Mirage: Roman (German Edition)
er mein Material Baker vorlegen und ein Treffen zwischen mir und H. in die Wege leiten.
Ich erzählte ihm alles. Ich machte mir Sorgen, wie er auf die Sache mit der Fata Morgana reagieren würde, aber ich hatte ein paar Artefakte bei mir, und sie machten zumindest so viel Eindruck bei ihm, dass er mich nicht als Spinner abtat. Und er interessierte sich sehr für meine Dokumente über Curveball und die anderen Operationen, die der Wachteljäger unterwandert hatte. ›Es war richtig von Ihnen, dass Sie sich damit gemeldet haben‹, sagte er schließlich. Er erklärte, sein Boss habe schon seit Längerem den Verdacht gehabt, dass der Wachteljäger nichts Gutes im Schilde führte, aber bis jetzt habe es keine Möglichkeit gegeben, ihm etwas nachzuweisen.
Ich wollte ihn gleich zu Baker begleiten, aber er sagte, das würde so nicht gehen, ich müsste im Hotelzimmer bleiben und auf seinen Anruf warten. ›Keine Sorge, es ist nur eine Sache von ein paar Stunden‹, versprach er. ›Dann schicke ich jemanden vorbei, der Sie zu H. bringt.‹ Ich war so erleichtert, dass mir fast die Tränen kamen. ›Danke, Mr Liebowitz‹, sagte ich. ›Bitte‹, sagte er, ›nennen Sie mich Libby. Das tun alle meine Freunde.‹
Also wartete ich, aber wer nicht anrief, war er. Ich wurde langsam wieder nervös. Um mich zu beruhigen, holte ich eine Bibel hervor, aber sie rutschte mir aus der Hand, und als sie auf dem Fußboden landete, öffnete sie sich bei Matthäus 26 – dem Kapitel, in dem sich Judas Ischariot mit den Hohepriestern verschwört. Als ich das sah, gefror mir das Blut in den Adern. Ich hob die Bibel auf und klappte sie zu und schlug sie blind auf. Lukas 22: Judas und die Hohepriester.
Einer dritten Warnung bedurfte ich nicht. Ich verließ das Hotel, stieg in meinen Wagen und gab Gummi. Ich hatte schon mit dem Stab vom Mount Carmel einen Fluchtplan für den äußersten Notfall ausgearbeitet, und jetzt rief ich meine Leute über Mobiltelefon an und befahl ihnen, sich zum Aufbruch bereitzuhalten.
Ich hielt außerhalb von Troy an, um zu tanken. Während ich auf der Toilette war, fuhr ein anderer Wagen vor, und als ich wieder herauskam, erkannte ich den Fahrer als einen der Zenturionen des Wachteljägers. Dann, bevor ich reagieren konnte, tauchten drei Männer wie aus dem Nichts auf. Sie packten mich, verpassten mir ein paar Elektroschocks und warfen mich in den Kofferraum.
Wenn sie mich nach Crawford geschafft hätten, weiß ich nicht, wie ich hätte entkommen können. Aber nachdem wir die Tankstelle verlassen hatten, konnte ich am Geräusch der Reifen erkennen, dass wir nicht auf dem Highway waren. Ich vermutete, dass wir wahrscheinlich hinaus aufs Land fuhren und die Zenturionen Befehl hatten, mich irgendwo auf einem Acker zu entsorgen.«
»Was taten Sie da?«
»Das Einzige, was ich tun konnte«, sagte David Koresh. »Ich machte ein Nickerchen. Ich hatte kein Elefaridol dabei, aber ich dachte, Gott würde mir dieses eine Mal erlauben, das Kunststück auch ohne das Medikament zu vollbringen. Ich schloss die Augen und fing an zu beten: ›Herr, ich mach die Augen zu‹, und als ich bei ›nimm, Gott, meine Seele auf‹ ankam, war ich wieder im brennenden Haus. Diesmal nicht darin eingeschlossen. Stöbernd. Auf der Suche nach einem Zimmer, in dem Schusswaffen aufbewahrt wurden … Ich fand es gerade rechtzeitig. Griff mir ein Gewehr, nahm es fest in beide Hände. Dann hielt das Auto, die Zenturionen öffneten den Kofferraum, und ich wachte auf und wurde der Tod.
Einer der Zenturionen schaffte es noch, seine Waffe zu ziehen, bevor ich ihn tötete.« Koresh legte sich eine Hand an den Bauch. »Er erwischte mich hier, an der gleichen Stelle, wo Jesus verwundet wurde. Ich blutete ziemlich stark, aber blieb lang genug bei Bewusstsein, um es zum Highway zurückzuschaffen. Ich rief wieder im Center an und gab durch, wo ich war. Dann schwanden mir die Sinne.
Als ich einen Tag später wieder zu mir kam, war ich in einem Caravan in Richtung Norden unterwegs. Wir hatten schon die Grenze zum Oklahoma-Territorium überquert, und meine Mitarbeiter sagten, alles sei in bester Ordnung – die Flucht sei uns gelungen. Doch ich wusste, dass das nicht die Wahrheit war. Während ich in Ohnmacht lag, hatte Gott mir einen weiteren Traum geschickt, eine detaillierte Prophezeiung. Während der ersten Etappe unseres Auszugs hatte Gott unsere Verfolger verwirrt, hatte sie glauben gemacht, wir seien nach Süden gezogen, doch inzwischen hatten sie
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