Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
konnte. Was da im Garten geschehen war… Noch musste ich dieses in mir ruhen und reifen lassen. Ich wusste nur, dass ich unendlich dankbar dafür war, dass ich meinen Seelengarten sehen und erleben durfte. Dass ich gleichermaßen mich selbst sehen und erleben durfte! Dass mein eigentliches Ich schön ist! Und ich wusste auch, dass das für alle menschlichen Seelen im Ursprung gilt. Im Himmel waren wir alle wunderschön. Ich konnte nur andächtig schweigen, war erschüttert. Auf eine gute, heilende Art in meinen Grundfesten erschüttert und neu zusammengefügt.
In aller Seelenruhe griff ich nach einiger Zeit zur Landkarte und wählte mein nächstes Ziel. Ich wusste, ab jetzt konnte ich alle Wahrheiten über mich und mein Leben annehmen. Denn auf ihre eigene Weise trugen auch sie dazu bei, „dass das Bild vollendet sei…“
Licht und Schatten muss es geben…
An dieser Stelle pausierte ich mit dem Buch. Es strengte mich an, all dies zu lesen, Konzentration war vonnöten. Aber mein leerer Magen lenkte mich ab. Ich ging wieder hinunter in die Küche und wärmte mir eine Hühnersuppe aus der Dose auf. Während sie langsam erhitzte, betrachtete ich in aller Ruhe all die schönen Amethyste, die Mira in ihrer Küche verteilt hatte. Schon bei meinem ersten Besuch waren sie mir ins Auge gefallen. Was hatte Mira über die Steine gesagt? Ich runzelte unbewusst meine Stirn während ich versuchte, mich zu erinnern. Das war schwierig, weil ich ja an diesem Tag die Gehirnerschütterung erlitten hatte mit einer kurzzeitigen Amnesie. Während ich die Suppe umrührte, damit sie nicht ansetzt, ließ ich meine Blicke über die Steine schweifen. Ha! Jetzt hatte ich es. Das Kribbeln! Mira hatte von einem kribbeligen Gefühl in der Hand gesprochen, sie nannte es „die Energie des Steines spüren“.
Also, meine eigenen Amethyste hatten nie auf diese Art zu mir „gesprochen“. Ob Miras Steine anders waren? Wohnten in ihnen vielleicht kleine Steingeister? Ich musste bei dieser Vorstellung leise grinsen. Mira war ja nicht zuhause, also konnte ich sie nicht um Erlaubnis fragen, aber ich wollte jetzt unbedingt einen ihrer Steine in die Hand nehmen. Ich nahm mir den großen Kristall von der Fensterbank und hielt ihn in meinen Händen und wartete auf das Kribbeln. Hm, nichts. Ich schloss meine Augen um mich besser auf meine haptische Wahrnehmung zu konzentrieren. Nach einigen Minuten gab ich enttäuscht auf. Ich hatte nichts gespürt.
Nur meinen leeren Magen. Also stellte ich vorsichtig den Amethyst an seinen Platz zurück und füllte mir einen Teller mit Hühnersuppe. Kurz überlegte ich, ihn mit nach oben in mein Zimmer mitzunehmen, entschied mich aber dann doch dafür, hier in der Küche zu essen. Die heiße Suppe tat mir gut. Ich aß noch eine zweite Portion, spülte dann Topf, Teller und Löffel ab und ging gestärkt hoch um weiterzulesen. Das nächste Thema war „Tarot“. Das versprach auch interessant zu werden. Mira sprach:
„Ich wähle die Tarotkarten!“
Ich sah die drei Tarotkarten auf der Landkarte größer werden, es war das vertraute Reiseritual. Die Bilder wuchsen und ich machte einen Schritt hinein. Vor mir stand ein Turm, ein uralter Turm! Ich sah, wie ein Unwetter ihn zerbersten ließ. Er zerfiel in gespenstischer Stille vor meinen Augen in seine Einzelteile. Dann sah ich das Rad des Schicksals und einen Wagen. Was mochte das bedeuten? Während ich darüber nachdachte, spürte ich die Macht dieser Bilder. Sie erfüllten mich mit Kraft und Mut. Ich fing an, die brauchbaren Steine des Turms auf den Wagen zu laden. Meine Arme waren stark. Ich nahm alles mit, was noch gut und brauchbar war und drehte dann das Rad des Schicksals und der Wagen setzte sich in Bewegung. Ich sprang rasch auf und fühlte, dass ich einem neuen, guten Leben entgegenfuhr.
Im nächsten Moment stand ich mit der Landkarte in der Hand wieder neben meinem Engel und der Wagen, die Überreste des Turmes und das Rad des Schicksals waren nicht mehr da. Auch nicht als Bild auf der Karte, an ihrer Stelle war wiederum ein Stein verzeichnet.
Aufgabe gelöst!
Wieder lag vor meinen Füßen ein Kiesel, den ich achtsam aufhob und in die Truhe legte. Ich schloss ihren Deckel.
Du hast gedacht „Aufgabe gelöst!“ Bist du dir sicher?
„Ja. Ich weiß genau, was die Karten bedeuten. Wir haben aus den Trümmern unseres alten Lebens ein neues Leben aufgebaut. Es kam eine Zeit, da nutzten wir die Gunst der Stunde und sind weit in den Süden des Landes gezogen.
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