elvin ins Ohr des Königs. Seine missliche Lage schien sie mehr zu erzürnen als zu sorgen. Sie schwirrte in der Gestalt des Eisvogels neben seinem Kopf.
    »Kira«, keuchte er.
    Ihre winzigen Krallen packten ihn am Kragen und zogen himmelwärts. »In Zukunft nenne ich dich Tollpatsch statt mein Retter. Du bist so schwer!«
    Weniger die Kraft ihrer Flügel als der moralische Beistand halfen Twikus dabei, sich wieder auf den Vorsprung zurückzukämpfen. Auf dem Bauch liegend und schwer atmend, bedankte er sich bei ihr und schickte sie fort, um Verstärkung zu holen. Dann rollte er sich herum und erschauderte.
    Die Klippe, an der Nishigo hing, bewegte sich.
    Es sah aus, als sinke sie langsam in sich zusammen. Auch der Grat, auf dem die Prinzessin stand, war schon ins Rutschen gekommen. Jeden Moment konnte er sich von der Klippe lösen und mit Nishigo in die Tiefe stürzen.
    Twikus öffnete die Schlaufe des gläsernen Gürtels.
    Du hast doch nicht vor, ausgerechnet jetzt da überzuspringen?, fragte Ergil besorgt.
    Während Himmelsfeuer aufflammte, erinnerte Twikus seinen Bruder daran, dass sie noch keine ihrer Aufgaben gelöst hatten. Weil die Zeit für weitere Erörterungen fehlte, gab Ergil nach. Im nächsten Augenblick sprangen sie durch eine andere Falte auf Kaguans Klippe.
    Twikus landete ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Zoforoth und der Prinzessin. Der Boden unter seinen Füßen schwankte, als balanciere er auf dem Rücken eines sich im Schlaf räkelnden Riesen. Kaguan stand absonderlich ruhig auf dem nachgiebigen Fels, seine Fußkrallen klebten förmlich in dem breiigen Grund. Das Schwert Schmerz war wie zur Herausforderung emporgereckt. Warum der Zoforoth sich selbst in diese Lage gebracht hatte, war Twikus schleierhaft.
    Wieder hallte das schon zuvor gehörte Tönen vom Wasser herauf.
    Zijjajim strahlte in einem gleißenden Grün. Twikus glaubte zu spüren, wie das Schwert die Begegnung mit seinem dunklen Erzfeind suchte. Aber er war sich nicht sicher, ob er Kaguan auf diesem Terrain zum Kampf herausfordern oder zuerst die Prinzessin retten sollte. Beides zu tun war unmöglich, denn von überall klatschten bereits große Teile von der Klippe herab. Jeden Moment würde sie endgültig zusammenbrechen.
    »Twikus, hilf mir!«
    Es war die Stimme der Prinzessin, die seinem Zaudern ein Ende bereitete. Er wandte sich Kaguan zu und zischte: »Glaube nicht, dass du gewonnen hast.« Dann drehte er sich um und während er zum Rand des Plateaus eilte, ließ er Zijjajim erschlaffen und

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