Mirage: Roman (German Edition)
wenn das kein Kompliment ist!«
Der Manager lächelt. »Ich habe gesagt, dass sie korrupt und inkompetent ist – nicht hässlich! Und zudem sind Sie viel jünger als sie.«
»Stimmt«, entgegnet Amal trocken. »Sogar jung genug, um ihre Tochter zu sein.« Im selben Moment hört sie hinter sich ein Geräusch, das sie im ersten Moment für Rafis Kichern hält, aber tatsächlich das Klicken des Kameraverschlusses ist. Rasch dreht sie sich um. »Tut sich was?«
»Einer der Söhne macht sich vom Acker«, sagt Rafi. »Udai, glaube ich.«
Amal tritt neben ihn. Ein gelber Sportwagen hat gerade das Anwesen verlassen und rast die Dammstraße entlang.
»Ja, das ist Udai. Qusai fährt den roten.« Amal nickt undwendet sich dann wieder zum Flughafenmanager, der noch immer auf eine Weise grinst, die sie wünschen lässt, sie hätte sich ein größeres Kopftuch umgebunden. »Entschuldigen Sie. Wie auch immer …«
»Aber ich bitte Sie«, unterbricht sie der Mann, »ich sehe doch, Sie sind beschäftigt. Vielleicht … könnten wir uns später weiter unterhalten?«
Amal muss sich schwer zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. »Ich sag Ihnen was. Warum geben Sie mir nicht Ihre Karte, und ich sehe dann, ob ich …«
Er greift schon nach seiner Brieftasche, aber im selben Moment klingelt sein Mobiltelefon.
»Ja …?«
Während er zuhört, gefriert nach und nach das Lächeln auf seinen Lippen.
»Was gibt’s?«, fragt Amal neugierig, nachdem er aufgelegt hat. Mit plötzlich tiefernster Miene ignoriert er sie jedoch vollkommen und zerrt an Rafis Ärmel.
»Verzeihung …«
»Was ist?«, fragt Rafi genervt.
»Ich fürchte, es gibt ein Problem.«
»Ja, wissen wir. Geben Sie Amal Ihre Karte, wie sie gesagt hat, und wir werden …«
»Nein«, sagt der Manager. »Es geht um etwas anderes. Etwas Ernstes. Eine von Kuwait-Stadt gestartete Maschine der Al-Arabiya ist …«
Sein Mobiltelefon klingelt noch einmal. Weitere schlechte Nachrichten.
»Was ist los?«, will Amal besorgt wissen. »Ist die Maschine entführt worden?«
Wieder gibt er ihr keine Antwort. Als sei sie plötzlich unsichtbar geworden. Der Manager starrt Rafi an, aber Rafi starrt nur wortlos zurück.
»Zwei«, sagt der Typ endlich. »Zwei Maschinen … Mindestens zwei.«
8 Uhr 41. Als der schmale, drahtige Mann mit Schnurrbart am Fluss eintrifft, haben seine bereits vor Ort befindlichen Halal-Kollegen schon weitere Flaschen von »Beweismitteln« geöffnet, sodass das Ganze jetzt weniger nach einer Festnahme als nach einer Party aussieht, bei der jeder, mit Ausnahme des Ehrengasts in Handschellen, in Hochstimmung ist.
»Da bist du ja, Mustafa!«, ruft Samir dem Neuankömmling zu. »Wurde aber auch langsam Zeit!«
»Was haben wir?«
»Mal wieder eine jüdische Weinschmuggel-Verschwörung.« Lachend hält Samir ihm eine offene Flasche hin, aber Mustafa winkt ab.
»Und was ist wirklich drin? Wieder schottischer Whisky?«
»Eine bunte Mischung. Hauptsächlich Whisky, wie es aussieht, aber auch Wodka und irgendein widerliches Kirsch-Gesöff.«
»Das hier schmeckt nach Kaffee!«, ruft Isaak vom Boot aus.
»Und ich persönlich hoffe ja noch auf einen leckeren Arrak«, schickt Samir hinterher.
»Genau das Richtige, jetzt, so kurz vor dem Ramadan«, entgegnet Mustafa, und mehr noch als seine Worte veranlasst sein Ton Samir, eine Augenbraue zu heben. Mustafa deutet mit einer Kopfbewegung auf den schluchzenden Bootsführer. »Das ist unser Schmuggler?«
»Ja«, sagt Samir vorsichtig, noch immer von der Bemerkung über den Ramadan getroffen. »Ein schwerer Fall, wie du siehst.«
»Und ihr habt vermutlich nicht gewartet, um zu sehen, ob jemand zur Übergabe auftaucht.«
»Wozu? Du kannst darauf wetten, dass Saddam weiß, dass wir von dieser Fracht erfahren haben. Die eigentliche Lieferung wird wahrscheinlich gerade flussaufwärts gelöscht,während wir hier mit diesem Ablenkungsmanöver beschäftigt sind.«
» Beschäftigt .« Mustafa schüttelt den Kopf. »Du kannst nur hoffen, dass keiner mit einer Kamera festhält, wie du mit dieser Flasche beschäftigt bist.«
Samir runzelt die Stirn. »Was ist dir denn heute über die Leber gelaufen, Mustafa? Und warum kommst du überhaupt so spät?«
»Mein Auto wollte nicht anspringen.«
»Und deswegen führst du dich wie ein Arschloch auf? Du hast wieder Stress mit deinen Frauen gehabt, stimmt’s? Mit welcher? Nur?«
Mustafa zeigt auf den staubigen Kombi, mit dem er gekommen ist. »Sieht der aus wie einer
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