Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
große Engel, erhabene Geistwesen von größter Schönheit und Anmut um sein Bett herum Aufstellung genommen hatten.
Erhabene Stille im Raum
Hohe Gestalten nehmen
Aufstellung am Bett
-Heilig, heilig-
Unhörbar ertönte der Engel Gesang
Ich lege die Hand meines Kindes
In Gottes Hand
Mein Herzblut tropft
Die Gottheit nimmt es in sich auf
Ach, so leer, so leer
Ist meine Mutterhand
Aber Gottes Geistblut
Füllt nun
Mein wehes Herz
Unhörbar ertönt wieder der Engel Gesang
-Heilig, heilig-
Sie trugen seine Seele in einem Meer aus Licht in überirdischen Regenbogenfarben in den Himmel. Dann endete die Vision.
Ich fand mich zutiefst aufgewühlt, aber auch zutiefst getröstet, wieder am Ausgangspunkt meiner Reise. Stille umgab mich. Mein Engel stand jetzt als Lichtsäule in menschlicher Form vor mir. Aus diesem Licht heraus ergriff er meine Hände, drückte mir sanft einen Kuss auf die Stirn. Dann wurde er immer größer, heller, bis ich nichts mehr wahrnehmen konnte außer Licht, Licht, Licht! Dann wachte ich auf. Es war schon später Vormittag. Die Sonne schien grell in mein Schlafzimmer.“
Als ich das Buch aus der Hand legte, war meine Sonne hinter dem Lindenhaus längst untergegangen. Ich fiel bald in einen traumlosen Schlaf. Von mir unbemerkt hatte Rosalinde sich an meinem Fußende eingekuschelt und schlief dort, bis wir am nächsten Morgen gemeinsam erwachten.
Heute war der Tag, an dem mein Leben mit Mira beginnen sollte!
Miras Welt
Mira und ich brauchten eine Weile, um einen für beide tragbaren Tagesrhythmus zu finden. Die ersten Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus waren durchaus etwas schwierig für mich, weil Mira ein wenig verwirrt und vergesslich war. Das hatte mich irritiert, weil ich sie so nicht kannte. Die Krankenschwester vom ambulanten Pflegedienst erklärte mir, dass das bei alten Menschen nicht ungewöhnlich sei, und meistens wäre es vorübergehender Natur. In der Tat war sie bald wieder „die alte Mira“.
Wir verbrachten unsere Tage vor allem mit Einkaufen, Kochen, Backen (und Essen). Genau gesagt: Ich tat all dies, aber immer nach Miras Wünschen und unter ihrer „Aufsicht“. Sie hatte ja ihren Arm noch in Gips und saß auch vorübergehend im Rollstuhl, weil ihr Fußgelenk und die Hüfte noch Schonung brauchten. Also wurden meine Arme gebraucht. Ich lernte erst hier in Miras Haus das richtige Werkeln in der Küche. Früher bei meiner Mutter hatte ich mich immer davor gedrückt, so gut ich nur konnte. Es erschien mir als Teenager so langweilig, Küche – pfff… ICH doch nicht! Meine Mutter versuchte immer wieder mit Geduld, mich in die Küche zu locken und mir was beizubringen. Aber ich wollte damals lieber lesen, zeichnen oder mich in Traumwelten verlieren. Ich hatte damals viele Motive zu Papier gebracht, ich liebte es, mit Farben umzugehen oder auch nur Bleistiftskizzen zu machen. Doch jetzt fand ich Gefallen an der Lebensmittelverarbeitung und genoss die gemeinsamen Stunden am Herd. Es war so kreativ! Ich nahm mir vor, bei meinem nächsten Besuch auf Sylt meine Mutter mit meinen neu erworbenen Künsten zu überraschen.
„Nein, Melissa. Der Hefeteig ist viel zu trocken, so geht er nie auf, kneten Sie noch etwas warme Milch unter.“
Ich tat, wie mir geheißen. Wir waren dabei, Mohnkuchen zu backen. Auf die alte Art! Von Hand natürlich. Eine Küchenmaschine kam Mira nicht ins Haus, schon gar nicht für Hefeteig. Der musste mit „warmer Hand und Herz“ gemacht werden, nach Miras Worten. Den gemahlenen Mohn hatte ich in Milch aufgekocht und lange gerührt und auf kleiner Flamme köcheln lassen. Zucker, Rosinen und Korinthen kamen hinzu, auch gehackte Mandeln und ein kleiner Schuss Rum. Zuletzt sollte ich ihn mit Weizengrieß andicken. Nun stand die grau-schwarze Masse auf dem Herd, quoll aus und wartete auf den Hefeteig (der mir jetzt an den Händen klebte, als würde er sich an seine nackte Existenz klammern, Mira guckte schon ganz skeptisch).
„Mira, morgen fahre ich wieder mal nach Hause zu mir, um nach Post zu sehen. Vielleicht habe ich ja doch mal eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch dabei.“
„Ja, das sollten Sie tun, Melissa. Es ist wichtig, dass Sie wieder Arbeit finden. Nehmen Sie noch etwas Mehl hinzu.“
Ach so, Mehl zum Teig, nicht zur Post. Manchmal war ich für eine halbe Sekunde stutzig, obwohl ich Miras Gedankensprünge inzwischen kannte.
„Ich fahre morgen gleich nach dem Frühstück los. Soll ich auch noch
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