Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
Cheringham schlägt vor, ihn stromabwärts nach Bulawayo zu transportie- ren, von dort das Krankenhaus anzurufen und ihn mit dem Auto nach Henley zu bringen.«
»Fletcher!« Cherry hatte sich taktvoll umgewandt, wäh- rend Daisy aus der Themse stieg. Der nasse Rock klebte ihr an den Beinen, was ein Gentleman nicht zu sehen hatte. Er beugte sich über irgend etwas auf dem Boden in der Nähe des anderen Bootes. »Da liegt eine Pistole. Eine Mauser.«
»Nicht anfassen! Gut gemacht. Ich hol mal mein Taschen- tuch aus der Jackentasche, um die Pistole darin zu verstauen.«
Alec setzte sich an den Rand des Landestegs und hing die Beine ins Boot, um seine Jacke von der Bank im Heck zu ho- len. Daisy schaute nach Bott.
»Alec, das Taschentuch an seinem Kopf ist blutdurch- tränkt, und außerdem ist es voller Wasser, das vermutlich auch nicht das sauberste ist. Wenn du ein trockenes Taschentuch hast, dann braucht Botts Kopf das nötiger als die Pistole. Hier, du kannst dafür mein Taschentuch haben.« Sie tastete im Ärmel ihrer durchweichten Wolljacke herum und förderte einen platschnassen Klumpen zutage.
Alec reichte ihr zögerlich sein sauberes Taschentuch. Dann nahm er ihres, drückte es aus und faltete es auseinander. »Das ist aber nicht groß genug, um die Pistole einzuwickeln«, be- schwerte er sich.
»Es muß trotzdem reichen.«
Sie zog ihre Wolljacke aus, die jetzt alles andere als wär- mend war, und sah ihm zu, wie er die Mauser vorsichtig mit dem Taschentuch aufhob. Er roch am Lauf.
»Natürlich, damit ist gerade geschossen worden. Hoffent- lich sind da ein paar Fingerabdrücke drauf, damit wir den Be- sitzer ausfindig machen können. Das dürfte ein Souvenir aus dem Großen Krieg sein und ist wahrscheinlich nicht regi- striert.« Er seufzte. »Also werd ich wohl meine Jacke nehmen müssen, um die Pistole einzuwickeln. Und dann sollten wir mal los.«
»Hier im anderen Boot liegen noch Ruder«, rief Cherry aus. »Wir können zu zweit rudern.«
Er und Alec nahmen Bott auf und legten ihn, während Daisy das Boot sicher festhielt, auf den V-förmigen Sitz im Bug, den Kopf auf einem Kissen, das sie von der Bank im Heck genommen hatten. Daisy setzte sich direkt in den Bug, in die Spitze des V, und preßte Alecs gefaltetes Taschentuch auf die lange, aber Gott sei dank flache Furche in Botts Kopf- haut. Sobald sie das Taschentuch abhob, pulsierte das Blut langsam wieder heraus und lief an der Schläfe herunter. Sie ahnte nicht, wieviel Blut Bott verloren hatte, aber sein Ge- sicht war sehr blaß, und er lag fast beängstigend reglos da.
Sie schauderte. Man konnte nur hoffen, daß er ihr nicht un- ter den Händen starb.
Cherry, der das Kommando übernommen hatte, bat Alec, sich auf die Rudererbank im Heck zu setzen. »Wenn ich Sie sehen kann«, erklärte er, »dann können wir unsere Schläge besser koordinieren.«
Er band die Vorleine los, zog das lose Ende durch den Ring und reichte es Daisy. Indem sie das Tau hielt und Alec das Boot mit dem Bootshaken stabilisierte, war gesichert, daß Cherry beim Einsteigen nicht im Wasser landen würde.
»In Ordnung, Daisy, Leinen los.« Er lächelte sie über die Schulter an, während er sich auf der näher gelegenen Bank niederließ. »Ich zeige Ihnen mal, wie man den Ausstieg im Alleinflug hinter sich bringt, wenn wir es nicht so eilig ha- ben.«
»Nach diesem Wochenende glaube ich nicht, daß ich jemals wieder etwas mit Booten zu tun haben will«, murmelte Daisy.
»Fletcher, bitte stoßen Sie uns ab. Überlassen Sie das Ru- dern mir, bis wir mitten auf dem Fluß sind.«
Als sie in der Fahrrinne waren und die Strömung sie strom- abwärts führte, ließ Cherry Alec ein paar Ruderschläge tun und fiel dann in dessen Rhythmus ein. Daisy wartete, bis es ihr schien, als fühle Alec sich einigermaßen sicher, bevor sie die Rückseite seines Kopfes ansprach, den sie hinter Cherry sah.
»Alec, ich hab den Mann gesehen, der auf Bott geschossen hat.«
»Hast du ihn erkannt?« fragte Alec etwas atemlos.
»Er saß so im Boot, daß er in die andere Richtung schaute, obwohl er deswegen rückwärts rudern mußte oder vorwärts. Also jedenfalls umgekehrt als sonst. Ich hab nur gesehen, daß er dunkle Haare hat, weswegen ich ihn nicht identifizieren konnte, aber er ist am Ufer vom Buckinghamshire an Land gegangen, an einem Bootshaus. Meiner Meinung nach muß das auf dem Gelände von Crowswood Place gewesen sein. Auf der Seite gibt es doch keinen öffentlichen Treidelpfad, oder, Cherry?«
»Nein.
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