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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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bevor
er sich getraute, zu Madame zu gehen, um um die Hand des Mädchens anzuhalten.
Als ich am Tag nach seinem vergeblichen Versuch vor seiner Auslage stehe, bin
ich mir ganz sicher, daß er auf das Thema zu sprechen kommen wird. Er scheint
ärgerlich und aufgeregt. Wir schauen uns gegenseitig in einer Weise an, die nicht
mehr vieler Worte bedarf. Ich versuche ihn zu trösten: »Ein Paradebeispiel für
die Mädchen von heute!«
    Erbost entgegnet er: »Soll sie noch
einmal so einen finden wie mich!«
    »Gott wird Ihnen eine bessere geben als
sie. Und wenn Sie meine Meinung wissen wollen: Die Pension ist nicht der rechte
Ort für Sie, sich eine Braut zu suchen.«
    »Ich hatte sie für ein anständiges
Mädchen gehalten!«
    »Ich habe nicht gesagt, daß sie das
nicht ist, aber ...«
    »Aber was?« fragt er interessiert.
    »Was kümmert Sie das denn noch, wo die
Geschichte für Sie vorbei ist?«
    »Ich will wieder in Frieden leben
können.«
    »Würden Sie das tun können, wenn ich
Ihnen sage, daß sie Sarhan al-Buheri liebt?«
    »Sie muß doch total verrückt sein! Wird
Ustas Sarhan al-Buheri sie denn heiraten?«
    »Ich habe von Liebe geredet, nicht von
Heirat«, sage ich zum Abschluß.
    Vom ersten Tag an konnte ich Sarhan
nicht leiden. Ja, meine Abneigung war nahezu verschwunden, als er meine
Gesellschaft suchte, mir sein Herz öffnete, mich ins Vertrauen zog. Aber sehr
schnell war alles wieder beim alten. Zuchra hatte mit dieser Abneigung nichts
zu tun. Sie war viel zu unbedeutend, als daß ich ihretwegen einen Menschen
verabscheute oder liebte.
    Vielleicht haßte ich ihn wegen seiner
ungeschminkten Art daherzureden, vielleicht auch, weil er hartnäckig die
Revolution bei passender oder unpassender Gelegenheit in den höchsten Tönen
lobte. Dabei zwang er mich oft, daß ich mich, wenn auch schweigend, auf seine
Seite stellte.
    Einmal stach mich der Hafer, und ich
sagte ihm: »Wir glauben zwar an die Revolution, aber die Zeit vorher war doch
keine völlige Leere.«
    »Doch, sie war es«, widersprach er mit
einer Widerborstigkeit, die mich ärgerte.
    »Es gab die Corniche schon vorher
ebenso wie die Universität von Alexandria!«
    »Aber die Corniche war nicht für das
Volk da, und die Universität auch nicht.«
    Dann fragte er mich lachend und
anscheinend ohne Neid: »Sagen Sie mir doch, warum besitzen Sie allein hundert
Feddan, während meine Familie nur ganze zehn Feddan ihr eigen nennt?«
    Meine Wut unterdrückend, erwiderte ich:
»Und warum besitzt sie zehn Feddan, während Millionen von Fellachen nicht über
eine Handbreit Acker verfügen?«
    »Was du da erzählst, ich
glaube sowieso nicht daran. Daß Mirved dir einen Korb gegeben hat, hat dich
ganz einfach um deinen Verstand gebracht. Du glaubst doch selbst nicht an das,
was heute von Gerechtigkeit und Sozialismus dahergeredet wird. Alles läßt sich in
einem einzigen Wort zusammenfassen: Macht. Wer die Macht besitzt, verfügt auch
über alles andere. Danach kann er ruhig dem Volk Loblieder auf Gerechtigkeit
und Sozialismus singen. Oder hast du jemals gesehen, daß einer von denen fast
hungrig über die Märkte gegangen wäre, wie es seinerzeit unser Herr Omar Ibn al-Khattab,
der gerechte Kalif, getan hat?«
    Sehr schnell jedenfalls kommt mir die frohe Botschaft
von der Schlägerei zwischen Machmud Abul-Abbas, dem Zeitungshändler, und Sarhan
al-Buheri aus der Zwiebelregion zu Ohren. Da der aber offensichtlich nicht
darüber reden will, tue ich so, als wüßte ich von nichts. Doch ich packe die
Gelegenheit beim Schöpf, ihn nach seiner Meinung zu dem Projekt zu fragen, als
ich einmal am Eingang zur Pension mit ihm zusammenstoße. Eifrig empfiehlt er
mir: »Lassen Sie die Finger von dem Projekt mit dem Cafe und ähnlichen Dingen.
Sie stammen doch aus einer guten Familie. Sie müssen sich etwas Angemesseneres
suchen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich würde sagen, eine Hühnerfarm oder
eine Kälberfarm. Das bringt was ein.«
    Dann, nach kurzem Nachdenken:
»Vielleicht pachten wir ein Stück Land in der Region Scmucha. Dann könnte ich
Ihnen auch mit meiner Erfahrung und meinen Freunden helfen. Unter Umständen
beteilige ich mich sogar daran.«
    Wie klein kommt einem
Alexandria vor, wenn man so ein rasantes Traumschiff hat! Ich brause in
Windeseile dahin, aber es verwandelt sich in eine Sardinenbüchse. Mit alberner
Beständigkeit folgt die Nacht auf den Tag, und es passiert nichts. Obwohl sich
der Himmel jeden Morgen mit einem ändern Festgewand fein macht, das

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