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Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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beobachtete und erspürte die Schwingung, die Ausstrahlung des Paares und des Raumes. Ich erkannte, dass dieses Zwischenhaus ihre einzige Möglichkeit war, einander zu begegnen und sich mitzuteilen. Ein Leben zu teilen! Hier hatten sie es geschafft, eine heimelige Welt zu bauen, die sie gemeinsam bewohnen konnten. Das Baumaterial dieses kleinen Hauses ist weder von dem einen noch dem anderen Haus, sie haben hierfür offensichtlich ein ganz neues Material erschaffen durch ihre Liebe zueinander. Ich sah in diesem kleinen Haus Musikinstrumente und Notenbücher. Wenn ich lauschte, konnte ich das Echo der Musik hören, sie erzählte von Zärtlichkeit und Sehnsucht. Auch sah ich selbstgemalte Bilder, gleichermaßen farbenfroh wie geheimnisvoll. Eine Wand dieses kleinen Hauses war mit Büchern bedeckt. Dann sah ich Schmutz auf dem Fußboden. Ah, es war Gartenerde! Fruchtbare, dunkle satte Erde. Sie bauten eigenes Gemüse und auch Kräuter an. Ich konnte den Duft wahrnehmen. Dann spürte ich eine sanfte, aber starke Wärmequelle. Ich wendete mich ihr zu und erkannte ein offenes Herdfeuer in einem Kamin aus Feldsteinen. Seitlich des Kamins waren viele Holzscheite aufgestapelt. Wenn der Winter Einzug halten würde, müssten sie nicht erfrieren, sie hatten Vorsorge getroffen. Eine Besonderheit steigerte meine Aufmerksamkeit. Was genau war es? Ich sah genauer hin. Ah, ja – die Holzscheite! Auf einigen Scheiten hatte die Holzmaserung Wörter „geschrieben“. Ich las: Hoffnung, Treue, Zärtlichkeit, Trost, Verständnis, Humor, Durchhaltevermögen, Kraft, Spaß, Innigkeit der Körper, Nahrung, Ruhe, Vertrauen, Freiraum. Einige Holzworte blieben mir verwehrt zu lesen. Es war noch nicht soweit, erst später durften sie in das schützende und bewahrende Feuer der Ehe geworfen werden. Ich sah, sie liebten sich trotz aller Verschiedenheit. Jeder kam sozusagen von einem anderen „Stern“.
    Ja, ich spürte förmlich, sie liebten sich von Herzen. Ich spürte aber auch, dass nur, wenn ich es in Zahlen veranschaulichen sollte, drei Zehntel ihres jeweiligen Selbst kompatibel waren mit dem Partner. Diese drei Zehntel konnten transformiert werden in eine Ebene gleicher Schwingung. Daraus entstand das kleine Zwischenhaus als gemeinsamer Lebensraum, auf sicherem Fundament. Die anderen sieben Zehntel jeweils verblieben in ihren eigenen Häusern. Mir war längst klar geworden, dass die „Häuser“ Symbol waren für die Persönlichkeiten der Bewohner.
    Die Frau hatte viel Zeit mit dem Versuch verbracht, ihr Siebenzehntelhaus dem Manne zugänglich zu machen. Sie hatte dabei ihre Kraft vergeudet. Sie wollte nicht einsehen und konnte es sich auch nicht vorstellen, dass der Mann gar keinen Zugang wollte! Ihm war das Dreizehntelhaus als gemeinsame Grundlage völlig genug. Dort fühlt er sich wohl mit ihr. Mehr musste nicht sein. Mehr sollte nicht sein.
    Mein Engel hüllte mich jetzt gänzlich in seine liebevolle Gegenwart ein.
    Hast du erkannt, wer dieser Mann und diese Frau in der irdischen Welt sind?
    Ich nickte traurig. „Ja. Das sind mein Mann und ich.“
    Schweigend verharrte ich vor dem Anwesen und stellte mich der Wahrheit über unsere Ehe. Ich erkannte, dass wir einfach zu unterschiedlich waren, dass wir nicht wirklich zueinander passten. Aber dennoch hatten wir gemeinsam etwas Neues und Dauerhaftes erschaffen können, was uns beiden gut tat. Auch wenn wir keine Seelengefährten waren, wie ich es mir immer gewünscht hatte, so waren wir doch Lebens-Gefährten, und unsere Liebe machte uns kreativ und gab uns Sicherheit und Geborgenheit.
    Vor meinen Füßen tauchte ein runder Kieselstein auf und ich legte ihn in meine Truhe, worin nun auch wieder das Pergament zusammengerollt lag. Ein leises Summen und Vibrieren ging von ihm aus. Ich entrollte es, um mein nächstes Ziel auszuwählen. Da sah ich, dass die Höhle und die Häuser symbolhaft ersetzt worden waren durch einen Stein. Nun gut. Welches Symbol sollte ich als Nächstes zu einem Stein der Erkenntnis wandeln?
    Ich wählte das Getreidefeld. Wieder wuchs die Karte vor meinen Augen und dehnte sich aus, bis sie den Ort, an dem ich mich gerade befand, gänzlich mit Getreidehalmen verdeckte. Ich machte einen Schritt in das Bild hinein und fand mich auf einem großen Acker wieder.
    Kaum stand ich auf diesem Acker, wurden mir die Knie weich und ich sackte zusammen. Ich war erschreckend kraftlos! Was auf der Karte noch ein reifes Getreidefeld gewesen war, entpuppte sich nun als ein bis auf den

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